Personalberater Wenn der Headhunter klingelt

Die Personalberater-Branche boomt und profitiert von der großen Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Doch was tun, wenn man wirklich von einem Headhunter angerufen wird?

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So vermeiden Sie Fehler mit Headhuntern
Sich hochrechnen: Jeder Headhunter benötigt eine genaue Angabe des Jahreseinkommens eines Kandidaten. Variable Anteile und zahlreiche sogenannte fringe benefits wie PKW, Versicherungen, Boni und so weiter sind jedoch nicht so ohne Weiteres in ein Gesamteinkommen umzurechnen. Natürlich möchte fast jeder Kandidat bei einem Job-Wechsel ein deutlich höheres Einkommen realisieren. Deshalb versuchen viele, ihr derzeitiges Einkommen hochzurechnen. Aber intransparente oder gar falsche Aussagen zum aktuellen Beschäftigungsverhältnis zerstören jegliches Vertrauen. Der Berater muss von Ihnen auch ehrlich überzeugt sein, um Sie bedenkenlos zu empfehlen. Quelle: Fotolia
Den Lebenslauf fälschen: Richtig gefälschte Lebensläufe kommen selten vor. Werden sie entdeckt, ist die Karriere des Kandidaten abrupt abgebrochen. Häufiger kommen jedoch "geschönte" Lebensläufe vor, indem beispielsweise Positionen besser dargestellt werden. Wenn der Headhunter dies herausfindet, hat er sofort Zweifel in die Qualifikation des Kandidaten. Stellt dies jedoch erst der Vorgesetzte im neuen Unternehmen fest, dann ist Vertrauensverhältnis zum neuen Unternehmen arg ramponiert. Quelle: gms
"Ich wäre froh, hier wegzukommen"Auch wenn das Jobangebot für Sie wie ein wahrer Segen erscheint, bleiben Sie sachlich. Schimpfen Sie nicht über Ihren derzeitigen Arbeitgeber. Schließlich erwartet man auch in Ihrem neuen Job Souveränität und Loyalität. Quelle: Fotolia
"Wie sind Sie auf mich gekommen"Fragen Sie den Headhunter nicht, wieso er eigentlich ausgerechnet bei Ihnen anruft. Sie sollten selbstbewusst sein. Offenbar hat man Sie in Ihrer Branche oder Funktion als kompetent wahrgenommen. Quelle: dpa
Misserfolge vertuschen: Ein Misserfolg im Job ist nicht unehrenhaft, sein Verschweigen aber durchaus. Entweder dem Berater oder spätestens bei der Vorstellung im Unternehmen fällt dieser Schwindel auf und der neue Job ist weg. Quelle: Fotolia
Nicht angefallene Kosten abrechnen: Jeder Kandidat hat ein Eigeninteresse am neuen Job, trotzdem erlauben es die gesetzlichen Bestimmungen, dem Unternehmen die Kosten für die Anreise zum Vorstellungsgespräch in Rechnung zu stellen. Selbstbewusste Kandidaten berücksichtigen das. Peinlich wird es aber, wenn Kandidaten durch den Vorstellungsprozess ihr Einkommen aufbessern wollen, indem sie dem Headhunter oder dem Unternehmen Reisekosten zusenden, obwohl sie ihren aktuellen Dienstwagen benutzt habe. Ähnliche Tricks kommen immer wieder vor. Das Ansehen des Kandidaten sinkt damit rapide. Quelle: Fotolia
Wohnungs- und Anstellungswechsel nicht mitteilen: Die Datenbanken der Headhuntern müssen immer wieder aktualisiert werden. Für eine effektive Zusammenarbeit mit dem Headhunter sollte jeder Kandidat persönliche Veränderungen umgehend mitteilen. Er bleibt damit im Focus und erspart dem Berater mühselige Suchaktionen. Quelle: Fotolia

Ein großes Thema beherrscht derzeit die Diskussion um den deutschen Arbeitsmarkt. "Fachkräftemangel" heißt das omnipräsente Schlagwort: Für Unternehmen werden auf Grund der seit Jahrzehnten abnehmenden Geburtenzahlen allmählich die Arbeitskräfte knapp. Zumindest solche, die sie sich wünschen, vor allem hochqualifizierte MINT-Akademiker (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technologie), aber auch Techniker und Handwerker.

