Es rappelt auf den internationalen Finanzmärkten: Chinas Zentralbank hat am Mittwoch den zweiten Tag in Folge den Yuan massiv abgewertet. Nach 1,9 Prozent am Dienstag waren es nun 1,6 Prozent Abschlag auf den Kurs vom Vortag. Damit hat die People's Bank of China die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt. Anleger sind angesichts der deutlichen Interventionen der Chinesen verunsichert und fürchten bereits einen Währungskrieg. Gleichzeitig könnte eine schwächelnde chinesische Volkswirtschaft zahlreiche andere Länder mit nach unten reißen. Doch wie wahrscheinlich sind diese Szenarien? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was genau hat die chinesische Notenbank gemacht?
Da der Yuan nicht wie andere Währungen frei handelbar ist, legt die Zentralbank jeden Tag einen Referenzkurs fest. Um diesen darf der Yuan dann innerhalb eines Korridors von zwei Prozent schwanken. Nachdem der Referenzkurs am Dienstag bei 6,22 Yuan je Dollar lag, waren es am Mittwoch 6,43 Yuan je Dollar.
Umstritten ist, was hinter der Maßnahme steckt. Wie begründet die People's Bank of China die Abwertung?
In einer Mitteilung vom Dienstag sprach die Notenbank von einer „einmaligen Anpassung“. Demnach diene der Schritt als weitere Annäherung an marktwirtschaftliche Mechanismen. Künftig solle sich der Mittelwert des Yuan am Marktgeschehen und an den Schlusskursen des Vortages orientieren. Die Bank teilte außerdem mit, den Yuan auf einem „angemessenen“ Niveau stabil halten zu wollen. Langfristig strebt die chinesische Regierung einen frei handelbaren Yuan an, die Währung soll in den Korb der Reservewährungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen werden. Der Fonds bewertete die Maßnahme der chinesischen Notenbank denn auch positiv. Dank der neuen Methode zur Bestimmung des Referenzkurses dürften die Marktkräfte künftig eine größere Rolle bei der Festlegung des Wechselkurses haben. Dies sei ein "willkommener Schritt" in Richtung einer größeren Flexibilität, hieß es seitens des Fonds.
Die fünf großen Gefahren für Chinas Wirtschaftswachstum
Seit Jahren schießen die Immobilienpreise in Chinas Großstädten in ungeahnte Höhen - seit Monaten mehren sich jedoch Zeichen für einen Kollaps.
Neben den trägen Staatsbanken hat sich in China ein großer Markt von nicht-registrierten Geldinstituten etabliert, die der Staat bislang nicht kontrollieren kann.
Banken haben ohne genaue Prüfung Firmen immense Kredite für unproduktive und verschwenderische Investitionen gegeben.
Mit Subventionen der Regierung haben viele Branchen gewaltige Überkapazitäten aufgebaut, beispielsweise die Solarindustrie. Aber sie werden ihre Produkte nicht los.
Chinas Wirtschaft hängt vom Export ab. Geraten wichtige Abnehmerländer in Krisen, hat auch China Probleme.
Warum dann die Zweifel und Aufregung an den Märkten?
Viele Beobachtern glauben nicht an diese wohlwollende Erklärung. Die Maßnahmen der chinesischen Zentralbank ließen Zweifel an der konjunkturellen Verfassung Chinas aufkommen, meint NordLB-Analyst Frederik Kunze. Diese These wird vor allem von aktuellen, schlechten Konjunkturdaten aus dem Reich der Mitte untermauert. Mit Industrieproduktion, Anlageinvestitionen und Einzelhandel schnitten nach Angaben des Statistikamtes vom Mittwoch gleich drei Konjunkturindikatoren schlechter ab als erwartet. Insbesondere die schlechte Performance der chinesischen Industrie bereitet Beobachtern Bauchschmerzen. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist sie nur noch um sechs Prozent gewachsen, im Juni waren es noch 6,8 Prozent gewesen. Was nach hohem Wachstum klingt, ist für die einstige "Werkbank der Welt" ein vergleichsweise schlechtes Ergebnis. Beobachter rechnen damit, dass unter diesen Voraussetzungen die von der Regierung in diesem Jahrangestrebten sieben Prozent Wachstum nicht erreicht werden können. Zuletzt sagten offizielle Daten zwar, dass die chinesische Wirtschaft genau so schnell wächst, viele Beobachter zweifelten allerdings an den Zahlen. Hinzu kommt, das auch die Ausfuhren schwächeln. Im Juli brachen die Exporte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,3 Prozent ein. Kein Wunder, dass viele Marktteilnehmer in der Abwertung des Yuan eher ein Manöver sehen, um die schlechten Zahlen noch irgendwie zu retten.
