Unternehmen aller Branchen müssen sich mit den fundamentalen Veränderungen auseinanderzusetzen, die sich aus der Digitalisierung ergeben. Diese zu ignorieren und an den alten Geschäftsmodellen festzuhalten, würde der eigenen Position schaden.
Zu den Autoren
Roman Friedrich ist Autor der „2015 Chief Digital Officer“-Studie und Co-Autor der Studie „The Right CDO for your Company’s Future“ sowie Geschäftsführer bei Strategy& Deutschland, der Strategieberatung von PwC.
Michael Pachmajer ist Co-Autor der Studie „The Right CDO for your Company’s Future“ und Director Digital Transformation Mittelstand und Familienunternehmen Deutschland und Europa bei PwC.
In der Debatte rückt eine neue Managerposition zunehmend in den Fokus. Der Chief Digital Officer (CDO) soll für alle Aspekte der digitalen Transformation eines Unternehmens verantwortlich sein: für die Entwicklung neuer, digitaler Geschäftsmodelle; für die Verbesserung der Kundeninteraktion; und für die Erhöhung der Prozess- und Produktionskompetenz durch den Einsatz digitaler Technologien. Anders formuliert: Ein CDO ist damit beauftragt, die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens zu digitalisieren.
Aber was zeichnet einen typischen und erfolgreichen CDO aus? Wodurch qualifiziert man sich für eine Stelle, die bis vor kurzem noch gar nicht existierte? Und lässt sich der Weg der Digitalisierung nicht auch ohne einen CDO bewältigen?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, analysierten wir für eine umfangreiche Studie CDOs in Unternehmen weltweit – und zwar im Hinblick auf Funktion, Hintergrund und Branchenzugehörigkeit.
Zentrale Erkenntnisse:
Insgesamt beschäftigten 6 Prozent der Unternehmen einen CDO. Mit einem CDO-Anteil von 13 Prozent lag Europa 2015 an der Spitze, gefolgt von Nordamerika mit 7
Prozent.
- Unternehmen, die sich an Endverbraucher wenden (B2C), stellen häufiger einen CDO ein als jene, die ihre Produkte und Dienstleistungen anderen Unternehmen anbieten (B2B). In Branche Kommunikation, Medien und Unterhaltung setzen 13 Prozent auf einen CDO, in der Nahrungsmittelbranche 11 Prozent und in der Konsumgüterbranche 9 Prozent.
- Das Schlusslicht bildeten die Energieversorger, die Bereiche Öl und Gas sowie Metall und Bergbau. Dort lag der Anteil der Unternehmen mit Digitalverantwortlichen bei nur 2 beziehungsweise einem Prozent.
- Die Unternehmensgröße bestimmt offenbar ebenfalls, ob ein CDO erforderlich ist: Rund 9 Prozent der Konzerne mit mehr als 100.000 Mitarbeitern beschäftigen einen führenden Digitalmanager. Dagegen gibt es nur in 2 Prozent der Firmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern einen CDO.
Fünf Typen von CDO
Was ihn auszeichnet: Er fokussiert sich auf die Entwicklung der digitalen Strategie und fördert Innovation im Unternehmen. Seine Kernaufgabe besteht darin, das existierende Geschäft durch den Einsatz von digitalen Technologien zu transformieren und auf dem Weg zu einem weitgehend digitalen Unternehmen neue Impulse zu geben.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Industrieunternehmen sowie eher traditionelle Betriebe in der Chemie-, Öl-, Gas- und Bergbau-Branche.
Was ihn auszeichnet: Im Gegensatz zum Progressive Thinker geht dieser CDO bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle mit einer zupackenden Mentalität vor, um neue Umsätze zu erschließen. Er bringt Ideen und Technologien von außerhalb der Industrie ins Unternehmen ein und fördert damit neues Denken. Er scheut auch nicht davor zurück, das existierende Geschäftsmodell zu kannibalisieren oder in Frage zu stellen.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Gerade für Unternehmen, die wegen der Digitalisierung vor extremen Veränderungen stehen – etwa verbraucherorientierte Branchen –, können sie eine wertvolle Stütze sein.
Was ihn auszeichnet: Er fokussiert sich vor allem auf die Kundenzufriedenheit und denkt marktorientiert. Er verbindet die digitale mit der analogen Welt und garantiert nahtlose Multichannel-Kundenerfahrung. Für ihn stehen der Online-Verkauf und weitere digitale Services rund um das physische Produkt im Vordergrund.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Das wahre Kundenbedürfnis ist stets sein zentraler Bezugspunkt. Daher ist er insbesondere für kundenorientierte Branchen wie Banken, Handel oder Tourismus geeignet.
Was ihn auszeichnet: Seine Vorgehensweise kommt der des innovativen und businessfokussierten Chief Information Officers oder Chief Technology Officers sehr nahe. Er ist davon überzeugt, dass der effiziente Einsatz digitaler Technologien eine Grundvoraussetzung für die Realisierung neuer (disruptiver) Geschäftsmodelle ist.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Für welche Unternehmen er sich eignet: Gerade Unternehmen aus der produzierenden Industrie, die ihre Lieferketten optimieren und digitale Technologien in ihren Fabriken einführen, profitieren von diesem Typus.
Was ihn auszeichnet: Er ist sicherlich der anspruchsvollste unter den fünf Archetypen, da er alle zentralen Aspekte der digitalen Transformation verantwortet und über Fachkenntnis in mehreren Bereichen verfügt: Marketing, Technologie und Change Management. Sein Arbeitsspektrum erstreckt sich von der Entwicklung digitaler Strategien und Geschäftsmodelle über digitales Marketing bis hin zur Implementierung neuester Technologien.
Für welche Unternehmen er sich eignet: Er empfiehlt sich vor allem für all diejenigen Unternehmen – egal aus welcher Branche –, die bisher wenig in ihre digitale Transformation investiert haben und die dadurch den Anschluss verpassen könnten. Denn sie brauchen eine Führungskraft, die sich schnell und umfassend der digitalen Themen annimmt.
Aber welche Eigenschaften und Qualifikationen muss der zentrale Digitalverantwortliche mitbringen, um die verschiedenen Phasen der digitalen Transformation aktiv steuern zu können? Dafür haben wir fünf Archetypen definiert (siehe oben). Jeder bezieht sich auf eine Reihe von Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die je nach Unternehmenstyp und Anforderungen auch miteinander kombiniert werden können.