Hilfe bei der Suche nach den raren passenden Mitarbeitern erhalten immer mehr Unternehmen von professionellen Personalberatern - im Volksmund auch Headhunter genannt. Allein in Deutschland gibt es rund 2.000 Beratungsunternehmen mit insgesamt knapp 5.700 Personalberatern. Laut Angaben des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater BDU hat die Branche im Jahr 2012 insgesamt rund 51.000 Positionen bei Fach- und Führungskräften besetzt. Mit 1,55 Mrd. Euro Umsatz verzeichnet die Branche einen Rekord. „Besonders gefragt waren Experten der Maschinen- und Fahrzeugtechnik sowie der Elektro- und Energietechnik, in der Regel mit MINT-Abschlüssen“, sagt ein Sprecher des Verbands. Und trotz der Unsicherheiten der Eurokrise rechnet der Verband auf der Basis eigener Umfrageergebnisse mit einem weiteren Wachstum von rund 3,5 Prozent für 2013.

Headhunter sind und bleiben auf Fach- und Führungskräfte mit bereits vorhandener Berufserfahrung und entsprechend überdurchschnittlichen Gehaltserwartungen spezialisiert. Bei knapp 60 Prozent der mit Hilfe von Personalberatern besetzten Positionen wurden Kandidaten für Fachkräftepositionen oder das mittlere Management mit einem Zieleinkommen zwischen 75.000 und 150.000 Euro gesucht. In jedem vierten Projekt standen Führungskräfte im oberen Management mit Zieleinkommen zwischen 150.000 und 500.000 Euro auf dem Wunschzettel der Auftraggeber.

Wer also in den Fokus eines Headhunters gerät, hat meist gute Chancen auf einen Gehalts- und Karrieresprung. Die erste Kontaktaufnahme durch den Headhunter erfolgt meist per Telefon und kommt in aller Regel unerwartet. Doch wie man darauf reagiert und vor allem, wie viel man von sich selbst und den eigenen Wünschen dem Headhunter offenbart, sollte man sich generell und unabhängig vom konkreten Fall im vorhinein überlegen. „Bis zu einem gewissen Punkt sollten Sie offen mit ihrem Gesprächspartner umgehen“, sagt Klaus Aden, Geschäftsführer der Personalberatung LAB Lachner Aden Beyer & Company und seit über 20 Jahren in der Branche aktiv.

Headhunter rufen mögliche Kandidaten für eine zu besetzende Position in aller Regel im Büro während der Arbeit an. Dann bleibt ihnen meist nicht mehr, als sich offen vorzustellen. Kommt der Anruf bei der Arbeit ungelegen, vor allem wenn Kollegen mithören können, sollte man sich gleich auf einen passenderen Gesprächstermin einigen. Headhunter stehen dafür meist auch am Abend oder Wochenende zur Verfügung.

Im zweiten Gespräch wird sich der Headhunter vermutlich zunächst nach dem Werdegang und dem aktuellen Job erkundigen. Nach den Antworten darauf kann man den Spieß umdrehen und offen fragen, um welche Stelle es konkret geht. Dabei merkt man schnell, ob sich das Gespräch lohnt oder nicht. „Es ist durchaus legitim, dass auch Sie dem Berater einige Fragen stellen. Seriöse Kollegen haben dafür vollstes Verständnis“, erklärt Aden. Erscheint der Headhunter vertrauenswürdig, sollte man ihm wieder die Gesprächsführung überlassen.

