Von befristeten Arbeitsverhältnissen hört man oft bei Entlassungsrunden großer Unternehmen. So hieß es beispielsweise im Dezember, dass der Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS 5800 Stellen streichen wolle. Darin seien auch 1300 Zeitverträge enthalten, die nicht verlängert würden. Für EADS ist es nämlich einfacher, 1300 ohnehin nur auf ein oder zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag einfach nicht zu verlängern, als 1300 Angestellte mit regulärem Vertrag zu entlassen. Der Fall der Angestellten mit den befristeten Verträgen bedarf nicht einmal einer Begründung, der der Beschäftigten mit Vertrag kann arbeitsrechtlich einiges nach sich ziehen. Das ist teuer, langwierig und unangenehm.
Die Beschäftigung über Zeitverträge ist von Branche zu Branche unterschiedlich: So betrug die Befristungsquote der 25- bis 29-jährigen Akademiker bei Finanz- und Versicherungsdienstleistern 7,0 Prozent, im verarbeitenden Gewerbe lag sie bei 11,4 Prozent und in der öffentlichen Verwaltung bei 29,2 Prozent. Grundsätzlich nutzen Zeitverträge dem Arbeitgeber, nicht dem Arbeitnehmer. Zwar heißt es - beispielsweise seitens der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) - dass befristete Verträge dafür sorgen, dass Arbeitnehmer flexibel bleiben. Wirklich flexibel ist damit aber nur das Unternehmen, dass durch die Zeitverträge die Probezeit auf ein, zwei oder drei Jahre verlängern kann. Auch die Gewerkschaft ver.di spricht von einer verlängerten Probezeit, die die Angestellten zu einer flexiblen Manövriermasse für das Unternehmen werden lassen. Gegenüber Zeit Online bestätigt Onno Dannenberg von ver.di bereits im Juni 2013: "Für Arbeitnehmer gibt’s keine Vorteile". Die Arbeitgeber sind es, die profitieren.
Was ist ein befristeter Arbeitsvertrag?
Bei einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis läuft der Vertrag nach einer bestimmten Zeit oder zu einem bestimmten Ereignis aus - eine Kündigung ist nicht nötig. Wenn eine Befristung nicht vom Teilzeit- oder Befristungsgesetz abgedeckt wird, gilt sie als. Der Arbeitsvertrag gilt als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Für die Befristung ohne Sachgrund nach Paragraph 14 Absatz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) ist es wichtig, dass noch nie ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestanden hat. Die Befristung ist auf maximal zwei Jahre beschränkt. Falls das Arbeitsverhältnis auf weniger als zwei Jahre befristet ist, darf der Arbeitgeber den Vertrag bis zur Dauer von zwei Jahren verlängern, allerdings maximal drei mal. War also zuerst ein Arbeitsverhältnis von vier Monaten vereinbart, können noch 20 Monate drangehängt werden - nur nicht in zu kleinen Schritten.
Eine Befristung ohne Sachgrund gibt es auch bei Neugründungen von Unternehmen. Nach § 14 Abs. 2a TzBfG dürfen Verträge bei der Gründung eines Unternehmens auf vier Jahre befristet sein. In den ersten vier Jahren seit Neugründung ist eine mehrfache Verlängerung möglich.
Neben "Wir kennen uns noch nicht" oder "Wir wissen nicht, wie lange das Unternehmen überlebt" gibt es noch die sogenannten sachlichen Gründe für eine Befristung. Nach § 14 Absatz 1 TzBfG gehören unter anderem dazu:
- vorübergehend höherer Bedarf an Mitarbeitern zur Hochsaison
- eine Befristung zur Erprobung
- die Integration in den Arbeitsmarkt nach einer Ausbildung oder einem Studium
- die Vertretung anderer Arbeitnehmer
- die Arbeit an sich erfordert eine Befristung
Die Zweckbefristung ist für den Fall gedacht, dass das Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Ereignis, anstatt zum 15. März oder nach sechs Monaten endet. Das wäre beispielsweise "bis zur Schließung des Unternehmenssparte Kosmetik". Allerdings muss im Vertrag klar erkennbar sein, in welchem Zeitrahmen das Ereignis eintreten wird. Zwei Wochen vor Eintreffen dieses Ereignisses und dem Ende des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich informieren.
Befristete Verträge können nicht gekündigt werden. Es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, sodass die außerordentliche Kündigung greift.
Denn die Angestellten mit befristeten Verträgen sind günstig: Laut einer Erhebung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung verdienen Hochschulabsolventen mit Zeitverträgen im Schnitt 19 Prozent weniger als Absolventen, die sofort eine unbefristete Stelle bekommen. Eine ältere Studie des Arbeitsmarktexperten Dimitris Pavlopoulos von der Freien Universität Amsterdam zeigt, dass die Absolventen auch im späteren Berufsleben weniger verdienen. Laut Pavlopoulos’ Analyse dauert es viele Jahre, bis befristet Beschäftigte gehaltsmäßig zu Kollegen mit unbefristeten Verträgen aufschließen.
Der Grund: Viele Unternehmen testen, wie gut sich auf Zeit eingestellte Leute schlagen und zahlen erst mal weniger. Frist-Jobs werden zudem kaum für hoch bezahlte Schlüsselpositionen vergeben. Das niedrigere Einstiegssalär zieht sich wie ein roter Faden durch spätere Gehaltsverhandlungen. So brauchen Männer mehr als zwölf Jahre, um die Verdienstlücke zu schließen. Frauen, die mit einem Zeitvertrag in den Beruf gestartet sind, schaffen das immerhin doppelt so schnell.
Wer einen befristeten Arbeitsvertrag hat, steht unter Druck: Nicht nur, dass sich die Zukunft kaum über die Zeit der Befristung hinaus planen lässt, die Angestellten machen auch mehr Überstunden, nehmen weniger Urlaub und fordern weniger Geld. Schließlich steht die Verlängerung des Arbeitsvertrages auf dem Spiel. Martina Perreng, Arbeitsrechtlerin beim Deutschen Gewerkschaftsbund, nannte Zeitverträge gegenüber Zeit Online ein "super Instrument für Arbeitgeber, Mitarbeiter gefügig zu machen". Und das betrifft immer mehr junge Arbeitnehmer: Fast jeder dritte junge Akademiker in Deutschland (29,0 Prozent) hat einen befristeten Arbeitsvertrag. Besonders betroffen ist der wissenschaftliche Nachwuchs an den Hochschulen: 80 Prozent der 25 bis 29 Jahre alten Akademiker, die 2011 an einer Universität, Akademie, Fach- oder Verwaltungshochschule beschäftigt waren, hatten nur einen Zeitvertrag, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Im Durchschnitt aller Erwerbstätigen dieser Altersgruppe - Akademiker und Nicht-Akademiker - war es nicht einmal jeder Fünfte (17,2 Prozent).