Beobachter befürchten Währungskrieg
Wie profitiert China von der Abwertung?
Angesichts der Tatsache, dass Chinas Wirtschaft stark von Ausfuhren abhängig ist, werden die marktwirtschaftlichen Absichten der Notenbank schnell angezweifelt. Denn mit der Abwertung des Yuan werden Exporte nach China teurer, chinesische Waren auf dem Weltmarkt dagegen wettbewerbsfähiger. Chinesische Waren werden im Ausland wieder günstiger, Peking verschafft seinen Exporteuren einen nicht unerheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.
Wer hat das Nachsehen?
Während Chinas Wirtschaft von der Maßnahme profitieren könnte, leiden die Wettbewerber. "Die Abwertung hat zu einer Schockwelle auf regionalen asiatischen Devisenmärkten geführt", sagt Clifford Lau, Fixed Income-Vorstand für die Asien-Pazifik-Region bei der Investmentgesellschaft Columbia Threadneedle. Betroffen seien vor allem Länder wie Südkorea, Singapur oder Taiwan, deren Wachstum ebenso exportabhängig ist wie das chinesische. Schon jetzt hat die chinesische Notenbank ihre Kollegen in anderen asiatischen Volkswirtschaften unter Druck gesetzt, denn diese stehen mit China im direkten Wettbewerb. Die vietnamesische Notenbank beispielsweise hat ihre Währung Dong am Mittwoch ebenfalls abgewertet.
Ebenfalls hart getroffen sind Länder mit hohen Rohstoffvorkommen, deren Wirtschaft in hohem Maße Abhängig von den Einnahmen aus dem Sektor sind. Dazu gehören unter anderem Südafrika, Russland und Brasilien. China gilt als einer der wichtigsten Abnehmer. Schwächelt die Wirtschaft könnten die sinkenden Rohstoffimporte Chinas andere Volkswirtschaften mit in die Problemzone reißen. Werden Importe für China teurer, könnte das auch die Ölnachfrage senken, das Land ist der zweitgrößte Ölimporteur weltweit. Der Ölpreis ist daher seit Tagen auf Talfahrt.
Warnsignal aus China: Wie schlecht steht es um die Wirtschaft?
Ist China das einzige Problem der Schwellenländer?
Nein, die Lage in vielen Schwellenländern ist komplizierter, sie leiden vor allem unter hohen Kapitalabflüssen. Das liegt vor allem an der konjunkturellen Erholung in den USA und der bevorstehenden Zinswende durch die US-Notenbank. Gewinnt der Dollar an Wert, weil die verfügbare Geldmenge gesenkt wird, verlieren die anderen Währungen - das Kapital wird aus Schwellenländern abgezogen und angesichts der Aussicht auf steigende Renditen wieder in den USA investiert. Das Problem an diesem Kreislauf: viele Länder haben Kredite in Dollar aufgenommen. Verlieren ihre Währungen gegenüber dem Greenback, wird es für die Volkswirtschaften immer schwerer, die Zinsen zu bedienen. Hinzu kommen die spezifischen Probleme. In Südafrika etwa sorgt die schwächelnde Rohstoffnachfrage dafür, dass Minenbetreiber kürzen müssen, die Arbeitslosigkeit steigt massiv an.
Auch Brasilien hat große Probleme, die US-Ratingagentur Moody's stufte die Kreditwürdigkeit des fünftgrößten Landes der Welt auf „Baa3“ herunter, das ist fast Ramsch-Niveau. Auch hier spielen die niedrigen Rohstoffpreise eine Rolle, hinzu kommt eine hohe Inflation und Korruption im Land.
Das sind die wettbewerbsfähigsten Länder der Welt
Während Deutschland im Vorjahr noch auf Rang sechs lag, schafft es die Bundesrepublik in diesem Jahr nur noch auf den zehnten Platz. Der mitteleuropäische Staat steht 2015 vor vielen Herausforderungen. Dazu gehört der Druck, die Energiewende zu meistern, die digitale Transformation der Industrie voranzutreiben und private und öffentliche Investitionen zu fördern.
