Ausgerechnet ein Finanzbetrüger eröffnet eines der wichtigsten Branchentreffen der Investmentbranche, den Fondsprofessionell-Kongress in Mannheim. Weil da nicht irgendein namenloser Gauner auf der Bühne steht, sondern der „Wolf of Wall Street“, Jordan Belfort persönlich, ist der Saal im Kongresscenter am Rosengarten mit rund 1500 Zuhörern randvoll. Viele haben die Lebensgeschichte von Belfort mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle im Kino gesehen.
Er hat mit Pennystocks Millionen verdient und dann aber bei Börsengängen Anleger übers Ohr gehauen, jetzt ordern ihn Unternehmen, damit er Mitarbeiter motiviert. Wie ist so ein Typ live, der in den 90er Jahren des vergangenen Jahrtausends das exzessive Leben eines Börsenstars geführt hat? Haben ihn 22 Monate im Knast zu einem anderen Menschen werden lassen? Auf jeden Fall ist er immer noch ein Typ der 90er. Dynamisch sieht der Mitfünfziger aus, dafür sorgen die Sneaker und ein lässig weiter Anzug kombiniert mit weißem Hemd ohne Krawatte. Er spult seinen Text im breitesten amerikanischen Englisch herunter.
Höflich und beharrlich zum Erfolg
Aber nach 20 Minuten hat man von der ratternden Salve an Anekdoten genug. Wer auf tolle Tricks für Verkäufer hofft, wird enttäuscht. „Kein Erfolg ohne Verantwortung“, klingt sehr weichgespült. Dass man als Verkäufer die Personen, die einem die Tür vor der Nase zuschlagen, noch freundlich mit „Einen schönen Tag noch“ verabschiedet, ist höflich und sicherlich nie falsch. Dass man aus allen Fehlern lernen kann und immer wieder aufstehen muss, ist sehr amerikanisch. Dass die Familie besonders leidet, wenn der Vater Ärger hat, kann sich jeder vorstellen. Da kommt auch der Schlusssatz nicht überraschend: „Machen Sie es richtig und ohne Tricks, damit Sie längerfristig Geld verdienen.“
Wie Anleger dem Niedrigzins entkommen
Vielleicht die wichtigste Botschaft für die Finanzverkäufer unter den Zuhörern: Bleibt an den Kunden dran, ihr müsst die Geschichten von den niedrigen Zinsen und dem Wertverzehr auf dem Sparbuch jetzt auch noch tausendmal erzählen wie Belfort seine Lebensgeschichte und möglichst immer begeistern können. Mit der Niedrigzins-Debatte können die Vermittler in den nächsten Monaten viel Provision verdienen. Anleger, die selbst ein bisschen aufpassen und sich gut informieren können aber ebenfalls profitieren und ihre Renditen steigern.
Doch nicht alle Produkte, die die Fondsgesellschaften in Mannheim mit viel Tamtam als die Rettung vor Minuszinsen präsentieren, werden die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen. Dachfondsmanager Eckhard Sauren (siehe Interview „Mischfonds brauchen neue Gewinnquellen“) rät dazu, sich nie nur auf einen Fondsmanager zu verlassen, sondern sein Geld auf verschiedene Köpfe zu verteilen.
Elefantenrunde: Flossbach, Kaldemorgen, Huber, Bruns
Und fünf erfolgreiche Vermögensverwalter holte Sauren für eine Diskussionsrunde in Mannheim auf die Bühne: Die Fonds, die von ihnen gemanagt werden, kann jedes Depot gebrauchen, weil sie seit langem erfolgreich sind: Christoph Bruns (Loys Global, internationaler Aktienfonds), Bert Flossbach (Flossbach von Storch Multiple Opportunities, flexibler Mischfonds), Peter E. Huber (StarCapital Winbonds und Argos, Anleihenfonds mit Aktienbeimischung) und Klaus Kaldemorgen (DWS Concept Kaldemorgen, internationaler Aktienfonds mit Risikoabsicherung). Die Experten haben das Lied von den niedrigen Zinsen und den Chancen am Aktienmarkt seit Jahren gesungen. Anleger, die ihnen frühzeitig gefolgt sind und ihre Aktienquoten erhöht haben, konnten ordentliche Gewinne erzielen. Aber die Experten wissen auch, dass jedes Jahr neue Herausforderungen zu meistern sein werden. Aktien hält Klaus Kaldemorgen für alternativlos, aber nicht risikolos. „Ein Anteil von 20 Prozent Aktien bringt allerdings niemanden um.“
China, Japan, Hochzinsanleihen als Beimischung
Huber hält jetzt etwa die Aktienmärkte Chinas und Japans für interessant. „35 Prozent der Importe Chinas sind Rohstoffe und Öl, deshalb profitieren die Unternehmen dort von den günstigen Preisen.“
Anleihen ausfallgefährdeter Unternehmen aus dem Dollarraum sowie ausgewählte Schwellenländeranleihen sind für Klaus Kaldemorgen eine Beimischung wert. Er meidet den US-Aktienmarkt allerdings, da der stark von Energie und Öldienstleistern abhängig sei, die unter dem niedrigen Ölpreis und dem starken Dollar leiden würden, der ihre Exporte verteuert: „US-Unternehmen machen etwa 30 Prozent ihres Umsatzes im Ausland und diese Umsätze sind jetzt durch die Dollarstärke 15 Prozent weniger Wert als vor einem Jahr.“ Auf die US-Investitionsgüterindustrie kämen härtere Zeiten zu. Dass auch Aktien, die auf den ersten Blick heute teuer erscheinen, wie manche Dividendentitel und so genannte Qualitätsaktien, durchaus noch lohnen können, sagte Bert Flossbach. „Kurs-Gewinn-Verhältnisse von 40 und darüber, gab es bereits und sie sind wieder möglich“, so Flossbach.