Einen guten Eindruck hinterlassen

Die größten Fehler von Unternehmen im Umgang mit Headhuntern
1. Wir wollen nur die allerbeste Führungskraft haben„Die“ Führungskraft oder „der“ beste Manager ist zu jeder Zeit eine komplette Illusion. Zum einen gibt es dafür gar keine Kriterien und zum anderen geht es immer nur um die gerade auf dem Markt verfügbaren Manager. Zudem will auch gar nicht jeder Manager in jedes Unternehmen gehen. Viele Unternehmen überschätzen total ihre Attraktivität. Unter normalen Verhältnissen ist der scheinbar Beste das Resultat verschiedener auseinander strebender Bedingungen - also ein Kompromiss. Es kann also immer nur um den auf dem Markt geeignetsten Manager gehen. Quelle: Fotolia
2. Fehlendes Vertrauen in den HeadhunterSehr schnell stellt der Headhunter dem Unternehmen einige exzellente Manager vor. Aber das lehnt jeden ab. Darauf können nur noch schwächere Manager folgen. Diese fallen sowieso durch. Zuletzt hat der Klient kaum noch Auswahlmöglichkeiten und entscheidet sich doch für einen Kandidaten der ersten Gruppe. Es ist jedoch fraglich, ob dieser nach einem solchen Hick-Hack auch noch bereit ist, in dieses Unternehmen zu wechseln. Hätte das Unternehmen der Marktkenntnis des Headhunters vertraut, hätte es schneller einen guten Manager gehabt. Quelle: Fotolia
3. Die Kandidaten werden nicht effektiv behandeltDer Managermarkt ist eng. Das Unternehmen muss für sich werben. In vielen Unternehmen geht jedoch das Tagesgeschäft vor. Deshalb kommt es oft vor, dass Unterlagen von Kandidaten wochenlang unbearbeitet bleiben. Allmählich verlieren gute Kandidaten Vertrauen in das Unternehmen und sagen ab. Obwohl jedes Unternehmen der Aussage zustimmen würde, dass Personalentscheidungen die wichtigsten sind, verhalten sich viele in der Praxis nicht dementsprechend. Quelle: Fotolia
4. Unternehmen nutzen das Hintergrundwissen des Headhunters nicht genugEin langjährig aktiver Headhunter weiß, in welchem Unternehmen sich welcher Managertyp mit welchem Gehalt befindet. Dieses Wissen will er bezahlt haben. So manches Unternehmen will überall Kosten sparen, und meint deshalb, den Markt selbst gut zu kennen. Fast immer erweist sich dies als verhängnisvoll. Quelle: Fotolia
5. Unternehmen verkennen die MarktverhältnisseHäufig erwarten Unternehmen, dass ein exzellenter Kandidat seinen neuen Job für ein Durchschnittsgehalt akzeptiert. Sie diskutieren dann über wenige tausend Euro, obgleich ihnen die Einstellung dieses Kandidaten ein Vielfaches an Ergebnisverbesserung bringen würde. Letztlich scheitert dann die Einstellung dieses Kandidaten, und der Headhunter kann dann nur noch einen weniger geeigneten Manager vorschlagen. Quelle: dpa
6. Die Angst vor starken PersönlichkeitenDer Klient wünscht "eine starke Persönlichkeit", aber er lehnt jeden guten Manager ab, der ihm vom Headhunter vorgestellt wird. Zuletzt bleibt dem Headhunter nichts weiter übrig, als einen eher schwachen Manager vorzustellen. Genau diese nimmt der Klient dann aber an. Tatsächlich wollte er niemals einen starken Manager, da er selber keine starke Managementpersönlichkeit ist. Quelle: Fotolia
7. Unzureichende Abstimmung im UnternehmenIn der Regel ist die Verantwortung für die Suche nach einem neuen Manager zweigeteilt. Die Personalabteilung ist für die Suche zuständig und das Linienmanagement für die Aufstellung der Kriterien dafür. Es liegt auf der Hand, dass damit Abstimmungsprobleme vorprogrammiert sind. Oft bleiben diese aus Machtgründen ungeklärt. Am Ende sind alle Beteiligten im Unternehmen mit dem Headhunter unzufrieden. Ein guter Kandidat spürt dies und sagt ab. Quelle: Fotolia

Früher oder später in diesem Gespräch wird jeder Personalberater auch die Frage nach dem Gehalt stellen. „Das ist sicherlich nicht das Lieblingsthema der Deutschen“, weiß Aden. Er rät dennoch dazu, dem Headhunter eine möglichst realistische Vorstellung des aktuellen Verdienstes zu geben. Normalerweise wird der Headhunter sagen, ob sich das Zieleinkommen der zu besetzenden Stelle in dem gewünschten Rahmen bewegen wird. Er selbst hat übrigens auch durchaus ein Interesse daran, denn bei 60 Prozent der Aufträge orientiert sich das Honorar des Headhunters am Zieleinkommen seines Kandidaten. Übertrieben nach oben treiben werden Headhunter die Gehaltswünsche der von ihnen kontaktierten Kandidaten dennoch nicht. „Wenn die Vermittlung schließlich am Gehalt scheitert, hat keiner etwas davon“, meint Aden.

Nicht immer dürfen die Personalberater ihren Auftraggeber oder andere entscheidende Faktoren wie den Arbeitsort schon in einem ersten ausführlichen Telefonat nennen. „Wenn sie tatsächlich an der angebotenen Position interessiert sind, sollten sie aber auf jeden Fall nach einem schriftlichen und autorisierten Jobprofil fragen“, empfiehlt Aden. Auch das sei schon ein Indikator für einen seriösen und vor allem exklusiv beauftragten Personalberater. Außerdem kann man sich so nach dem Gespräch noch einmal näher damit befassen, ob der angebotene Job infrage kommt.

Und wenn nicht? Auch wenn man dem Headhunter schließlich eine Absage erteilt, sollte er unbedingt einen positiven Eindruck mitnehmen. „Sagen Sie ihm freundlich, dass sein Angebot derzeit nicht für Sie infrage kommt. Hält er Sie für geeignet, wird er Sie bei einem seiner nächsten Mandate gegebenenfalls wieder anrufen“, erklärt Aden. Vielleicht geht es ja dann um den Traumjob.

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