Blackrock-Ökonom "Great Britain läuft Gefahr, 'Little England' zu werden"

Das Brexit-Votum der Briten hält die Börse weiter in Atem. Blackrock-Chefanlagestratege Martin Lück erklärt, womit Anleger rechnen müssen und wie es um die britische Gesellschaft bestellt ist.

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Londoner Börse nach dem Brexit Quelle: dpa

WirtschaftsWoche Online: Die Briten haben für den Brexit gestimmt, Großbritannien möchte die EU verlassen. Die Märkte haben das mit massivem Kursverfall quittiert. Wie überrascht sind Sie vom Ergebnis?
Herr Martin Lück: Die Briten haben eine völlig irrationale Entscheidung getroffen. Man hat ihnen immer eine gewisse wirtschaftliche Vernunft unterstellt. Diese Entscheidung aber widerspricht jeder Vernunft, das hat mich überrascht. Dass die Marktreaktion mit diesem Ergebnis so heftig ausfällt, überrascht aber weniger.

Martin Lück, Ökonom beim weltweit größten Vermögensverwalter Blackrock Quelle: PR

Das Pfund hatte in den letzten Monaten bereits etwa zehn Prozent nachgegeben. Viele Beobachter dachten, die Angst vor einem möglichen Brexit sei in Teilen bereits „eingepreist“. Offenbar eine Fehleinschätzung.
In den vergangenen Tagen hat eine aus meiner Sicht irrational positive Stimmung an den Börsen geherrscht. Nach dem furchtbaren Mord an der Abgeordneten Jo Cox dachten viele Beobachter offenbar, dass die Wogen sich nun glätten würden. Über den Schock aber hat sich die fundamentale Einstellung vieler Briten nicht geändert. Gegen die Intuition haben viele Marktteilnehmer wieder Risikopositionen aufgebaut, das Pfund hat in der Woche vor dem Referendum wieder kräftig aufgeholt. Dass die Märkte bei diesem Ausgang dann komplett auf dem falschen Fuß erwischt wurden, ist nicht verwunderlich - und erklärt die heftigen Abverkäufe und entsprechend das Plus bei Krisenwährungen wie Gold oder Dollar.

Zur Person

Wie erklären Sie sich die branchenweite Fehleinschätzung der Lage?
Es gab zwei irrationale Momente. Das eine ist das Risiko, das viele Investoren aufgebaut haben. Sie waren zu optimistisch, dass Großbritannien drin bleibt. Irrational war aber auch das Referendum selbst mitsamt seinem Ausgang. Das alles beruht auf falschen Versprechen verantwortungsloser Populisten. Das, was das Brexit-Camp den Leuten erzählt, ist in weiten Teilen von Übertreibungen und sogar Lügen geprägt. Damit fügen die Briten sich selber massiven wirtschaftlichen Schaden zu.

Falsche Versprechen scheinen schon jetzt zu bröckeln. Brexit-Anführer Nigel Farage hatte angekündigt, die 350 Millionen Pfund, die Großbritannien angeblich wöchentlich an die EU überweist, sofort ins Gesundheitssystem zu investieren. Davon hat er bereits am Freitag, kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses, Abstand genommen.
Das muss man sich mal vorstellen. Nicht nur, dass die Zahlen hinten und vorne nicht stimmen. Sogar auf Boris Johnsons Wahlkampfbus stand das geschrieben. Das ist offensichtlicher, platter Populismus, von dem die Menschen sich haben einfangen lassen.

