Erstens sollte ein Aktiendepot nur eine begrenzte und feste Anzahl von Positionen enthalten. Ich nenne dies: „Meine Parkplätze“. Ist der Parkplatz voll, ist eben kein Platz für einen weiteren Zukauf von einer neuen Aktie. Das diszipliniert ungemein. Denn bevor ich mich emotional zu einem weiteren Engagement hinreißen lasse, muss ich erst einmal eine alte Aktie im Depot verkaufen. Und dabei stellt sich dann die Frage: ist die neue Aktie denn wirklich so viel besser als die alte Idee?
Das hört sich so nach gar nichts an. Aber Sie glauben gar nicht, wie viele Depotaufstellungen ich im Verlauf meines Lebens schon gesehen habe, die sich über sechs Seiten erstreckten und 70 Aktienposten enthielten. „Wegen des Risikoausgleichs“, heißt es dann immer. Das ist ein grober Unfug. Ab einer gewissen Anzahl von Aktien kann kein Mensch mehr den Überblick behalten, wie es bei den einzelnen Unternehmen zugeht. Also schlummern die Risiken im Wust des Depots und das Ganze basiert lediglich auf der Hoffnung: „Wenn ich so viel Verschiedenes habe, dann wird schon nichts Böses passieren“.
Ich halte nichts von diesem „Gießkannen-Prinzip“. Hauptsache man bewässert unbedacht eine große Fläche, irgendwo wird schon etwas sprießen? Ich wässere lieber ganz gezielt, was ich auch mit vollem Verstand als Setzling gepflanzt habe. Ob sie nun 25 oder 35 Aktienposten für Ihr Depot auswählen, das ist reine Geschmacksache und ganz Ihnen überlassen. Aber mehr Aktien sollten es wirklich nicht sein.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Und nun kommt die zweite wichtige Empfehlung: Gewichten Sie Ihre Aktien gleichermaßen. Also, wenn Sie sich für 30 Positionen in Ihrem Depot entscheiden, dann sollte jeder Aktienposten etwa drei Prozent des Depotvolumens einnehmen. Sind es 25 Aktien, dann wird in jede Ihrer Aktien oder Aktienfonds vier Prozent investiert.
Klumpenrisiken bei Aktienverliebten
Warum ist dies von Bedeutung? Es verhindert zum einen, dass die „Pferde mit Ihnen durchgehen“. Es ist gar nicht so selten, dass man sich in eine gewisse Aktie „verliebt“. Da ist man total überzeugt, glaubt besonderes Wissen zu besitzen, kauft unverdrossen bei fallenden Kursen nach, und ehe man sich versieht, hat man ein „Klumpenrisiko“ im Depot. So ein Aktienposten nimmt dann plötzlich 15 Prozent des Depotvolumens ein. Das ist ein gefährliches Einzelrisiko. Davon halte ich nichts.
Zum anderen sorgt die emotionslose Gleichgewichtung der Posten dafür, dass Sie sich besser überlegen, ob Sie der Aktie oder dem Aktienfonds wirklich vertrauen. Denn Sie müssen ja drei oder vier Prozent des Depots (in unserem Fallbeispiel oben) dann auch investieren. Da braucht es eine bewusste und klare Entscheidung.
Wie sieht es aber in der Realität meistens aus? Der Anleger hört von einer vermeintlich interessanten Aktie, der Berater empfiehlt ein Papier, der Anleger ist sich nicht schlüssig, will aber auch nicht Nein sagen. „Ach, dann kaufen Sie mal für 10.000,- Euro“, so heißt es dann und der Anleger hat schon wieder einen „angebissenen Apfel“ ohne große strategische Überlegung im Depot „rumliegen“. So wird das nichts, das kann ich Ihnen versichern.
Also: Wenn es um Ihr Aktiendepot geht, bitte nehmen Sie sich vor, eine feste und disziplinierte Struktur anzusteuern. Legen Sie eine nicht allzu große Anzahl an „Parkplätzen“ im Depot fest und verteilen Sie Ihre Investments in gleichen Größen auf die jeweilige „Parkposition“.
Faire Chance auf Gewinn- und Verlustausgleich
Das machen Sie natürlich nicht alles auf einen Schlag, sondern bauen das nach und nach auf. Schritt für Schritt kommen Sie dann Ihrem Depot-Endziel näher. Nach einer Weile haben Sie schließlich, zum Beispiel, 30 gute Aktien oder Aktienfonds zu je drei Prozent im Depot.
Sie werden sehen, was das für ein gutes Gefühl sein wird. Sie wissen, was Sie haben, wo Ihr Geld eigentlich sitzt und können der Entwicklung ruhig entgegen sehen. Die eine Aktie wird sich besser als die andere im Kurs entwickeln. Aber Sie haben eine faire Chance, dass sich das Eine mit dem Anderen per Saldo schön ausgleichen wird.
Wenn Sie dieses Strukturmodell im Depot beharrlich durchhalten und beherzigen, dann haben Sie auch bei weiteren Geldzuflüssen keine Kopfschmerzen. Sie wissen ja, nach welcher Methode die neuen Mittel ins Aktiendepot zu fließen haben. Immer nach festen Prozentanteilen auf die „Parkplätze“. Das wird Ihnen viel Ruhe geben. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei. Wachsen Sie in die Größe. Sie haben es verdient.