Bauen kann Deutschland auf seine hoch qualifizierten Arbeitskräfte und eine Politik der Stabilität und Vorhersehbarkeit.
Schweden fällt im Vergleich zu 2014 um vier Ränge von Platz fünf auf Platz neun. Das nordeuropäische Königreich kann besonders mit qualifizierten Arbeitskräften, den stabilen politischen Verhältnissen, einem wirksamen Rechtssystem und einem starken Fokus auf Forschung und Entwicklung glänzen. Auch das Bildungsniveau ist sehr hoch und die Infrastruktur sehr verlässlich.
Auch Dänemark konnte sich im Vergleich zum Vorjahr verbessern, von Platz neun geht es hoch auf Platz acht. Gut schneidet das nordeuropäische Königreich bei Managementpraktiken, Gesundheit und Umwelt sowie Arbeitsstandards ab. Auf dem ersten Rang landet Dänemark in der Kategorie der Regierungseffizienz gleich fünf Mal, denn es zeichnet sich nicht nur durch eine besonders große Rechtstaatlichkeit aus, sondern auch dadurch, dass Bestechung und Korruption kaum eine Chance haben.
Norwegen kann im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von drei Plätzen verzeichnen und landet damit auf dem siebten Platz. Die skandinavische Halbinsel kann vor allem mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufwarten, mit denen sie im internationalen Vergleich auf Platz eins landet. Weitere Faktoren, mit denen Norwegen punkten kann, sind im Bereich der Regierungseffizienz zu finden. Chancengleichheit, Transparenz sowie Rechtstaatlichkeit sind nur einige der besonders effektiven Maßnahmen der öffentlichen Hand.
Für Luxemburg ging es von Platz elf im Jahr 2014 hoch auf Platz sechs. Sehr gut schneidet das Großherzogtum im Bereich der politischen Stabilität, der wettbewerbsfähigen Besteuerung, des unternehmerfreundlichen Umfeldes und der qualifizierten Arbeitskräfte ab.
Kanada hat es in diesem Jahr auf Platz fünf geschafft. Im Vorjahr landete der nordamerikanische Staat noch auf Platz sieben des IMD World Competitiveness Ranking. Die gute Platzierung hat Kanada vor allem der Stabilität und Vorhersehbarkeit in der Politik, dem hohen Bildungsniveau, qualifizierten Arbeitskräften und einem wirksamen Rechtssystem zu verdanken. Ganz gut schneidet Kanada auch aufgrund einer unternehmerfreundlichen Umgebung und einer offenen und positiven Haltung ab.
Der vierte Platz geht in diesem Jahr an die Schweiz. Unternehmen aus aller Welt wissen vor allem die sehr gute Infrastruktur des kleinen Alpenstaates zu schätzen. Die hohe Bildung und der Umweltschutz landen gar im Vergleich zu 2014 nicht mehr nur auf Platz drei, sondern gleich auf der Eins. Auch die robuste Wirtschaft, Arbeitsstandards, geringe Entlassungs- sowie Kapitalkosten sind im internationalen Vergleich so gut wie unschlagbar.
Unter die ersten drei schafft es in diesem - wie auch schon im vergangenen Jahr - der Insel- und Stadtstaat Singapur. Besonders punkten konnte das asiatische Land bei Unternehmen in diesem Jahr mit seinem institutionellen Rahmen, der im weltweiten Vergleich auf Rang eins landet. Außerdem liegt Singapur bei der technologischen Infrastruktur sowie der Bildung ganz weit vorne.
Platz zwei geht an die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong. Im Vergleich zum Vorjahr hat die chinesische Metropole zwei Plätze gut gemacht. Unternehmen aus aller Welt schätzen Hongkong insbesondere aufgrund der betriebswirtschaftlichen Gesetzgebung, der Managementpraktiken, der unternehmerischen Einstellungen und Werte und der technologischen Infrastruktur. Ganz gut steht Hongkong auch bei internationalen Investitionen, der Fiskalpolitik und bei den Betriebsfinanzen da.
Die wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Das hat das IMD World Competitiveness Center in seiner aktuellen Vergleichsstudie bekannt gegeben.
Besonders attraktiv finden Firmen in den USA - laut Ranking - die dynamische Wirtschaft (66,2 Prozent), den guten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten (55,1 Prozent), den starken Fokus auf Forschung und Entwicklung (49,3 Prozent) sowie das unternehmensfreundliche Umfeld (43,4 Prozent).
