Sind die Rechtsunsicherheiten beseitigt, könnte genau das passieren, was die Mietpreisbremse eigentlich verhindern sollte, nämlich eine Zunahme von Luxussanierungen. Nur so können die Vermieter der Mietpreisbremse entgehen. Folge: Die Mieten in Altbauten ziehen sprunghaft an, und die Gentrifizierung beschleunigt sich.
Vermieter, die sich von der Mietpreisbremse gegängelt fühlen, können ihre Mietverträge neu gestalten. Mehrere Varianten bieten sich dafür an:
Wie Vermieter die Mietpreisbremse umgehen können
Eigentümer können befristete Mietverträge mit Arbeitnehmern abschließen, die etwa für die Dauer eines Projekts eine Bleibe suchen. Vorteil: Die Miethöhe kann der Vermieter unabhängig von der Mietpreisbremse vereinbaren. Nachteil: Eine reguläre Kündigung vor Vertragsende ist nicht möglich. Für möbliertes Wohnen gibt es nur begrenzte Nachfrage.
Die Miete steigt mit den allgemeinen Lebenshaltungskosten. Nur die erste Miete unterliegt der Mietpreisbremse. Danach steigt die Miete mit der Inflationsrate. Vorteil: Die Miete ist nicht gedeckelt. Nachteil: Derzeit ist die Inflationsrate so niedrig, dass die Mieten kaum steigen.
In den touristisch interessanten Großstädten werden Mietwohnungen vermehrt in Feriendomizile umgewandelt. Vorteil: Die Mietpreisbremse greift nicht. Nachteil: Kommunen verhindern, dass Wohnungen in Touristenquartiere umgewidmet werden.
Umdenken müssen vor allem Eigentümer, die bisher Staffelmieten verlangen. Bei diesen Verträgen steigt die Mieten regelmäßig um eine fixe Summe. Für bereits vereinbarte Staffelmieten gilt Bestandsschutz. Künftige Staffeln werden aber gekappt, sobald die Grenze von zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete erreicht ist. „Immobilienfinanzierungen, die auf Kante genäht sind, könnten wackeln, weil die Mieteinnahmen geringer ausfallen“, sagt Adrian Wegel, Frankfurter Fachanwalt für Mietrecht.
Mieter, die bei laufenden Mietverträgen Zweifel haben, dass sich der Vermieter bei der Mieterhöhung an die gesetzlichen Regeln hält, können binnen zwei Monaten Widerspruch einlegen. Danach hat der Vermieter weitere drei Monate Zeit, auf Zahlung der höheren Miete zu klagen.
Vergleichsmiete bleibt Streitpunkt
Laut Gesetz zur Mietpreisbremse, die bei neuen Mietverträgen greift, muss der Mieter einen Verstoß gegen die gedeckelte Miethöhe beim Vermieter schriftlich rügen. Überhöhte Mieten kann er nur für die Monate nach der Rüge zurückverlangen.
Da die Mieten nach oben gedeckelt sind, werden Vermieter bei neuen Mietverträgen etwa mit einer verbesserten Wohnlage argumentieren, um eine höhere Vergleichsmiete zu rechtfertigen. Schon jetzt ist die korrekte Vergleichsmiete einer der häufigsten Streitpunkte zwischen Mietern und Vermietern. Haus und Grund rechnet wegen der Mietpreisbremse mit 150.000 zusätzlichen Rechtsstreitigkeiten pro Jahr.
Juristischer Ärger droht auch beim Mietspiegel. So entschied das Amtsgericht Charlottenburg, dass die Berliner Mietspiegel der Jahre 2009 und 2013 wissenschaftlichen Grundsätzen nicht genügen (235 C 133/13). Der Dortmunder Statistiker Walter Krämer kritisierte in einem Gutachten, dass die Einstufung in nur drei verschiedene Wohnlagen die Wirklichkeit auf dem Wohnungsmarkt nicht abbilde.
Risiken der Mietpreisbremse
Weil die Mietpreisbremse vor allem zulasten der Eigentümer geht, werden sie dem Gesetz ausweichen. Neben der Luxussanierung gibt es noch weitere Varianten:
Weil Vermieter die Kosten für Instandhaltung nicht auf die Mieter umlegen können, müssen sie Rücklagen bilden. Werden Mieterhöhungen gedeckelt, bleibt dafür weniger Geld. Mieter wohnen dann zwar billiger, aber eben auch in weniger gepflegten Häusern.
Angesichts der stark gestiegenen Kaufpreise lohnt sich Verkaufen für die Eigentümer oft mehr als Vermieten. Eingesessene Vermieter werden sich infolge der Staatseingriffe zurückziehen und an aggressive Investoren verkaufen. Diese teilen das Haus in viele kleine Wohnungen auf, die sie dann teurer an Anleger vermitteln. Die müssen dann auf Teufel komm raus die Mieter schröpfen, um ihr Investment zu refinanzieren.
Vollständig eingerichtete Wohnungen lassen sich teurer vermieten. Dabei geht es in der Regel nur um befristete Mietverträge.
Vor allem in touristisch interessanten Metropolen werden Wohnquartiere zu Touristenwohnungen, soweit die Städte dies zulassen. Die Mietpreisbremse wird diesen Trend verstärken. Städte steuern mit neuen Regeln dagegen, es droht eine Spirale von Regulierung und Ausweichreaktionen.
Neue Spielregeln für die Makler
Ohne gültigen Mietspiegel wackelt auch die Mietpreisbremse. Laut Justizministerium arbeitet die Bundesregierung noch an detaillierten Vorgaben für Mietspiegel. Die wird es aber erst dann geben, wenn die Mietpreisbremse bereits greift.
Neue Spielregeln gelten auch für Makler. Laut Gesetz soll deren Auftraggeber die Provision bezahlen (Bestellerprinzip), in der Regel die Vermieter. Bisher zahlten fast immer die Mieter. Damit das so bleibt, können Vermieter und Makler ausweichen.
Abstandszahlungen: Vermieter könnten für die Einbauküche oder andere Extras vom neuen Mieter Geld verlangen und so die Maklerprovision refinanzieren. Vorteil: Die Einmalzahlung ist nicht Bestandteil der Miete, fällt also nicht unter die Mietpreisbremse. Nachteil: Diese Strategie lässt sich nur einmal durchziehen, weil die Abstandszahlung rechtlich ein Kauf ist.
Plattformen: Der Trick funktioniert so: Mehrere Makler können über eine Immobilienplattform Wohnungen anbieten. Zwar werden den Mietern dort provisionsfreie Wohnungen angedient, auf Nachfrage bekommen die Mietinteressenten dann aber die Auskunft, das Objekt sei leider schon vergeben. Vergleichbare Objekte, so die Plattform, könnten angeboten werden, wenn der Mietinteressent einen Suchauftrag erteilt. Damit beauftragt der Kunde des Portals dann einen Makler. Bei Abschluss des Mietvertrags wird die Maklerprovision fällig. Ob das alles legal ist, ist umstritten.
Anwalt Schäfer erwartet, dass auf diesem Weg abgeschlossene Verträge unwirksam wären. Mietinteressenten könnten die gezahlten Provisionen zurückverlangen.
Wer dagegen – so wie Peer Steinbrück im Wedding – eine Wohnung kauft, für den ändert sich nichts. Er zahlt die Maklerprovision, in Berlin etwa sechs Prozent plus Mehrwertsteuer. Zusätzlich kann er sich noch über die sechs Prozent Grunderwerbsteuer ärgern. Wie Vermieter die bei einer Mietpreisbremse wieder hereinholen sollen, dazu schweigt der Senat.