Welche Branchen besonders betroffen sind
AutoindustrieDie Queen fährt Land Rover – unter anderem. Autos von Bentley und Rolls-Royce stehen auch in der königlichen Garage. Die britischen Autobauer werden es künftig wohl etwas schwerer haben, ihre Autos nach Europa und den Rest der Welt zu exportieren – je nach dem, was die Verhandlungen über eine künftige Zusammenarbeit ergeben. Auch deutsche Autobauer sind betroffen: Jedes fünfte in Deutschland produzierte Auto geht nach Angaben des Branchenverbandes VDA ins Vereinigte Königreich. Autos deutscher Konzernmarken haben danach auf der Insel einen Marktanteil von gut 50 Prozent. BMW verkaufte in Großbritannien im vergangenen Jahr 236.000 Autos – das waren mehr als 10 Prozent des weltweiten Absatzes. Bei Audi waren es 9, bei Mercedes 8, beim VW-Konzern insgesamt 6 Prozent. Für Stefan Bratzel wird der Brexit merkliche negative Auswirkungen auf die Automobilindustrie haben, die im Einzelnen noch gar nicht abschließend bewertet werden können. „Der Brexit wird so insgesamt zu einem schleichenden Exit der Automobilindustrie von der Insel führen“, sagt der Auto-Professor. „Wirkliche Gewinner gibt es keine.“ Quelle: REUTERS
FinanzbrancheBanken brauchen für Dienstleistungen innerhalb der EU rechtlich selbstständige Tochterbanken mit Sitz in einem EU-Staat. Derzeit können sie grenzüberschreitend frei agieren. Durch den Brexit werden Handelsbarrieren befürchtet. Quelle: REUTERS
FinTechsDie Nähe zum Finanzplatz London und die branchenfreundliche Gesetzgebung machten Großbritannien in den vergangenen Jahren zu einem bevorzugten Standort für Anbieter internetbasierender Bezahl- und Transaktionsdienste, im Branchenjargon „FinTech“ genannt. Das dürfte sich nun ändern. Der Brexit-Entscheid werde bei den rund 500 im Königreich ansässigen FinTechs „unvermeidlich“ zu einer Abwanderung von der Insel führen, erwartet Simon Black. Grund dafür sei, so der Chef des Zahlungsdienstleisters PPRO, da ihr „Status als von der EU und EWR anerkannte Finanzinstitutionen nun gefährdet ist“. Simon erwartet von sofort an eine Verlagerung des Geschäfts und die Schaffung neuer Arbeitsplätze außerhalb von Großbritannien. „FinTech-Gewinner des Brexits werden meines Erachtens Amsterdam, Dublin und Luxemburg sein.“ Als Folge entgingen Großbritannien, kalkuliert Black, „in den nächsten zehn Jahren rund 5 Milliarden Britische Pfund an Steuereinnahmen verloren“. Quelle: Reuters
WissenschaftAuch in der Forschungswelt herrscht beidseits des Kanals große Sorge über die Möglichkeiten zukünftiger Zusammenarbeit. Die EU verliere mit Großbritannien einen wertvollen Partner, ausgerechnet in einer Zeit, in der grenzüberschreitende wissenschaftliche Zusammenarbeit mehr denn je gebraucht werde, beklagt etwa Rolf Heuer, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. „Wissenschaft muss helfen, Grenzen zu überwinden.“ Venki Ramakrishnan, der Präsident der Royal Society, fordert, den freien Austausch von Ideen und Menschen auch nach einem Austritt unbedingt weiter zu ermöglichen. Andernfalls drohe der Wissenschaftswelt „ernsthafter Schaden“. Wie das aussehen kann, zeigt der Blick in die Schweiz, die zuletzt, nach einer Volksentscheidung zur drastischen Begrenzung von Zuwanderung, den Zugang zu den wichtigsten EU-Forschungsförderprogramme verloren hat. Quelle: dpa
DigitalwirtschaftDie Abkehr der Briten von der EU dürfte auch die Chancen der europäischen Internetunternehmen im weltweiten Wettbewerb verschlechtern. „Durch das Ausscheiden des wichtigen Mitgliedslands Großbritannien aus der EU werde der Versuch der EU-Kommission deutlich erschwert, einen großen einheitlichen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, um den Unternehmen einen Wettbewerb auf Augenhöhe mit Ländern wie den USA oder China zu ermöglichen“, kommentiert Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer beim IT-Verband Bitkom, den Volksentscheid. Daneben werde auch der Handel zwischen den einzelnen Ländern direkt betroffen: 2015 exportierte Deutschland ITK-Geräte und Unterhaltungselektronik im Wert von 2,9 Milliarden Euro nach Großbritannien geliefert; acht Prozent der gesamten ITK-Ausfuhren aus Deutschland. „Damit ist das Land knapp hinter Frankreich das zweitwichtigste Ausfuhrland für die deutschen Unternehmen.“ Quelle: REUTERS
ChemieindustrieDie Unternehmen befürchten einen Rückgang grenzüberschreitender Investitionen und weniger Handel. Im vergangenen Jahr exportierte die Branche nach Angaben ihres Verbandes VCI Produkte im Wert von 12,9 Milliarden Euro nach Großbritannien, vor allem Spezialchemikalien und Pharmazeutika. Das entspricht 7,3 Prozent ihrer Exporte. Von der Insel bezogen die deutschen Firmen Waren für 5,6 Milliarden Euro, vor allem pharmazeutische Vorprodukte und Petrochemikalien. Quelle: REUTERS
ElektroindustrieNach einer Umfrage des Ifo-Instituts sehen sich besonders viele Firmen betroffen (52 Prozent). Das Vereinigte Königreich ist der viertwichtigste Abnehmer für Elektroprodukte „Made in Germany“ weltweit und der drittgrößte Investitionsstandort für die Unternehmen im Ausland. Dem Branchenverband ZVEI zufolge lieferten deutsche Hersteller im vergangenen Jahr Elektroprodukte im Wert von 9,9 Milliarden Euro nach Großbritannien. Dies entspreche einem Anteil von 5,7 Prozent an den deutschen Elektroausfuhren. Quelle: dpa

