Erbschaftsteuer Steuerlücke für Reiche bleibt

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Gestreckte Steuerzahlungen

Zankapfel Erbe - die größten Fallstricke
Emotional überfordertWenn Partner oder Eltern sterben, ist das eine hohe emotionale Belastung. Aber auch eine große Erbschaft kann auf die Psyche schlagen. Das kann sich unterschiedlich auswirken. Nicht selten rutschen die Erben ab oder schlagen über die Stränge. Das Ergebnis ist dasselbe: Das Erbe wird verprasst, für Autos, Reisen, Partys. Mit entsprechenden Regelungen – etwas einer Dauertestamentsvollstreckung mit monatlichen Auszahlungen – kann dem entgegengewirkt werden. Quelle: dpa
Kein TestamentLiegt kein schriftliches und unterschriebenes Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge – auch wenn der Erblasser mündlich einen anderen letzten Willen ausgesprochen hat. Stirbt ein Ehepartner, erbt der überlebende Partner. Gibt es Kinder, egal ob ehelich oder unehelich, bekommt der Ehepartner 50 Prozent und die Kinder teilen sich die verbleibenden 50 Prozent. Quelle: dpa
Langfristige BindungDas Berliner Testament ist beliebt und weit verbreitet. Doch es hat seine Tücken, denn es zementiert eine einmal getroffene Regelung. Bei dieser Testamentsform, setzen sich Eheleute gegenseitig als Alleinerben ein. Erst wenn beide tot sind, erben die Kinder. Diese Quote kann ein überlebender Elternteil im Nachhinein nicht verändern. Es sei denn, es gibt eine Klausel, die dies erlaubt. Ein neues Testament des länger Lebenden gilt nicht - das Berliner Testament geht immer vor. Quelle: dpa
Pflichtteilsstrafklausel und Jastrow’schen KlauselHat nun ein Ehepaar ein solches Berliner Testament und ein Ehepartner verstirbt, ist der Überlebende Partner erst einmal Alleinerbe. Steckt nun das ganze Vermögen des Paares in einem Grundstück mit Häuschen und die Kinder fordern ihren Pflichtteil, muss der überlebende Partner Haus und Hof verkaufen, um die Kinder auszubezahlen. Verhindern lässt sich solch ein Fall mittels der Pflichtteilsstrafklausel im Testament. Dabei verfügt das Paar, dass ein Kind, das beim Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil einfordert, beim Tod des zweiten Elternteils enterbt ist. Wer also jetzt gierig ist und beispielsweise die Mutter zum Verkauf des Häuschens zwingt, soll bei deren Tod leer ausgehen. Im Falle der Jastrow’schen Klausel ist das Prinzip umgekehrt: Es droht also keine Strafe für Gierige, sondern eine Belohnung für Geduldige. Verzichtet ein Kind auf seinen Pflichtteil, wenn Vater oder Mutter sterben, bekommt das Kind beim Tod des anderen Elternteils quasi eine Bonuszahlung. Quelle: dpa
EnterbenDas eigene Kind vollständig zu enterben - ihm also auch den Pflichtteil zu verwehren, ist nur möglich, wenn - der Erbnehmer versucht hat, den Erblasser oder ein anderes Familienmitglied schwer zu verletzen oder zu töten - der Erbnehmer ein Verbrechen begangen hat, das mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung geahndet wurde und es für den Erblasser unzumutbar wird, seinen Nachlass - mit dieser Person zu teilen - wenn der Erbnehmer eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser böswillig verletzte Quelle: dpa
Fehlerhaftes TestamentDer letzte Wille ist oft falsch oder missverständlich formuliert. Immerhin ein Drittel der Deutschen hat in einer Studie angegeben, sich mit Begriffen wie „gesetzlicher Erbfolge“ oder „Pflichtteil“ nicht auszukennen. Juristische Begriffe werden deshalb in Testamenten oft falsch verwendet oder verwechselt. Häufig sind sie deshalb so geschrieben, dass Fachleute sie auslegen müssen. Die Folge: Der letzte Wille ist nicht so umsetzbar, wie vom Erblasser gewollt. Quelle: dpa
Erbschaftssteuer nicht eingeplantNächste Angehörige – das sind Ehepartner, Kinder und Enkel – haben Freibeträge. Ehepartner erben 500.000 Euro steuerfrei, Kinder immerhin noch 400.000 Euro und Enkel 200.000 Euro. Erst wenn die Erbschaft diese übertrifft, greift der Fiskus zu. Doch häufig ist für die fällig werdende Erbschaftssteuer nicht genügend Geld auf dem Konto. Besteht ein Begünstigter auf schnelle Auszahlung, müssen Immobilien, Wertpapiere oder Kunstgegenstände veräußert werden. Quelle: dpa

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte schon im vergangenen Jahr die Rechtslage kritisiert (II R 9/11). Und der Beirat des Bundesfinanzministerium hatte, nachdem der BFH es um Stellungnahme gebeten hatte, auch geprüft, ob es mittelständische Unternehmen gegeben habe, die durch die Zahlung von Erbschaftsteuern insolvent wurden. Dies war offenbar nie der Fall, denn es gab auch genügend Möglichkeiten, um Steuerzahlungen zu strecken, erinnert sich Ralf Stefan Werz, Rechtsanwalt und Steuerberater in der Kanzlei Taylor Wessing in München.

Hohe Risiken durch Cash-GmbH

Seiner Meinung nach könnte die Ablehnung im Bundestag damit zusammenhängen, dass der Bundesfinanzhof jüngst dem Bundesverfassungsgericht die derzeitige Erbschaftsteuerpraxis erneut zur Entscheidung vorgelegt hat (Aktenzeichen II R 9/11). Die Parlamentarier wollen jetzt offenbar nicht an einer Sache herumdoktern, die nach einer Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung doch wieder anders gestaltet werden müsste.

Für Steuergestalter, die in letzer Minute noch eine Cash-GmbH gründen wollen, bestehen allerdings auch sonst noch hohe Risiken: Die Steuerbescheide ergehen nur unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – das bedeutet umgangssprachlich, dass das Finanzamt die Steuervorteile streichen kann. Da allerdings nicht in allen Bundesländern die Finanzverwaltung gleichermaßen streng mit dem Thema umgehen muss, besteht für manchen Steuersparer vielleicht ein Anreiz, noch vor einer Änderung etwas zu unternehmen. Zumal sich Richter am Bundesfinanzhof auf Tagungen bereits dahin gehend geäußert haben sollen, dass sie sich vorstellen könnten, das das Cash-GmbH-Modell Bestand haben könnte.

Mancher rechnet allerdings auch schon damit, dass nach einem möglichen Regierungswechsel 2013 auf jeden Fall Änderungen der derzeitigen Praxis durchgeführt würden. Und die SPD könnte das Erbschafts-Thema im Wahlkampf nutzen.

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