Stelter strategisch

Die besten Wetten gegen den Markt

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Regeln für Spekulationen gegen den Markt

Wer trotz dieser Mahnungen an der Spekulation gegen den Markt festhalten will, dem seien einige Hinweise mit auf dem Weg gegeben. Nennen wir sie „Stelters Regeln für Contrarians“:

1. Das ist eine Spekulation, die man nur mit einem kleinen Teil seines Vermögens wagen sollte. Der überwiegende Teil sollte kostengünstig und diversifiziert angelegt bleiben.

2. Gegen den Markt und die Zeit gleichzeitig zu spekulieren ist besonders gefährlich. Deshalb sollten „Shorts“, also Wetten auf fallende Kurse, nur mit wirklich entbehrlichen Mitteln getätigt werden. Natürlich kennen wir alle die Geschichten von den riesigen Vermögen, die in Börsencrashs verdient wurden – siehe das Beispiel des Spekulanten Jesse Livermore, der mit Leerverkäufen 1929 über 100 Millionen US-Dollar verdient haben soll. Über die Schicksale jener, die zu früh oder fälschlicherweise auf fallende Kurse gesetzt und alles verloren haben, wird wenig geschrieben.

von Alexander Busch, Lea Deuber, Philipp Mattheis

3. Wenn man einen Markt für zu hoch bewertet hält, genügt es, die eigene Position zu reduzieren, um Gewinne zu sichern. So wie Joseph Kennedy, Vater des späteren US-Präsidenten, der 1929 rechtzeitig ausstieg und so mehrere Millionen US-Dollar Gewinne sicherte. Im Rahmen der hier immer wieder empfohlenen Portfoliostrategie erfolgt dies automatisch durch das Re-Balancing, also den Verkauf der Assetklasse, die am besten gelaufen ist und die entsprechende Aufstockung der Assetklasse, die relativ am schlechtesten war.

4. Wenn man eine Aktie oder einen Markt für unterbewertet hält, so muss dies auf einer gründlichen Analyse basieren und nicht nur auf der Tatsache, dass der Markt oder die Aktie im Vorjahr stark gefallen ist. Es kann gute Gründe dafür geben, dass sich die Entwicklung fortsetzt.

5. Kauft man einen Wert basierend auf der Auffassung, dass eine Unterbewertung vorliegt, muss man bereit sein, lange durchzuhalten und bei weiteren Kursrückgängen zuzukaufen. Deshalb empfiehlt sich ein stufenweiser Einstieg.

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6. Man sollte auch bei dieser Spekulation nur Qualitätswerte kaufen. Nur diese geben eine Absicherung für den Fall, dass man mit der Bewertungsanalyse und dem Markttiming daneben liegt. Was Qualitätswerte sind, habe ich unter anderem hier diskutiert.

7. Zur Spekulation bieten sich neben dem direkten Kauf auch alternative Strategien an. Wenn ich beispielsweise eine Korrektur erwarte und bei dieser entsprechende Qualitätswerte kaufen möchte, so kann ich Verkaufsoptionen auf diese Werte schreiben, also als Stillhalter fungieren. Gerade bei gestiegener Volatilität an den Märkten wie zum Beispiel nach Ereignissen wie dem Brexit-Votum in Großbritannien und der Freigabe des Schweizer Franken kann dies eine lohnende Strategie sein.

8. Angesichts der Risiken verbietet sich die Spekulation auf Kredit.

Diese Liste ist nicht vollständig und der eine oder andere Leser wird Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge haben. Angewandt auf die heutige Lage bleibt es bei meiner Einschätzung: der Dollar dürfte im Jahresverlauf enttäuschen, die Börsen stehen vor einer Korrektur, die Zinsen werden deutlich schwanken und Gold perspektivisch zulegen.

Doch das ist Spekulation. Das disziplinierte Portfolio bleibt Strategie.

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