Microsoft kauft LinkedIn Analysten sehen Übernahme als Notausstieg

Teure Freundschaftsanfrage: Noch niemals hat Microsoft so viel Geld ausgegeben wie für LinkedIn. Doch Analysten sind überwiegend positiv gestimmt. Wenn es denn diesmal richtig gemacht wird. Und da bleiben Fragezeichen.

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Ein gedrucktes 3D-Logo von Microsoft ist vor einem LinkedIn-Logo zu sehen. Analysten sehen für die Fusion einige Risikofaktoren. Quelle: Reuters

26 Milliarden Dollar: Noch nie hat Microsoft so viel Geld für den Zukauf eines Unternehmens ausgegeben wie für die Job-Plattform LinkedIn. Angesichts saturierter Märkte in Microsofts Kernmärkten Windows und Office und einer sehr schwammigen Strategie für die mobilen Märkte begrüßen die meisten Analysten am Montag die Offerte. Doch macht das alles Sinn, angesichts des hohen Kaufpreises für ein Unternehmen mit rund drei Milliarden Dollar Jahresumsatz, das noch nie Gewinn gemacht hat und mit 105 Millionen aktiven monatlichen Nutzern noch weniger Nutzer hat als Twitter?

Die Investmentberater von Morningstar heben in der Tat den verhältnismäßig hohen Kaufpreis hervor, betrachten den Kauf aber trotzdem als Chance. „Obwohl der Preis von 196 Dollar, inclusive Barbeständen, einen Aufpreis gegenüber unserem fairen Wert von 155 Dollar für LinkedIn darstellt, glauben wir, dass es einen guter Preis ist, angesichts der rapide wachsenden Nutzerbasis und des potenziellen adressierbaren Marktes von 115 Milliarden Dollar.“ Morningstar behält in einem Update vom Montag sein Kursziel von 61 Dollar für die Microsoft-Aktie bei.

Richard Windsor von Edison Investment Research weist auf einen potenziellen Risikofaktor hin. „Da LinkedIn als eigenständiges Unternehmen erhalten bleiben soll, wird es lange dauern, bevor Microsoft das volle Potenzial des Deals ausschöpfen kann, wenn überhaupt jemals“, gibt der Analyst zu bedenken.

Mark Skilton von der Warwick Business School im britischen Coventry sieht die Übernahme als Notausstieg für die LinkedIn-Aktionäre: „Die langanhaltenden Gerüchte, dass LinkedIn nicht in der Lage ist trotz seit 2011 sinkender Nettogewinne neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, haben sich bewahrheitet“, analysiert er die plötzliche und reibungslose Übernahme, der das Board und der Vorstand von LinkedIn offenbar ohne weitere Forderungen zugestimmt hat. Ein Gegenbieter ist bislang auch nicht in Sicht.

Der Übernahmepreis pro Aktie liegt immerhin rund 70 Dollar unter dem Allzeithoch von Anfang 2015 bei gut 270 Dollar. LinkedIn selbst spricht in einer Mitteilung auch von einem Tag der „Neugründung“ des Unternehmens. Bei Microsoft hingegen erkennt der Wirtschaftsexperte gute Gründe für den Kauf: „Vor dem Hintergrund von Microsofts Cloud-Plattform und dem Angebot an Business-Software macht es Sinn und hilft, die Kapazitäten in dem Bereich auszubauen.“

Die Bedeutung einer nahtlosen Integration hebt auch Linda Sullivan, Partnerin bei Cavendish Corporate Finance hervor. „Diese signifikante Akquisition stellt einen weiteren Schritt Microsofts in das social Networking für Unternehmen nach der Akquisition von Yammer 2012 dar“, so Sullivan. „Kurzfristig liegt der Charme in der Integration mit Office 365, langfristig in der Integration mit dem Sprach-Assistenten Cortana und künstlicher Intelligenz. Damit könnte LinkedIn, unter den Fittichen von Microsoft, zum Marktführer bei Personalentwicklung werden.“

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