Welche langfristigen Auswirkungen erwarten Sie durch das Brexit-Votum an den Finanzmärkten?
Wie es langfristig weitergeht, ist schwer abschätzbar. Denn dass die Briten tatsächlich austreten, ist noch nicht sicher; das Referendum an sich ist nicht bindend. Populisten der „Leave“-Fraktion rudern mit ihren Versprechungen wie erwähnt schon zurück. Entscheidend wird sein, wie sich die EU positioniert. Möglicherweise baut sie den Briten noch einige goldene Brücken. Es ist daher nicht komplett absurd, dass sich Briten und EU am Ende doch noch auf einen Verbleib einigen. Entsprechend bleiben die Unwägbarkeiten erstmal groß. Das spricht für hohe Goldpreise und niedrige Anleiherenditen, weil Anleger Sicherheit suchen.

"Schaukelbörse" geht vermutlich weiter

Der Euro und das Pfund haben massiv verloren, die europäischen Exportunternehmen wird es freuen. Profitieren auch deren Aktien?
Das ist kein abwegiger Gedanke, aber das Brexit-Thema ist noch nicht vorbei. Wenn die EU keine gute Antwort darauf findet, dann kommen grundsätzliche Fragen zum Fortbestehen der Union auf. Investoren werden sich in diesem Fall von Europa abwenden. Ob die europäischen Unternehmen wegen der Schwäche der Währung mehr Umsatz und Gewinn machen, ist dann sekundär.

Also jetzt noch nicht nachkaufen?
Einen Einstieg müssen sich Anleger gut überlegen. Der Brexit-Schock steckt jetzt erstmal in den Kursen drin. Noch mal so drastisch dürfte es also nicht abwärts gehen. Ich habe auch von einigen Häusern gehört, die jetzt in die fallenden Kurse hinein ihre Aktienposition aufstocken. Ich erwarte aber, dass die Schaukelbörse vorerst weitergeht und wir durchaus auch noch tiefere Kurse sehen könnten. Kommt es dazu, werden sich sicher auch wieder Chancen bieten. Aber da sind wir noch nicht.

So sähen Kaufkurse für die 30 Dax-Aktien aus

Wo vermuten Sie denn gute Möglichkeiten für Anleger, wenn sich der Staub gelegt hat?
Ganz massive Abschläge gab es bei den Banken. Im Moment machen Anleger keinen Unterschied zwischen den Instituten und strafen die ganze Branche ab. Irgendwann wird der Punkt kommen, an dem wieder differenziert wird und einzelne Aktien gute Chancen für eine Aufholjagd bieten.

Befürchten Sie keine Bankenkrise? Immerhin dürfte nun auch der heiß gelaufene britische Immobilienmarkt abkühlen.
Ein Austritt aus der EU wäre für den britischen Immobilienmarkt, insbesondere den in London, natürlich schlecht. Aber ich denke nicht, dass das bei den Banken zu massiven Ausfällen führen wird. Kommerzielle Immobilien in Großbritannien werden vielfach über Private Equity finanziert, weniger über Banken. Außerdem sind die Immobilien nur verhältnismäßig moderat mit Schulden belastet. Der Bankensektor wird dieses Problem daher verkraften können.

