Unter Firmengründer Carsten Rodbertus hatte Prokon von 75000 Anlegern 1,4 Milliarden Euro eingesammelt. Diese wurde mit bis zu acht Prozent verzinst. Das ging schief. Anfang 2014 musste der Konzern Insolvenz anmelden, nach Zahl der Gläubiger eine der größten in der Geschichte der Bundesrepublik. Das Verfahren ist seit 31. Juli 2015 beendet, Prokon ist nun eine Genossenschaft, mit dem Kerngeschäft Windenergie. Windparks im Wert von rund 500 Millionen Euro dienen nun als Sicherheit für eine Anleihe im gleichen Umfang. Sie bietet 3,5 Prozent Zins, wird über 15 Jahre getilgt und stellt für 63.000 Altanleger einen Teil ihrer Quote dar. Das Papier wird den Genussrechtsgläubigern kostenlos ins Depot gebucht. Gläubiger, die lieber Bares sehen möchten, können die Anleihe entweder selbst an der Börse verkaufen oder abwarten, bis das Management das Papier für sie an der Börse veräußert hat. Prokon will alle unerwünschten Anleihen kurschonend über zwölf Monate veräußern. Gertrud Hussla sprach mit Prokon-Vorstand Henning von Stechow darüber.
Zur Person
Henning von Stechow, 46, ist seit 1. April gemeinsam mit Heiko Wuttke neuer Vorstand der Prokon Genossenschaft und ist dort für die kaufmännischen Aufgaben verantwortlich. Er war bis zuletzt Geschäftsführer der SET Select Energy GmbH in Hamburg. Zuvor war er als Prokurist einer Privatbank tätig und verfügt über umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet Mergers and Acquisitions im In- und Ausland. Er ist auch jetzt noch viel auf Reisen. Das Interview hat er per Handy von unterwegs gegeben.
Herr von Stechow, werden Sie für sich privat die Anleihe kaufen?
Ja, ganz bestimmt. In welcher Höhe, das muss ich erst mit meiner Frau besprechen. Aber ganz sicher werden wir keinen Minibetrag dort investieren.
Aber Prokon kommt doch gerade erst aus der Insolvenz, und die Rahmenbedingungen für Windparks verschlechtern sich. Wie kann das über 15 Jahre gut gehen?
Die Anleihe ist so ausgestaltet, dass Zinsen und Tilgung aus den Erträgen der bestehenden Windparks gezahlt werden können. Der von diesen Parks erzeugte Strom wird, außer bei den Parks in Polen, nach den bestehenden Gesetzen mit festen Einspeisevergütungen vergütet. Damit ist die Höhe der Erträge aus diesen Windparks gut planbar.
Und was, wenn der Wind nicht so bläst, wie er soll?
Unsere Planungen basieren teilweise auf den Werten der letzten zwanzig Jahre, die auf lange Sicht sehr stabil sind. Die Annahmen sind realistisch.
Ist die Prokon-Aktie ein Risikopapier?
Warum wurde die Anleihe dann nicht geratet?
Ein Rating hat der Insolvenzplan nicht vorgesehen. Auch hätte die Einholung eines Ratings viel Zeit gekostet und wäre in dem engen Zeitplan bis zur Emission kaum zu schaffen gewesen.
Zins- und Tilgungen werden Prokon anfänglich über 50 Millionen Euro kosten. Kann der Windparkkonzern das stemmen?
Wir haben letztes Jahr mit den bestehenden Windparks vor Zinsen, Tilgung, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) rund 66 Millionen Euro verdient. Die Anleihe zu bedienen wird uns anfänglich rund 54 Millionen Euro im Jahr an Zins und Tilgung kosten, in den Folgejahren immer weniger. Da bleibt also noch ein Puffer.
Kapitalmarktexperten finden, 3,5 Prozent Zins seien für eine nicht geratete Anleihe eines Unternehmens, das gerade aus der Insolvenz kommt, ziemlich wenig.
Dem Insolvenzverwalte kam es mit der Anleihe nicht darauf an, am Markt möglichst attraktive Konditionen zu bieten. Zinsen, die nicht zu den Erträgen passen, hat Prokon früher einmal gezahlt und das ist nicht gut gegangen. Hauptziel der Anleihe ist, den Prokon-Gläubigern über die Jahre eine realistische Quote auszubezahlen. Ich glaube, das wird mit dieser Anleihe gelingen. Im Übrigen sind im gegenwärtigen Umfeld 3,5 Prozent für eine besicherte Anleihe nicht wenig.
Ist es ein Risikopapier?
Das Risiko ist aus meiner Sicht allenfalls ein Kursrisiko. Sollten wir einen größeren Teil der Anleihe an der Börse und bei Investoren platzieren müssen, weil viele Bezugsberechtigte die Anleihe nicht zeichnen, könnte das den Kurs drücken. Das Ausfallrisiko halte ich dagegen für gering. Nach der Sanierung im Rahmen des Insolvenzverfahrens ist Prokon ein solide aufgestelltes Unternehmen. Unsere Windparks werden von einem sehr erfahrenen Team betrieben. Außerdem ist die Anleihe mit 53 bestehenden Windparks besichert.
Das sollen die vielen älteren Anleger tun, die nicht unbedingt 15 Jahre warten wollen, bis sie ihr Geld wieder haben?
Es ist beabsichtigt, dass die Anleihe ab Juli an der Hamburger Börse gehandelt wird. Wer die Anleihe zeichnet, kann sie später an der Börse verkaufen, wenn er sie nicht mehr halten möchte und damit den Zeitpunkt des Verkaufs selbst bestimmen. Nicht bezogene Anleihen werden von Prokon in den kommenden 12 Monaten veräußert. Der hierbei erzielte Erlös wird abzüglich Kosten an die Gläubiger ausbezahlt, die sich gegen den Bezug entschieden haben. Ein solcher Veräußerungserlös kann möglicherweise unter dem Betrag liegen, der bei einem späteren Verkauf über die Börse durch den Gläubiger selbst erzielt werden kann.
Wie war bislang die Resonanz der Gläubiger?
Den Gläubigern, die sich für einen Bezug der Anleihe entscheiden, wird sie kostenfrei ins Depot gebucht. Genaue Zahlen kann ich nicht nennen, das Angebot läuft ja noch bis 21. Juni. Aber die Resonanz war bislang sehr gut. Ich erwarte, dass der überwiegende Teil der Gläubiger die Anleihe zeichnen wird.