Nicht jedes Unternehmen braucht oder will einen CDO oder CIO. Trotzdem müssen die Ideen – und der Kulturwandel – ja von irgendwoher kommen. „Bei der Ideengenerierung kommt es auf den richtigen Mix von internen Ideen und Trends von außen an. Ganz alleine erfindet niemand die Welt neu“, bestätigt Heidkamp von KPMG.
Was passt zum Unternehmen?
So könnten interne Labs dabei helfen, neue Technologietrends aufzuspüren und auszuprobieren. Denn nicht alles, was neu am Markt ist, passt auch zum eigenen Unternehmen. Man müsse sich fragen – oder ausprobieren – ob Big Data dem eigenen Betrieb helfe, in dem es beispielsweise den Kundenservice verbessert, „Würden Bots die Kundenansprache optimieren? Und kann ich die Effizienz meines Betriebes durch Roboter steigern?“ – diese Fragen sollten sich Unternehmer stellen, so Heidkamp. Oder besagte Labs damit beauftragen.
Diese internen Digitallabore seien aber nicht das einzige Vehikel um herauszufinden, was zum eigenen Betrieb passt, meint der Experte. „Große Unternehmen können sich Labs leisten, kleine und mittlere Betriebe sind auf ihre Netzwerke angewiesen.“ Er sagt: „Es lohnt sich, sich bei einer Start-up-Initiative anzuschließen, um die Businessrelevanz neuer Technologien zu erkennen. Außerdem überträgt sich in der Zusammenarbeit der Agilitätsgedanke und auf den kommt es an.“
Mittelstand hat keine Lust auf Start-up-Initiativen
Derartige Start-up-Initiativen bieten unter anderem KPMG, der Bundesverband Deutsche Start-ups, die Industrie- und Handelskammern oder die großen Unternehmensberatungen wie EY oder pwc an. Doch bisher ist die Nachfrage aus dem Mittelstand nach Ideen von Start-ups eher gering, wie eine Umfrage des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) aus dem Jahr 2016 zeigt. Demnach kooperierten Mittelständler bei der Digitalisierung am seltensten mit Start-ups.
So sieht der deutsche Start-up-Markt aus
Startups sind per Definition des Deutschen Start-up-Monitors (DSM) jünger als zehn Jahre und zeichnen sich durch "ein signifikantes Mitarbeiter- und/oder Umsatzwachstum" aus. Wer einen Kiosk eröffnet, hat demnach kein Start-up gegründet, sondern eine sogenannte Existenzgründung. Und wer ein Schuhgeschäft mit drei Angestellten aufmacht, betreibt ein kleines, mittelständisches Unternehmen (KMU) und kein Start-up.
Quelle: Deutscher Start-up-Monitor vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. (BVDS) und KPMG in Deutschland
Das dritte Kriterium, woran man ein Start-up erkennt: die Gründer sind mit ihrer Technologie und/oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ. "Gründerinnen und Gründer sind voller Ideen und voller Begeisterung. Sie entwickeln aus Problemlösungen Geschäftsmodelle. Gründungen sind Lebenselixier für unsere Wirtschaft und Motor des strukturellen Wandels. Denn kreative Ideen und innovative Geschäftsmodelle modernisieren unsere Wirtschaftsstruktur, erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit und schaffen neue Arbeitsplätze", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in seinem Grußwort zum aktuellen DSM.
Die meisten Start-ups finden sich in der Rhein-Ruhr-Region, in und um München, in der Region Karlsruhe/Stauttgart, im Raum Hamburg, in und um Frankfurt am Main - und natürlich in Berlin: Auf 1.000 erwerbsfähige Berliner kommen 26 Gründer - so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland.
Laut dem European Startup Monitor arbeiten inklusive der Gründer 12,9 Menschen in einem durchschnittlichen europäischen Startup. In Deutschland ist die Zahl der Mitarbeiter überdurchschnittlich hoch: Hier sollen Startups im Schnitt über 15 Mitarbeiter verfügen – ohne die Gründer mitzurechnen.
Knapp zehn Prozent der Gründerinnen und Gründer von Startups und 22 Prozent der Beschäftigten in Startups kommen aus dem Ausland. Rund 13 Prozent der Gründer in Deutschland sind Frauen.
Einer der Gründe für die seltene Zusammenarbeit seien die großen Unterschiede zwischen Start-ups und Mittelstand heißt es beim BDI. Dabei sind die bei genauerem Hinsehen gar nicht so groß. Der etablierte Maschinenbauunternehmer und der junge Tech-Pionier sind beide Unternehmer, die Risiken eingehen und für ihre Idee brennen. Sie müssen sich nur treffen – irgendwo zwischen Schwäbisch Hall und Berlin. Dann klappt es auch mit der Digitalisierung.
Denn deren Anforderungen sind eigentlich perfekt für den Standort Deutschland, wie Experte Heidkamp sagt: „Es gibt keinen Wettbewerb der Skaleneffekte mehr. Der, der die beste Technologie und die beste Idee hat und die am schnellsten umsetzt, gewinnt. Darin sind die Deutschen doch gut.“