Deutschlandstipendium Der Streit um den "Ladenhüter"

Regierung und Wirtschaft fördern engagierte Studenten mit 300 Euro monatlich. Die Regierung lobt das Stipendium, das der Bund jährlich mit 47 Millionen Euro bezuschusst – die Opposition will es abschaffen.

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Master-Studenten im Fachbereich Betriebswirtschaftslehre sitzen im Hörsaal. Quelle: dpa

Trotz wachsender Förderzahlen bleibt das vom Bund mit jährlich rund 47 Millionen Euro unterstützte Deutschlandstipendium auch nach vier Jahren zwischen Regierung und Opposition heftig umstritten. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) hob bei der Jahresveranstaltung am Dienstag in Berlin den Aufwärtstrend mit derzeit gut 22.000 Deutschlandstipendiaten hervor.

Dagegen fordern die Grünen die Abschaffung dieses Förderinstruments von Regierung, Wirtschaft und privaten Geldgebern „wegen Misserfolgs und zahlreicher Mängel“. Seit dem Start 2011 sei es nicht der gewünschte „Einstieg in eine neue Stipendienkultur“ geworden, sondern ein „Ladenhüter“.

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Die Grünen-Fraktion will am Donnerstag im Bundestag beantragen, bisherige staatliche Mittel für das Deutschlandstipendium „für das Bafög und eine bessere Stipendienförderung für Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenregionen zu nutzen“. Der hochschulpolitische Sprecher Kai Gehring sagte der Deutschen Presse-Agentur, seit Jahren würden Bundesgelder „mangels Interesses nicht abgerufen“.

Im Grünen-Antrag heißt es: „Mit einer Förderquote von 0,76 Prozent ist das Programm meilenweit entfernt von der ursprünglichen Zielstellung, 8 Prozent eines Studierendenjahrganges zu erreichen.“ Zur sozialen Öffnung der Hochschulen habe das Programm „messbar nicht beigetragen“. Stiftern solle es „möglich und freigestellt sein“, das Programm in Eigenregie weiterzuführen“.

25 Prozent aus Migrantenfamilien

Wanka betonte, dem Deutschlandstipendium als „einzigartige privat-öffentliche Partnerschaft im Bildungsbereich“ liege die Anerkennung von gesellschaftlichem Engagement zugrunde, nicht ein guter Notenschnitt. Die Entwicklung auf über 20.000 Stipendiaten in vier Jahren sei „so schnell nicht zu erwarten“ gewesen. An immer mehr Hochschulen werde das zu gleichen Teilen aus privaten und öffentlichen Mitteln finanzierte Förderinstrument zur Chefsache. Für Verbesserungen sei eine Evaluation veranlasst worden, etwa über das soziale Profil der geförderten Studenten.

Auf einer Webseite zum Deutschlandstipendium begegnet das Ministerium Kritik, es würden vorrangig Studenten aus Elternhäusern gefördert, die eine besondere Unterstützung gar nicht bräuchten: Der Anteil der Bafög-Empfänger unter den Stipendiaten entspreche „mit 22 Prozent weitgehend dem Durchschnitt aller Bafög beziehenden Studierenden (24 Prozent). Studierende aus bildungsnahen Elternhäusern profitieren damit nicht überproportional vom Deutschlandstipendium.“ Die Präsidentin der Goethe-Universität in Frankfurt/Main, Birgitta Wolff, sagte, an ihrer Hochschule hätten 40 Prozent der Deutschlandstipendiaten keinen akademischen Hintergrund in der Familie, 25 Prozent stammten aus Migrantenfamilien.

Nach den offiziell vorliegenden Zahlen des Ministeriums hatten die deutschen Hochschulen Ende 2013 fast 5900 Stipendien (42 Prozent) mehr vergeben als 2012. Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen kommen mit monatlich 150 Euro für ein Deutschlandstipendium auf, die gleiche Summe legt der Bund pro Student obendrauf.

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