Immer wieder stelle ich fest, dass es so vielen Privatanlegern an Selbstvertrauen mangelt. Das ist ein Jammer. Wenn es um Research und die Suche nach der besten Aktienanlage geht, haben sie kapituliert. Sie fühlen sich verloren in einer komplizierten Datenflut, überschüttet von Tagesmeldungen. Makroökonomische Statistiken und volkswirtschaftliche Konjunkturprognosen wirken auf den Investor wie ein Lähmungsgift. Zusätzlich verbreitet das politische Getöse mit dem Fokus auf Krisenherde und den Problemen von Minderheiten übermäßig Angst und Schrecken.
Der zu große Respekt vor dem Finanzsystem mit seinem Fachchinesisch ist unnötig. Er führt den Geldanleger auf die falsche Fährte. Wie ich es sehe, rennt die Schar der Investoren verblendet hinter Bankberatern, Analysten oder TV-Finanzexperten hinterher. Begierig hoffen sie, den einen oder anderen Aktientipp aufzuschnappen.
Die Suche nach dem sicheren Hafen für Ihr Kapital ist keine Sache, die sich in noblen Besprechungszimmern im Wolkenkratzer abspielen muss. Und auch für denjenigen Geldanleger, der das Zepter selber in die Hand nehmen will, gilt: Research beginnt nicht mit einer akademischen Herausforderung im stillen Kämmerlein. Die Ausgangsbasis kann es nicht sein, zu nachtschlafender Zeit mit Sorgenfalten über dem Laptop zu brüten - von Chatroom zu Chatroom jagend. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der Anleger am Ende doch ein Opfer von gewieften Manipulateuren und Drahtziehern wird.
Zur Person
Nach einer Industriekarriere ist Elsässer seit 1998 selbständiger Value Investor und gründete vor dreizehn Jahren den Value Fonds "ME Fonds - Special Values“ (www.aqualutum.de). Elsässer wuchs in London, Hongkong und Paris auf. Nach Banklehre und Wirtschaftsstudium in Köln arbeitete er in einer Wirtschaftsprüfungs-Sozietät, als Finanzdirektor bei Dow Chemical Deutschland, in Sydney für Benckiser und in Singapur für die Storck Gruppe. Darüber hinaus arbeitete er einige Jahre eng mit dem New Yorker Investor Guy Wyser-Pratte zusammen, mit dem er unter anderem 2001 gegen den Rüstungskonzern Rheinmetall zu Felde zog. Im Jahr 2012 gründete er mit dem Profifußballer Simon Rolfes das Sport-Management Unternehmen Rolfes & Elsässer - The Career Company.
Wie so oft sind die richtig guten Lösungen recht einfach. Auf der Suche nach überzeugenden Aktienanlagen heißt es, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Im Alltag sind wir umgeben von Firmen, Markenartikeln, Dienstleistungen und Produkten. Ich habe mir schon früh in meinem Leben angewöhnt, alles was mich umgibt auf ein mögliches Investment hin im Kopf zu speichern und zu filtern.
Es kommt also auf die Programmierung der eigenen Gedankengänge an. Die Umwandlung dessen, was man sieht oder womit man sich beschäftigt, auf die Börse hin abzuklopfen, das ist der Trick. Das Umdenken kostet nichts, nur ein wenig Mühe und Disziplin zu Anfang.
Der Vorteil besteht darin, dass der Geldanleger diesen Research-Filter ständig bei sich trägt. Ganz egal, wo er sich befindet, der Apparat steht immer zur Verfügung. Der Investor ist nicht von anderen abhängig. Je länger er dieses „gedankliche Umwandlungsmodell“ praktiziert, umso leichter wird es ihm von der Hand gehen. Wer auf diese Art und Weise seine Gehirnzellen trainiert, der wird feststellen, dass das Abklopfen auf ein mögliches Börseninvestment hin nach einer Weile quasi per Autopilot abläuft.
Mancher Geldanleger wird mit Schrecken feststellen, was er alles verpasst hat. Vor seiner Nase, Tag für Tag, ohne Finanzmathematik, hat er die besten Geldanlagen de facto zwar gesehen, aber eben doch nicht als Investor die Riesenchance erkannt.