Die Deutsche Bank und die Commerzbank waren die größten Verlierer im Dax. Warum sind gerade die Banktitel vom Brexit betroffen?
Die Finanzbranche leidet naturgemäß am stärksten. Dort hat Großbritannien einen signifikant höheren Anteil im Vergleich zum Rest Europas, als es dem Bruttoinlandsprodukt entsprechen würde. Sie erwirtschaften ungefähr 15 Prozent des europäischen BIP, generieren aber gut 25 Prozent der Umsätze an europäischen Finanzmärkten. Finanzdienstleistungen sind das zentrale Exportgut der Briten, dort haben sie einen Leistungsbilanzüberschuss. Hingegen ist der Saldo im Güterexport und -import negativ. Wenn der Zugang zum EU-Binnenmarkt nun gekappt wird, leidet die gesamte europäische Finanzbranche – sowohl in Kontinentaleuropa, als auch auf der Insel.

Was die Briten an der EU stört
Mittelstand könnte beim Brexit-Referendum am 23. Juni den Ausschlag geben Quelle: dpa, Montage
Nationale IdentitätAls ehemalige Weltmacht ist Großbritanniens Politik noch immer auf Führung ausgelegt. London ist gewohnt, die Linie vorzugeben, statt sich mühsam auf die Suche nach Kompromissen zu begeben. „London denkt viel mehr global als europäisch“, sagt Katinka Barysch, Chefökonomin beim Centre for European Reform in London. Die Angst, von EU-Partnern aus dem Süden Europas noch tiefer in die ohnehin schon tiefe Krise gezogen zu werden, schürt zusätzliche Aversionen. Quelle: dpa
Finanztransaktionssteuer und Co.Die Londoner City ist trotz massiven Schrumpfkurses noch immer die Lebensader der britischen Wirtschaft. Großbritannien fühlt sich von Regulierungen, die in Brüssel ersonnen wurden, aber die City treffen, regelrecht bedroht. „Regulierungen etwa für Hedgefonds oder die Finanztransaktionssteuer treffen London viel mehr als jeden anderen in Europa“, sagt Barysch. Allerdings hatte die Londoner City in der Finanzkrise auch mehr Schaden angerichtet als andere Finanzplätze. Quelle: dpa
Regulierungen des ArbeitsmarktsGroßbritannien ist eines der am meisten deregulierten Länder Europas. Strenge Auflagen aus Brüssel, etwa bei Arbeitszeitvorgaben, stoßen auf wenig Verständnis auf der Insel. „Lasst uns so hart arbeiten wie wir wollen“, heißt es aus konservativen Kreisen. Quelle: dapd
EU-BürokratieDie Euroskeptiker unter den Briten halten die Bürokratie in Brüssel für ein wesentliches Wachstumshemmnis. Anti-Europäer in London glauben, dass Großbritannien bilaterale Handelsabkommen mit aufstrebenden Handelspartnern in aller Welt viel schneller aushandeln könne als der Block der 27. Die Euroskeptiker fordern auch, dass der Sitz des Europaparlaments in Straßburg (hier im Bild) abgeschafft wird und die Abgeordneten nur noch in Brüssel tagen. Quelle: dpa
MedienDie britische Presse ist fast durchgehend europafeindlich und prägt das Bild der EU auf der Insel. Das hat auch politische Wirkung. „Ich muss meinen Kollegen in Brüssel dauernd sagen, sie sollen nicht den 'Daily Express' lesen“, zitiert die „Financial Times“ einen britischen Minister. Quelle: dpa

Wie hat sich BlackRock positioniert, um sich gegen diese Risiken zu rüsten?
Wir haben schon vor Monaten eine Taskforce von 50 Mitarbeitern zusammengestellt, die sich nur mit diesem Thema befasst hat. Dabei spielen die rechtlichen Risiken des EU-Austritts eine Rolle, aber auch der Schutz unserer Kunden.