Punkten können die USA zudem als attraktiver Forschungsstandort. Nachholbedarf gibt es im Bereich der Schulbildung.
Ist die Angst vor einem Währungskrieg berechtigt?
Angesichts dieser massiven Probleme bei den Wettbewerbern Chinas warnen Beobachter vor einem Wettabwerten der Notenbanken, also einem Währungskrieg. Wie wahrscheinlich ein solches Abwertungsrennen der Zentralbanken ist, lässt sich aktuell schwer sagen. Zwei Interventionen seitens China reichen dafür nicht aus. Die Warnung vor einem solchen Währungskrieg ist durchaus legitim, vor allem aufgrund der schwerwiegenden Folgen, die so ein Szenario für die Weltwirtschaft hätte. Allerdings dürfen einige der aktuellen Warnungen auch als Instrumentarium gewertet werden. So nutzt beispielsweise US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump die Debatte, um auf sich aufmerksam zu machen. "Sie zerstören uns einfach", schimpfte Trump öffentlichkeitswirksam in einem CNN-Interview. Die chinesische Regierung werde die Währung so lange schwächen, bis sich für sie ein Erfolg einstelle. "Sie werten den Yuan stark ab. Und das wird verheerend für uns", sagte der Milliardär. US-Produkte werden durch die Abwertung in China teurer, das könnte vor allem globale Konzerne wie Apple treffen.
Dax auf Talfahrt
Was heißt das für Deutschland?
Entsprechend teurer werden natürlich auch deutsche Produkte in China. Noch gibt sich die deutsche Wirtschaft gelassen. "China bleibt Motor der Weltwirtschaft", glaubt Henkel-Chef Kasper Rorsted. Auch Siemens-Chef Joe Kaeser warnte, es sei wichtig, nicht in Panik zu verfallen. Die deutschen Maschinenbauer erklärten, der Wettbewerb steige zwar an einigen Stellen, allerdings seien deutsche Unternehmen aufgrund ihrer Qualität "made in Germany" oft in anderen Marktsegmenten unterwegs als die chinesische Konkurrenz.
Härter ist die Lage für die deutschen Autobauer, die teilweise einen großen Teil ihrer Autos in China verkaufen. Die Währungsabwertung wirkt für sie zweigleisig. Einerseits sind zwar die Einnahmen in Euro umgerechnet weniger wert. Dafür wird die Produktion in China umgerechnet günstiger. Gravierender wirkt sich die schwächelnde Konsumnachfrage der Chinesen aus. Gerade VW, die auch im mittleren Preisbereich des chinesischen Automarktes viel verkaufen, dürfte unter der Situation leiden. Trotz Rabatten verzeichnete der Branchenverband in China den stärksten Absatzrückgang seit zweieinhalb Jahren.
Wie reagiert der Dax?
Im Dax gehörten die deutschen Autokonzerne zu den größten Verlierern. Insgesamt überwogen die Verkäufer an der Börse, der Dax pendelte bis zum Nachmittag relativ konstant bei einem Verlust von mehr als zwei Prozent und erreichte mit 10.983 Zählern den tiefsten Stand seit fünf Wochen.
Wie reagieren andere Anlagen?
Die Anleihekurse steigen wieder, insbesondere die als sicherer Hafen geltenden Bunds sind gefragt. Die Rendite zweijähriger Bundesanleihen sackten auf ein neues Rekordtief. "Die Märkte haben eine 180 Grad-Kehrwende vollzogen”, sagte Daniel Lenz, Marktstratege bei der DZ Bank AG in Frankfurt. Während die Renditen Anfang dieser Woche angesichts der erwarteten Leitzinserhöhung in den USA noch gestiegen seien, hätten die China-Sorgen nun eine Gegenbewegung ausgelöst, so Lenz. "Die Nachfrage nach der zehnjährigen Bundesanleihe könnte höher sein als angenommen", sagte der Analyst.
Der große Wunsch nach Sicherheit verleiht auch dem Goldpreis neuen Schwung. "Der Goldpreis ist die Summe aller Ängste und reflektiert die Nervosität der Märkte, nachdem der Yuan abgewertet wurde", sagt Ross Norman, Chef des Londoner Edelmetallhändlers Sharps Pixley, gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Mit Material von Reuters und dpa.