Gegen den Strom mit dem Ölsektor und Luxusgütern
Bruns, der auch gerne mal gegen den Strom schwimmt, hält den Ölsektor allerdings für den interessantesten in diesem Jahr. Trotz des niedrigen Ölpreises setzt er auf BP. Durch das Tankstellennetz und eigene Raffinerien profitierten die Briten sogar vom Preisrückgang, glaubt er. Auch Luxusgüter schaut er sich an. Etwa der Kurs von Prada habe seit dem Börsengang 60 Prozent verloren und damit vielleicht etwas nach unten übertrieben.
Gesundheitsthemen in Schwellenmärkten
Punkten wollen viele Fondshäuser mit aktivem Management, um von manchen Verzerrungen am Markt zu profitieren. Viele bieten eine besondere Branchenexpertise wie etwa die weltweit auf Gesundheits- und Biotechakien spezialisierte US-Gesellschaft Sectoral, deren Aushängeschild Fondsmanager Michael Sjöström ist (einer der größten Fonds, die er betreut: Pictet Biotech). Insbesondere in Schwellenländern sei das Wachstum im Gesundheitsbereich sehr hoch und spezialisierte Klinikbetreiber wie Al-Noor in den Emiraten oder Medikamentenhändler und Generikahersteller seien interessant. In den Industrieländern gehörten Gesundheitswerte bereits zu den Top-Performern der vergangenen Jahre, um in dem Markt noch günstige Titel zu finden, benötigt man ein gutes Research, mit 13 Personen ist das bei Sectoral ordentlich bestückt.
Sicherheit und kleines Renditeplus am Anleihenmarkt
Große Ziele hat Colin Finlayson vom schottischen Fondshaus Kames beim Absolute Return Bond Fund nicht. Um die 2,5 Prozent Rendite nach Kosten soll der Fonds abwerfen, dafür aber auch die Nerven der Anleger schonen und ihnen Sicherheit bieten. Das ist für viele Anleger interessant, der Fonds ist in einem Jahr von 110 Millionen britischen Pfund auf 1,5 Milliarden angewachsen, weil Finalyson sehr erfolgreich war und die Zielmarke übertreffen konnte. Er geht dafür keine allzu hohen Risiken ein. Der Handel von miteinander verbundenen Anleihen der gleichen Branche soll Gewinne bringen, solche Pair-Trades genannten Strategien können riskant sein. Finlayson hält aber den Anteil dieser Strategie im Portfolio klein, sie bringen ihm aber häufig einen kleinen Mehrwert, wie etwa mehrere Pair-Trade aus dem vierten Quartal 2014 mit Brazil gegen Kolumbien, Australien gegen USA oder Deutschland gegen Frankreich bei den Staatsanleihen.
Viel Arbeit für kleine Prozente
0,15 Prozentpunkte gegenüber dem Index machte der Fonds in dem Quartal gut. Das Rennen um die Prozentpunkte ist mühsam. Auf Nachranganleihen von Banken verzichtet er in dem Fonds, bei Schwellenländern hat er jetzt wieder kleinere Staatsanleihenpositionen gekauft. Schon länger hält er spanische und italienische Anleihen im Portfolio. Das Griechenland-Problem im Euroland sei aus wirtschaftlicher Sicht unbedeutend, aber für die Finanzmärkte wichtig. „Meine Lehre aus den vergangenen drei Jahren mit Griechenland ist aber, dass das Thema die Märkte bewegt, aber nie sehr lange und sie sich dann wieder schnell erholen.“ Stärkere Auswirkungen habe schon die US-Zinspolitik. Finlayson rechnet damit, dass die US-Zinsen erst spät in diesem Jahr steigen würden. „Länder wie Kanada, Indien, Dänemark, Indien, die Schweiz und Singapur haben die Zinsen gesenkt.“ Höhere US-Zinsen würden den Dollar noch weiter stärken und die Wirtschaft beeinträchtigen.
