Die niedrigen Zinsen und die Unterbringung von Flüchtlingen treiben den Bauboom in Deutschland weiter an. Im vergangenen Jahr wurden 375.400 Wohnungen genehmigt, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit. Dies seien 21,6 Prozent oder 66.700 mehr als noch im Jahr 2015. Eine höhere Zahl an genehmigten Wohnungen hatte es zuletzt 1999 mit 440.800 gegeben.
Prozentual am stärksten wuchsen die Baugenehmigungen für Wohnungen in Wohnheimen, die sich mehr als verdoppelten. Dazu gehören auch Flüchtlingsunterkünfte. Ohne Berücksichtigung der Wohnheime hätte das Plus insgesamt bei 15,5 Prozent gelegen.
Starke Zuwächse gab es auch bei Mehrfamilienhäusern (plus 26,6 Prozent) und Zweifamilienhäusern (plus 13,2 Prozent). Die Genehmigungen für Einfamilienhäuser stagnierten indes im Vorjahresvergleich.
Experten geht der Bauboom jedoch nicht weit genug. Der Mangel an Wohnungen gilt als eine der Hauptursachen steigender Immobilienpreise. Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Immobilienspezialisten Deutsche Invest Immobilien kommt etwa zu dem Ergebnis, dass bis 2020 jährlich 385.000 neue Wohnungen in Deutschland gebaut werden müssten um den Bedarf zu decken. Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) spricht sogar von einem Bedarf von 400.000 Wohnungen pro Jahr. Da von den genehmigten 375.400 Wohneinheiten nur 316.600 Neubauwohnungen in Wohngebäuden seien, besteht demzufolge eine deutliche Angebotslücke. Zudem bliebe, so der BFW, die Zahl der fertiggestellten Wohnungen deutlich hinter den Baugenehmigungen zurück.
Laut IW mangelt es insbesondere in den Großstädten an Wohnungsneubauten. Allein in den sieben größten Städten Deutschland würden jährlich 88.000 neue Wohneinheiten benötigt. Zudem werde am Bedarf vorbei gebaut, denn aufgrund des Zuzugs von Flüchtlingen und jungen Leuten würden mehr Ein- bis Zweizimmerwohnungen benötigt, gebaut würden jedoch vor allem große Wohnungen.
Mieten steigen bundesweit um 6,3 Prozent - Großstädte besonders betroffen
Die Folge des zu geringen Angebots sind dementsprechend steigende Mieten. Die Wohnungsmieten in Deutschland sind im vergangenen Jahr in ganz Deutschland gestiegen. Durchschnittlich zogen die Mietpreise bei neuen Verträgen um fast fünf Prozent an, auf durchschnittlich 7,65 Euro pro Quadratmeter. Das teilte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) mit. In Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern kletterten sie auf 9,97 Euro pro Quadratmeter, das waren 6,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Sogar in ländlichen Kreisen stiegen sie leicht, lagen mit 5,87 Euro je Quadratmeter aber auf deutlich niedrigerem Niveau.
München bleibt die teuerste Großstadt für Menschen auf Wohnungssuche. Wenn sie einen neuen Mietvertrag abschließen, werden im Schnitt 15,65 Euro pro Quadratmeter fällig. Platz zwei und drei belegen Frankfurt am Main mit 12,76 Euro und Stuttgart mit 11,93 Euro. Es folgen Freiburg im Breisgau mit 11,39 Euro pro Quadratmeter, Ingolstadt mit 11,14 Euro und Hamburg mit 10,92 Euro. Am billigsten ist es für Mieter mit 4,30 Euro in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen und Wunsiedel in Bayern.
Das beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung angesiedelte Institut hat Anzeigen im Internet und in Zeitungen ausgewertet, für Erst- und Wiedervermietungen von nicht möblierten Wohnungen zwischen 40 und 130 Quadratmetern. Notiert wurde jeweils die Nettokaltmiete.
Um für mehr Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen, fordert der BFW ein Ende der Steuererhöhungswettlaufs der Länder bei der Grunderwerbsteuer, sondern einen einheitliche Grunderwerbssteuer von nur noch 3,5 Prozent auf den Kaufpreis. In einigen Kommunen liegt dieser Steuersatz aktuell schon bei 6,5 Prozent. Zusätzlich sollten dem Verband zufolge Ersterwerber von selbstgenutztem Wohneigentum ganz von der Grunderwerbssteuer befreit werden, da sie den Mietwohnungsmarkt entlasten und das Eigenheim eine wichtige Form der Altersvorsorge sei. Auch verbesserte Abschreibungsbedingungen, vereinfachte Bauvorschriften und beschleunigte Genehmigungsverfahren könnten die Wohnungswirtschaft entlasten und zu mehr Investitionen anregen.