Machen wir doch einmal einen Gang durch eine beliebige Stadt. In der Fußgängerzone fallen einem Filialisten auf. Drogerieketten der Firmen DM, Rossmann oder Müller - leider Fehlanzeige. Die Drogeriesparte gehört offensichtlich Privateigentümern. Da ist für den Geldanleger offensichtlich nichts zu machen. Die Firmen sind nicht an der Börse notiert. Der eifrige Geldanleger gibt hier jedoch nicht auf.
Gehen wir doch in einen der Drogerieläden hinein, dann finden wir bekannte Markenartikel. Zum Beispiel: Nivea und L‘Oreal Pflegemittel. Weiter hinten stehen Persil Waschmittel und Calgon für die Waschmaschine im Regal. Sie werden zugeben, um dies zu entdecken, bedarf es keines Vermögensverwalters. Wahrscheinlich kennt fast jeder Investor diese Marken seit seiner Kindheit. Und wahrscheinlich hat er im Verlauf der Zeit selbst festgestellt oder zu hören bekommen, dass die Qualität stimmt und die Artikel Jahr ein Jahr aus von treuen Konsumenten gekauft werden.
Alleine mit diesem fiktiven, kurzen Drogeriebesuch, hätten Sie als Geldanleger einen Volltreffer gelandet. Hinter diesen vier Markenartikeln stehen die Aktiengesellschaften Beiersdorf, L Oreal, Henkel und Reckitt Benckiser. Sie sind alle seit langer Zeit an der Börse notiert. Ich empfehle Ihnen, sich erst einmal hinzusetzen, bevor Sie zu Hause - nach Ihrem Stadtgang - den Computer anwerfen. Sie werden staunen, was Ihnen entgangen ist. Das wird ein Schock für Sie.
Wenn Sie sich die Kursentwicklungen der Aktien, am besten die Zehnjahrescharts, anschauen, dann werden Sie sehen, dass sich Ihr Kapital alleine nur mit diesen vier Aktien vervielfacht hätte. Vergleichen wir die Kurse vom Mai 2006 mit denen vom Mai 2016: Beiersdorf (Nivea) sind von 37 Euro auf 80 Euro im Kurs gestiegen, L Oreal im gleichen Zeitraum von 71 Euro auf 158 Euro, die Henkel-Aktie (Persil) von 29 Euro auf 100 Euro und die gute Firma Reckitt Benckiser (Calgon) von 19 auf 66 britische Pfund.
In den zehn Jahren haben diese vier Aktien zwei Börsenzusammenbrüche (2002 und 2008) überstanden. Eine Gefährdung des Unternehmens stand zu keiner Zeit zur Debatte. Leider liefert das Internet kaum noch weitergehende historische Daten. Ich kann Ihnen aber versichern, dass der 15-Jahreschart und der 20-Jahreschart noch beeindruckender sind. Gleichzeitig sind die jährlichen Dividendenausschüttungen von Beiersdorf, L Oreal, Henkel und Reckitt Benckiser in den vergangenen zehn Jahren substanziell gestiegen.
Das „Betrachtungs-Universum“ für den Geldanleger ist nahezu unerschöpflich. Ob zu Hause, im Urlaub oder auf Geschäftsreisen: Es bleibt ganz Ihnen überlassen, wohin Sie schauen. Ob Sie mit einem Audi-Mietwagen in die Tiefgarage fahren, in einen Aufzug von Schindler steigen, oben in der Hotellobby einen Jack Daniels Whiskey zu sich nehmen. Ob Ihr Installateur zu Hause bei der Badezimmerrenovierung eine Geberit-WC-Spülung einbaut oder ob Ihr betagter Vater ein neues Hüftgelenk im Krankenhaus bekommt. Oder schauen Sie sich in Ihrem beruflichen Umfeld der Konkurrenz, Ihrer Kunden und Lieferanten um - ganz gleich, überall werden Sie auf erstaunliche Investmentideen stoßen.
Wenn Sie sich unsicher sind, dann gehen Sie mit Ihrem eigenen Ideenkatalog zu einem Profi; am besten zu einem Berater Ihres Vertrauens, der sich mit Bilanzen auskennt. So gehen Sie sicher, dass das Unternehmen auch finanziell solide dasteht.
Im Fazit: Lassen Sie sich nicht irre machen, aber wenden Sie sich von der Börse als Spekulationsanstalt ab. Konzentrieren Sie sich an der Börse stattdessen lieber auf erstklassige Unternehmen. An diesen würde ich mich dann - wie ein Unternehmer - langfristig als Aktionär beteiligen. Und wo finden Sie die guten Ideen? Vor Ihrer Haustür.