Goldman Sachs Die Mutter aller Interessenkonflikte

Hat die New Yorker Investmentbank Goldman Sachs nicht nur Griechenland dabei geholfen, Schulden zu verstecken sondern womöglich auch Anleger getäuscht?

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Goldman Sachs - die Quelle: REUTERS

Na also, jetzt ist der Sündenbock für die Euro-Krise doch gefunden. Die Investmentbank Goldman Sachs eignet sich für diese Rolle ja auch bestens. Den bösen Goldmännern trauen viele Leute mittlerweile fast alles zu, nachdem die Bank im vergangenen Jahr ein PR-Desaster nach dem anderen erlebte und sich von dem Magazin „Rolling Stone“ sogar als Vampirkrake hatte beleidigen lassen müssen, der sich um das Gesicht der Menschheit gelegt habe.

Jetzt spricht auch die Kanzlerin von einem Skandal, weil clevere Investmentbanker mit raffinierten Geschäften auf den Derivatemärkten dem Staat Griechenland dabei geholfen haben könnten, Schulden in Milliardenhöhe zu verstecken.

Banker von Goldman Sachs nur die nützlichen Handlanger

Bei allem Verständnis für die Empörung, mit der die  Investmentbanker wegen ihrer unrühmlichen Rolle beim Aufgalopp zur Finanzkrise umgehen müssen - bei der Griechenland-Euro-Krise spielten die Goldmänner nur die nützlichen Handlanger, die den Politikern die zumindest nach heutigem Kenntnisstand völlig legalen Wege aufgezeigt haben, um die EU-Kriterien zu erfüllen oder diesen zumindest näher zu kommen.

Dass dabei dann für die cleveren Investmentbanker noch andere lukrative Geschäfte mit den Griechen abfielen, etwa das Mandat für die Emission von zahlreichen Regierungsanleihen, ist nur logisch. Zu prüfen wird nun lediglich sein, ob Goldman in den Prospekten dieser Anleiheemissionen auf die fraglichen Versteckspiele hätte hinweisen müssen.

Da solche Emissionsprospekte aber in der Regel von Legionen erfahrener Anwälte abgesegnet werden, ist kaum zu erwarten, dass sich daraus etwa eine Haftung ableiten lässt. Bei den meisten Eigentümern dieser Anleihen, die wegen der  Griechenland-Krise herbe Kursverluste hinnehmen mussten, handelt es sich um professionelle Anleger. Die wissen nur zu gut, dass Investmentbanking per se die Mutter aller Interessenkonflikte ist.

Griechenlands Tricks lange bekannt

Außerdem wurde über die Fragwürdigkeit der Swapgeschäfte, mit denen Griechenland Bilanzkosmetik betrieb, bereits sehr früh berichtet. Schon im Juli 2003 zeigte eine Titelgeschichte im Fachblatt „Risk Magazine“ detailliert auf, wie die Griechen damals ihre so genannte Public Debt Agency dazu nutzten, mehrere Milliarden Euro öffentlicher Schulden aus den Büchern verschwinden zu lassen. Damals interessierte das fast niemanden.

Eugene Plotkin, Goldman Sachs (2006) Quelle: dpa

„Was heute inmitten des Aufschreis verloren geht,“ schreibt Nicholas Dunbar, der Autor dieser Geschichte aus dem Jahr 2003, der heute für „Reuters Breakingviews“ arbeitet, „ist der wirkliche Kontext – ein über Jahrzehnte getanzter Tango zwischen Finanzinnovatoren bei Investmentbanken und institutionellen Investoren, Regierungen eingeschlossen, die darum bemüht waren, verschiedenste Restriktionen zu umgehen.“

Und die wichtigsten dieser Beschränkungen wären nun einmal Bilanzierungsregeln gewesen. Im Prinzip  sind viele der Geschäfte, mit denen etwa deutsche Stadtkämmerer - von Politikern unterstützt - in den vergangenen Jahren Wasserwerke, Autobahnabschnitte oder Verkehrsbetriebe ebenfalls mit Hilfe von Investmentbanken an ausländische Investoren verkauft haben, ähnlich problematisch gestrickt.

Machen, was Kohle bringt

Klamme Körperschaften verschaffen sich so Luft, indem sie zukünftige Erträge vorab verkaufen. Auch der Begriff des Schattenhaushalts ist Politikern jeglicher Couleur nun wirklich nicht unbekannt. Es ist deshalb schon eine schwer erträgliche Heuchelei von Seiten der Politik, jetzt allein auf die Investmentbanker zu zeigen.

Und wer von den Goldmännern sogar verlangt, sie hätten den destabilisierenden Charakter solcher Griechenland-Versteckspiele erkennen und schon deshalb davon abraten müssen, ist naiv. Natürlich haben die Banker die potenziellen langfristigen Gefahren gesehen. Doch Moral ist nicht das Geschäftsmodell der Investmentbanken. Es geht allein darum, gute Deals zu machen, legale Deals, hoffentlich.

Machen, was Kohle bringt – das beherrscht die Denke. Ob diese Geschäfte irgendwann alles ins Wanken bringen, spielt keine Rolle. Das sollten wir spätestens seit der Finanzkrise alle verinnerlicht haben

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%