Mit Erfolg?
Trotz der gravierenden Auswirkungen dieses Tages können wir business as usual machen. Wir können garantieren, dass wir unsere Kundenportfolios ohne große Störungen weiter managen können, weil wir gut vorbereitet waren.

"Der Riss, der durch die Gesellschaft geht, ist besorgniserregend"

Es gab keine offiziellen Hochrechnungen nach der Abstimmung. Erst mit Bekanntgabe der Ergebnisse am frühen Morgen kamen die Kurse in Bewegung. Haben sie anderweitig versucht, an Informationen zu kommen, um dem amtlichen Ergebnis zuvor zu kommen?
Nein, das haben wir nicht versucht. Mir ging es heute Morgen genauso wie allen anderen auch. Zugegeben, ich war früher im Büro als üblich und habe erst auf dem Weg erfahren, was uns ins Haus steht. Schon den ganzen Tag stehen wir jetzt in Kontakt mit unseren Kunden und versuchen, unserer Rolle gerecht zu werden. Die besteht darin, den Kunden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Am vergangenen Donnerstagabend war ich noch der Überzeugung, dass es zwar eng wird, aber schon gut gehen wird. So kann man sich irren.

Das Ergebnis offenbart eine Vielzahl von Brüchen in der britischen Gesellschaft. London als Insel der Befürworter, der Norden für, der Süden gegen einen Verbleib. Die Alten gegen die Jungen, die Reichen gegen die Armen. Schottland und Nordirland könnten sich zur Unabhängigkeit entschließen und wieder der EU beitreten. Was bedeutet das für die britische Gesellschaft?
Hier besteht die Gefahr, dass aus Great Britain „Little England“ wird. Der Riss, der durch die Gesellschaft geht, ist besorgniserregend. Die Alten haben eine Entscheidung herbeigeführt, die auf Kosten der jungen Generation geht. Eine abgehängte Mittel- und Unterschicht hat eine Entscheidung herbeigeführt, die auch die besser Qualifizierten massiv beschädigt.

Das zu glätten wird eine ungeheure Aufgabe für die künftige Regierung. Kann das überhaupt gelingen?
David Cameron wirkte bei seiner Rücktrittserklärung fast schon erleichtert. Er hat sich in seiner Rede großzügig selbst gelobt, auf der anderen Seite muss er sich aber einen Teil der Schuld anrechnen lassen. Das Referendum hat er ja erst aufs Tableau gezaubert. Wie der Zauberlehrling wurde er die Geister, die er rief, nicht mehr los. Die Aufgabe der neuen Regierung wird lauten, die Integrität des Vereinigten Königsreichs zu wahren. Es droht auch eine tiefere Teilung, eventuell ein Abfall Schottlands, vielleicht  Nordirlands. Um diese Herkulesaufgabe ist die neue britische Regierung nicht zu beneiden.

Was Partnerländer über einen EU-Ausstieg denken
US-Präsident Barack Obama in London Quelle: AP
Die chinesische Flagge vor einem Hochhaus Quelle: dpa
Ein paar Rial-Scheine Quelle: dpa
Der russische Präsident Wladimir Putin Quelle: REUTERS
Das Logo des japanischen Autobauers Nissan Quelle: REUTERS

Zumal die Nachfolge für Premier David Cameron völlig unklar ist. Der Name Boris Johnson fällt immer wieder, ein unorthodoxer Haudrauf. Ist dem das zuzutrauen?
Lassen Sie es mich so sagen: Die Demokratie ist auf einem gefährlichen Weg, wenn ein besonnenes Volk wie das der Briten aufgrund billiger Versprechen einiger Populisten eine solche Schicksalsentscheidung trifft. „Zurück zu glorreichen Zeiten“, mehr war es doch nicht. Das ist gegen jeden Sinn und Verstand. Dann kann es auch passieren, dass Donald Trump, der den Amerikanern das gleiche verspricht, im Herbst gewählt wird. Dann hätten wir in zwei großen, etablierten Demokratien des Westens einen Sieg des Populismus.

Eine pessimistische Einschätzung.
Die politische Seite der Entscheidung hat mich eher umgehauen als die Marktseite. Die Auswüchse an den Börsen waren relativ erwartbar, was das aber für die Demokratie bedeutet, macht mir einige Sorgen.

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