Vermögensverwalter Zulauf für jedermann
Lange hat der bekannte Schweizer Vermögensverwalter Felix Zulauf („Barron’s Roundtable, WirtschaftsWoche) einen Hedgefonds nur für ausgewählte Investoren betreut. Jetzt hat er zusammen mit seinem Sohn Roman den Vicenda Multi Asset Opportunities Fund in Deutschland aufgelegt (DE000A1W9CH9). Ihn kann jeder Anleger kaufen. Das Zulauf-Duo bietet in dem Produkt eine so genannte Global Macro-Strategie an, die auf volkswirtschaftliche Trends wettet und sich derzeit auf das Thema Deflation und Währungen konzentriert.
Währungsthemen spielen
Seitdem Japan mit der Abwertung des Yen einen Währungskrieg entfacht habe, sehen die Zulaufs Chancen von den Verzerrungen an Währungsmärkten zu profitieren, die sich ergäben, weil die Währungsräume in ganz unterschiedlichen wirtschaftlichen Phasen befänden. Roman Zulauf rechnet mit einem weiterhin starken Dollar und einem längerfristigen Preisverfall (Deflation), deshalb sind für die Zulaufs auch langlaufende US-Staatsanleihen ein Investment wert. Andererseits werde dem Währungsmarkt durch den niedrigen Ölpreis Liquidität entzogen und dies führe zu schärferen Währungsbewegungen, glaubt Zulauf. Der Vicenda-Fonds ist daher jetzt auch stärker auf Währungen und Zinsthemen konzentriert als etwa auf Aktieninvestments.
Russland bewegt alle
Russland beherrscht die Weltpolitik, das Land leidet unter Sanktionen und dem niedrigen Ölpreis, der Aktienmarkt ist abgestürzt. Selbst aufmerksame Beobachter Putins, wie die Fondsmangerin Angelika Millendorfer, können sich keinen Reim auf seine Strategie machen. Die meisten Investoren meiden Russland derzeit, Millendorfer hat in ihrem Fonds der österreichischen Raiffeisen Capital derzeit Unternehmen die etwa vom niedrigen Rubelkurs profitieren wie Norilsk Nickel oder den Einzelhändler Magnit. Nach dem Börsenabsturz könnte jede Entspannung in der Ukraine-Krise die Kurse und den Rubel auf einen Schlag nach oben katapultieren. Risikobereite Anleger sollten das für dieses Jahr auf dem Schirm behalten, meint etwa auch Christoph Bruns (Loys).
Günstiger Einkauf zählt
Christopher Hart vom weltweit anlegenden Robeco BP Global Premium Equities, ansässig in Boston, ist gegenüber Europa skeptisch, weil hier die Aktienkursen den Gewinnen der Unternehmen vorausgelaufen seien. BMW hatte er bereits bei einem Kurs um 90 Euro verkauft. Für Hart zählt der günstige Einkauf von Aktien. Sein Portfolio bestückt er etwa zur Hälfte mit großen Namen aber zur anderen Hälfte auch mit kleineren Werten. Dabei war er so erfolgreich, dass er 2014 gleich in neun verschiedenen Ländern als bester Fondsmanager für weltweite Aktien ausgezeichnet wurde vom Fondsdatenanbieter Morningstar.
Hart nimmt in Japan derzeit selektiv Chancen wahr. 2014 waren dort nach der Liquiditätsspritze der Notenbank teils gute Unternehmensdaten gefolgt. In Europa wird er in Frankreich fündig. Bei ausgewählten kleineren Titel, weil die sich trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes durchgebissen hätten und profitabel seien. Titel wie Atos aus dem IT-Bereich gehören seit kurzem zu seinen größeren Positionen. Aus Italien hat er etwa Generali im Portfolio, die jüngst etwa die Dividende noch erhöht haben und in Deutschland über ein gutes Sach- und Schadensgeschäft verfügen. Hart rät Anlegern sich nicht zu stark an den volkswirtschaftlichen Daten zu orientieren, sondern stets die Unternehmensdaten im Blick zu behalten.
Wer das nicht selbst leisten möchte, der hat viel Auswahl, um einen Fondsmanager für sich arbeiten zu lassen.