Steffen M. kann es nicht fassen: Eben ist einer der Mitarbeiter des 31-Jährigen wutentbrannt aus dem Büro gestürmt. Nur weil er als Vorgesetzter das noch nicht ganz ausgereifte Konzept aus dem Marketing kritisiert hat. Er hatte seine Einwände sachorientiert und auf konstruktive Weise geäußert – wie früher, als er noch Teamkollege des Mitarbeiters war.
„Früher“, das war die Zeit vor der Umstrukturierung seines Start-ups, die Zeit der kurzen Kommunikationswege, der Auseinandersetzungen auf Augenhöhe, der gemeinsamen Entscheidungen. Die Zeit also, bevor Steffen M. sich selbst zum delegierenden Vorgesetzten ernannte, um sein schnell wachsendes Softwareunternehmen zu professionalisieren. Und seitdem läuft gar nichts mehr wie früher.
Im Frühjahr 2011 hatte Steffen M. den Schritt gewagt und sein eigenes Unternehmen gegründet: Zusammen mit vier Mitstreitern optimierte er die von ihm entwickelte Personalerfassungssoftware und brachte sie erfolgreich auf den Markt. Um Vertrieb, parallel laufende Neuentwicklungen und Kundenbetreuung zu gewährleisten, rekrutierte er innerhalb kurzer Zeit zusätzlich mehrere qualifizierte Mitarbeiter. Sein Plan war, mit ihnen vor allem den Kundensupport zu intensivieren und Neuakquise umzusetzen.
10 Tipps für den perfekten Chef
Jeder Mensch macht Fehler, denn Menschen sind nicht perfekt. Durch diese Eigenschaft werden Menschen überhaupt erst liebenswert. Wichtig ist jedoch, dass wir um unsere Fehler wissen und Wege finden, wie diese Fehler behoben werden können. Fehler, richtig verstanden, führen zu einer Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und des Unternehmens.
Es ist daher verwunderlich, warum immer noch so viele Chefs meinen, dass sie perfekt sind. Eine solch grobe Selbstüberschätzung führt letztlich zu Arroganz und einem Stillstand an Wachstum (sowohl persönlich als auch unternehmerisch).
Darin liegt die Größe eines wirklich „perfekten“ Chefs. Er verwendet die Kenntnis seiner Fehler für die persönliche Weiterentwicklung. Gute Führungspersönlichkeiten meinen nicht, „jemand zu sein“, sondern verstehen sich als „jemand, der wird“ und zwar jeden Tag ein wenig mehr.
Eine wesentliche Eigenschaft von „perfekten“ Chefs ist, dass sie Menschen mögen. Viele so genannte Führungskräfte mögen aber nicht einmal sich selbst, geschweige denn andere Menschen. Unter solchen Umständen wird Führung nur schwer möglich sein. Um exzellent zu sein, muss man das, was man tut, lieben. Und um exzellent zu führen, muss man Menschen lieben.
Der „perfekte“ Chef sagt und meint „Wir!“ und nicht „Ich!“ Er ist ein Teamspieler. Im 21. Jahrhundert werden nur Teams gewinnen und nicht Einzelspieler. Die Mondlandung beispielsweise war auch nicht das Werk eines einzelnen Menschen, sondern das mehrerer tausend Ingenieure, auch wenn die visionäre Kraft eines Wernher von Brauns dahinter stand. Aber er hätte es niemals alleine geschafft.
Der „perfekte“ Chef fordert Menschen heraus. Er will Leistung erleben und regt Menschen an, sie zu erbringen. Dabei orientiert er sich nur ungern am Durchschnitt, sondern an Spitzenleistungen. Der „perfekte“ Chef gibt sich mit dem zweitbesten Ergebnis nicht zufrieden.
Von dem Gedanken, stets der Beste in allen Bereichen sein zu wollen, müssen sich Führungspersönlichkeiten trennen. Der „perfekte“ Chef konzentriert sich auf seine Stärken und seine Hauptaufgaben.
Grundvoraussetzung eines „perfekten“ Chefs sind gelebte Werte, die von allen Mitarbeitern als Führungsgrundsätze empfunden werden. Nur so entsteht das viel geforderte Vertrauen.
Letztlich geht es um das wesentliche: Der „perfekte“ Chef bewirkt, dass Menschen Ziele erreichen. Das Wesen guter Führung ist Wirksamkeit.
Meistens halten wir unsere Meinung für die Wahrheit, basierend auf der Wirklichkeit, wie wir sie empfinden. Häufig entspricht unsere Wirklichkeit jedoch nicht der Realität. Der „perfekte“ Chef setzt sich auf den Stuhl des anderen. Wer durch die Augen anderer sieht, entdeckt eine Fülle von Wirklichkeiten.
Quelle: Perspektive Mittelstand
Doch was sich auf dem Papier personaltechnisch so erfolgversprechend planen ließ, funktioniert in der Praxis nur bedingt. Mitarbeitern, die von Anfang an dabei sind, fällt es schwer, Steffen M. in seiner Vorgesetztenposition zu akzeptieren, neue Mitarbeiter nutzen die scheinbare Führungsschwäche des kollegialen Chefs aus.
Er fühlt sich immer mehr unter Druck, agiert mal autoritär, mal betont kollegial, spürt immer mehr Widerstand und sieht sich mit massiven Akzeptanzproblemen konfrontiert. Nun sitzt Steffen M. wieder einmal fassungslos an seinem Schreibtisch und hat nicht die geringste Ahnung, wie es soweit kommen konnte.
Führung ist lernbar
Wie ihm geht es vielen Gründern von Start-ups in Deutschland. Die engagierten Jungunternehmer sind fachlich stark und bringen sich mit kreativen Ideen erfolgreich in den Markt ein. Durch unermüdlichen Einsatz wachsen ihre Projekte innerhalb kürzester Zeit, gleichzeitig werden allerdings auch die Anforderungen immer komplexer.
Richtig schwierig wird es, wenn die klassischen Strukturierungsaufgaben anstehen: Personalorganisation, Hierarchienbildung und Führungskultur. An diesen Punkten scheitern viele der jungen Geschäftsgründer. Sie fühlen sich durch die Führung von neuen Mitarbeitern überfordert, weil ihnen auf diesem Gebiet Erfahrung, Wissen und Methoden fehlen.