Karriere 40 Köpfe, auf die Sie 2011 achten sollten

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Matthias Müller, Reto Francioni, Berthold Huber Quelle: AP, dpa, PR

Matthias Müller Matthias Müller, 57, hat gute Chancen, 2016 Martin Winterkorn als Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns zu beerben. Vorher aber muss der Informatiker beim Sportwagenhersteller Porsche beweisen, dass er ein Unternehmen führen kann. Schon das erste Jahr im neuen Amt bringt große Herausforderungen. Im September 2011 erlebt der neue Elfer seine Weltpremiere, die siebte Generation des Klassikers. Das Modell begründete vor bald 50 Jahren den Ruhm der Marke, hatte aber zuletzt an Zugkraft verloren. Müller muss zudem den Kompakt-SUV Cajun serienreif machen und eine Sportwagenstrategie erarbeiten. Kritisch beobachtet wird Müller auch von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, dem Porsche als ehemaliger Entwicklungschef und Großaktionär besonders am Herzen liegt.

Reto Francioni Sicher, die Deutsche Börse verdient immer noch prächtig. Doch das liegt vor allem daran, dass ihr gemütlich wirkender Chef unbarmherzig Kosten streicht. Er verlegte beispielsweise die Börse nach Eschborn, um Steuern zu sparen, und will zehn Prozent der Stellen abbauen oder nach Prag umziehen. Reichen wird das alles nicht: Der Aktienhandel leidet weiter massiv unter der Konkurrenz elektronischer Handelssysteme, im Terminbörsengeschäft drücken hohe Wertberichtigungen auf die von Francioni viel zu teuer eingekaufte US-Tochter ISE. Er muss es jetzt schaffen, den Handel mit Derivaten – zum Beispiel Kreditausfallversicherungen (CDOs) – stärker über seine Börsensysteme laufen zu lassen. Über 80 Prozent aller Derivate werden noch außerhalb von Börsen gehandelt. Politiker wollen das ändern. Manche Schwellenländer-Börse könnte obendrein einen europäischen Partner brauchen. 2011 muss der 55-Jährige zeigen, dass er mehr kann als verwalten.

Berthold Huber Einen kleinen Zwist konnte Berthold Huber schon beenden: Ab Januar listet die Deutsche Bahn alle Zusatzstoffe für die Speisen ihrer Bordrestaurants auf. Die Organisation Foodwatch hatte das Unternehmen mehrfach gerügt. Jetzt aber warten auf den 47-Jährigen, seit November Chef von DB Fernverkehr, schwierigere Herausforderungen: Er muss die temperaturanfällige ICE-Flotte durch den Winter bringen, den Intercity-Angriff von Wettbewerber Locomore zwischen Köln und Hamburg parieren und den Fahrplan ins Ausland ausbauen. Seine härteste Prüfung läuft bereits: Seit  Monaten verhandelt die Deutsche Bahn mit Siemens über die Bestellung von 220 neuen Zügen, die 2014 die Intercitys und ältere ICEs ersetzen sollen. Die Gespräche stocken aber.

Andrew Jennings Der 62-Jährige wurde aus dem Ruhestand reaktiviert, um sein Meisterstück zu vollbringen: die Sanierung von Karstadt. Ab dem 1. Januar übernimmt der Brite die Führung des aus der Insolvenz entlassenen Warenhauskonzerns. Jennings gilt als Wunschkandidat von Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen, intern wird indes über den „Handelsveteran aus Afrika“ gespottet. Jennings hatte zwar etliche Positionen bei Einzelhandelsfirmen inne, den deutschen Markt aber kennt er nicht, er spricht kein Deutsch, und sein Sanierungskonzept bleibt vage. Soll er das Warenhausgebilde womöglich doch nur für die Zerschlagung aufpeppen?

Heinz Fuhrmann Am 1. Februar löst der 54-Jährige beim Stahlkocher Salzgitter den bisherigen CEO Wolfgang Leese ab. Fuhrmann führt dann einen Blechzulieferer von VW, der in Niedersachsen zwar groß, in Europa aber eine Miniatur ist. Immer wieder sickerten Gerüchte hoch, dass ThyssenKrupp das Unternehmen übernehmen könnte. Leese hat sich dem bisher verweigert. Ob auch Fuhrmann dem Kurs folgt, wird sich 2011 zeigen: Die Stahlkrise ist noch lange nicht vorbei.

Till Behnke Helfen ist seine Mission. Als Gründer und Vorstandsvorsitzender der Gut.org AG, die die Internet-Plattform Betterplace betreibt, will der 31-Jährige Hilfesuchende und Helfer auf der ganzen Welt zusammenbringen. Bei über 730 Projekten ist ihm das schon gelungen, rund 2,5 Millionen Euro wurden dafür 2010 ausgezahlt. 2011 sollen es fünf bis sechs Millionen werden. Zur Qualitätsverbesserung haben der Wirtschaftsinformatiker und sein Team gerade ein internes Projekt gestartet. Dabei sollen im kommenden Jahr die Bedürftigen selbst per SMS Feedback geben, ob die Spenden ankommen und tatsächlich helfen. „Das ist das nächste große Ding im Markt“, ist Behnke überzeugt.

Florian Bieberbach Der 37-Jährige ist das jüngste Mitglied in der Geschäftsführung der Stadtwerke München – dem größten in ganz Deutschland. Das Unternehmen betreibt nicht nur das Atomkraftwerk Ohu bei Landshut, sondern exportiert auch Erdgas nach Norwegen. Der Vertrag seines Chefs Kurt Mühlhäuser läuft zwar erst 2013 aus, doch schon jetzt entwickelt sich Bieberbach immer mehr zum Kronprinzen. Sein Vorteil: Die Stadtwerke befinden sich zu 100 Prozent im Kommunalbesitz – und geht es nach der SPD-Stadtratsfraktion, würde Bieberbach schon 2011 dem Altmeister vorzeitig nachfolgen. Sicher schadet es nicht, dass er bereits bei den Jusos Karriere machte und ein (Partei-)Freund des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude ist.

Daniel Bahr 2011 kommt zu seinem Regierungsamt (Parlamentarischer Staatssekretär im Gesundheitsministerium) ein wichtiger Parteiposten dazu: Als Vorsitzender des größten Landesverbandes NRW wird er im Mai zum stellvertretenden FDP-Bundesvorsitzenden gekürt – im Streit um Chef Guido Westerwelle eine Machtposition. Aufgrund der überschaubaren Körpergröße (Spitzname: „Mini-Bahr“) wird Bahr zwar gern unterschätzt. Im Ministerium aber gilt der Volkswirt mit MBA in Gesundheitsmanagement im Vergleich zu Minister Philipp Rösler als versierterer Fachmann.

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