Bobby Dekeyser hat viel erreicht: Vom Schulabbrecher zum Profifußballer, vom Gründer zum Millionenunternehmer. 1990 gründete der gebürtige Belgier Dedon. Das Unternehmen produziert hochwertige Outdoor-Möbel, inzwischen beliefert es Promis und Luxushotels. „Dass es so weit gekommen ist“, sagt Dekeyser, „hat auch damit zu tun, dass ich Menschen habe machen lassen.“
Ein Manager, der sich selbst nicht so wichtig nimmt – geht das? „Das lateinische Wort für Demut ist humilitas, also Mut zur Wahrheit“, sagt Pater Grün. Ein demütiger Manager stellt sich nicht über andere und gibt seine Fehler zu. Dekeyser hat das schon in der Jugend gelernt – als Torwart:
„Da lebt man zwischen den Extremen, entweder Held oder Versager.“ Später, während seiner Karriere als Unternehmer, habe er zudem immer versucht, ehrlich zu sein und mit seinen Ängsten offen umzugehen. Dadurch schuf er eine Kultur, in der sich jeder frei bewegen darf und keiner etwas vorspielen muss. Diese Demut hilft dem gesamten Unternehmen. Die US-Wohltätigkeitsorganisation Catalyst fand 2014 heraus: Waren Angestellte an Entscheidungen und Prozessen beteiligt, arbeiteten sie bis zu 40 Prozent innovativer als der Durchschnitt. Außerdem erledigten sie ihre Tätigkeit gewissenhafter und waren teamfähiger.
Doch auch Demut muss Grenzen haben. Michael Kastner, Leiter des Instituts für Arbeitspsychologie und Arbeitsmedizin in Herdecke, vergleicht Manager mit einem Arzt: Gegenüber dem Patienten müsse der selbst bei geringer Überlebenschance Optimismus verbreiten. Hinter verschlossenen Türen solle er im Team dann aber überlegen, wie die Operation am besten laufen könnte.
Sonst entsteht Hybris, und die kann gefährlich werden: „Wenn niemand mehr widerspricht, können schneller gravierende Fehler passieren“, sagt Matthias Sutter, Professor für Verhaltensökonomie an der Universität zu Köln.
Was Manager tun können, um Begeisterung zu entfachen
Viele Unternehmen lassen sich bei der Personalauswahl noch zu häufig allein von der Fachexpertise, dem Leistungswillen und der Eloquenz der Kandidaten leiten. Wenn jemand mit Leidenschaft seinem Beruf nachgeht oder gar ein besonders kreativer Querdenker ist, wird ihm das eher negativ ausgelegt. Mehr Mut zu weniger Uniformität und Stromlinienförmigkeit kann sich vor allem in Forschung und Entwicklung, in Marketing und Vertrieb bezahlt machen. Das Management gerade deutscher Unternehmen ist jedoch häufig zu eindimensional auf Effizienz getrimmt. Beim Optimieren von Prozessen ist das goldrichtig, bei kreativen Prozessen nur bedingt“, warnt Jens-Uwe Meyer, Autor des Buches „Das Edison-Prinzip“.
Wer Mitarbeiter für die Sache begeistern und damit ihre Motivation erhöhen möchte, muss auch ein guter Kommunikator sein, mit guten Argumenten, aber auch der nötigen Empathie für die menschlichen Belange. Gut kommunizieren zu können, ist auch in der notwendigen Darstellung nach außen enorm wichtig. Dies erst zu lernen, wenn man bereits auf der Zielgeraden für eine Top Position ist, ist eindeutig zu spät. Übrigens gehört dazu auch ein verhandlungssicheres Englisch.
Wer Ideenfindung zur Chefsache erklärt, zeigt seinen Mitarbeitern vielleicht, wer in der Hierarchie ganz oben steht. Er läuft aber auch Gefahr, wichtige Details oder Erkenntnisse zu übersehen und damit Fehlentscheidungen zu treffen. Weil Technologiesprünge, Veränderungen von Geschäftsmodellen und Kundenbedürfnisse sich immer schneller drehen, kann ein einzelner – egal wie gut er ist - niemals alle für Geschäftsentscheidungen relevanten Informationen überblicken. Wer hingegen in den offenen Ideenaustausch mit seinen Mitarbeitern investiert, braucht zwar mehr Zeit, erntet dafür aber am Ende auch die kreativeren Ideen und durchdachteren Konzepte. Gleichzeitig schafft die direkte Einbindung eine höhere Identifikation mit dem Ergebnis, das Mitarbeiter dann viel motivierter umsetzen, denn es ist ja auch ihr Konzept.
Am kreativsten sind Mitarbeiter in Teams mit flachen Hierarchien. Um die Expertise aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, Fachgebieten und Ländern an einen Tisch zu bringen, hat z.B. der Essener Konzern Evonik sogenannte Forscher-WGs eingerichtet, in denen Experten aus verschiedenen Unternehmensbereichen und Ländern über drei Jahre lang gemeinsam Innovationen ausbrüten. Der IT-Dienstleister IBM veranstaltet sogenannte „Innovation Jams“, bei denen sich über Hunderttausend IBM-Mitarbeiter, deren Familien, Wissenschaftler und Kunden aus der ganzen Welt drei Tage lang via Computerbildschirm über neue Ideen, Innovationen und die Lösung kniffliger Probleme austauschen.
Führungskräfte umgeben sich häufig am liebsten mit Personen, die ähnliche Stärken aufweisen wie sie selbst. Wer gerne kommuniziert, arbeitet gerne mit kommunikativen Menschen. Wer detailverliebt ist, schätzt Mitarbeiter mit ähnlichen Präferenzen. Wer seine Stärken und Schwächen kennt und sich vornimmt, das volle Potenzial seines Teams zu heben, kann sich als Führungskraft darauf konzentrieren, die verschiedenen Talente so einzusetzen, dass sie sich ergänzen – zum Erfolg aller. Teams sind dann besonders stark, wenn jeder eine eigene Rolle seinen Fähigkeiten entsprechend übernehmen kann. Der Job des Teamleiters ist es, jedem die passende Rolle zuzuteilen.
Lässt sich Demut lernen? Ja, sagt Führungskräftecoach Karin Kuschik: „Wer sich einmal im Monat bewusst in Situationen begibt, in denen er nur Schüler und nicht Meister ist, übt sich automatisch in Demut – weil er ständig erlebt, dass er eben nicht alles kann und weiß.“ In manchen Firmen setze sich der Chef einen Tag an den Empfang, andere buchen einen Tanzkurs. Möbelunternehmer Bobby Dekeyser hat seine eigene Methode. Wenn er auf Ibiza sei, wandere er immer einen Berg hoch: „Wer in der Natur keine Demut empfindet, dem ist auch nicht mehr zu helfen.“