Finanzministerium Steuerpflicht für Bettler - theoretisch

Einkünfte aus Bettelei sind nicht unbedingt Schenkungen, sondern können der Einkommensteuer unterliegen.

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Einkünfte aus Bettelei können der Einkommensteuer unterliegen. Quelle: dpa

In Berlin sind Bettler an vielen Plätzen anzutreffen. In der S-Bahn, am Ku‘damm oder Potsdamer Platz, am Einkaufswagen-Depot, Sonntags zu Beginn und am Ende des Gottesdienstes oder alltäglich vor roten Autoampeln. Einige winken und lächeln, viele wirken leidend und bedienen sich einer Krücke, manche halten einem die Obdachlosenzeitung vor die Nase oder gleich einen Pappbecher.

Auffallend viele Touristen geben Geld, der Berliner selbst hält sich eher zurück und spendiert statt Euros auch schon mal einen Apfel, eine Kippe oder Schrippe.

Insgesamt ergibt sich der Eindruck eines florierenden Wirtschaftszweigs in der Hauptstadt. Zumal dann, wenn man tagtäglich an den gleichen Stellen immer wieder dieselben Bettler antrifft, die gewissenhaft, mit strategischer Umsicht und beeindruckender Disziplin um 30 Cent oder einen Euro bitten. Angesichts solcher Präsenz stellt sich zum einen die Frage, wie viel Geld Bettler auf diese Weise zusammenbekommen. Und zum weiteren die Frage, ob das nicht schwarze Einkünfte sind.

Welche Strafen Steuertricksern drohen

Zumindest letztere Frage konnte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage einigermaßen beantworten. „Einkünfte aus Bettelei könnten je nach den Umständen des Einzelfalls auch einkommensteuerbar und somit grundsätzlich steuererklärungspflichtig sein“, teilt das Haus von Wolfgang Schäuble mit. Gemeint ist nicht gelegentliche Bettelei – hier gilt das erbettelte Geld als Schenkung -, sondern gewerbs- oder bandenmäßiges Betteln.

Das aber dürfte in vielen Fällen die Regel sein, vor allem angesichts der subjektiven Beobachtung, wie Kinder und junge Frauen, aber auch Damen im Großmutter-Alter samt männlicher Begleiter in Gruppen, mal per Kleintransporter oder mittels ÖPNV zu ihren Standorten gefahren und später wieder abgeholt werden. Da aber niemand von ihnen auf die Idee kommt, das erbettelte Geld beim Finanzamt anzumelden, liegt in solchen Fällen laut Bundesfinanzministerium „eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Abgabenordnung vor“ – wobei natürlich der Einzelfall geprüft werden müsse.

Diese gibt es natürlich nicht und das Bundesfinanzministerium räumt folglich ein, dass ihm „keine statistischen Daten darüber vorliegen, wie hoch Einkünfte aus Bettelei zu veranschlagen sind“. Zuständig wären ja auch in der föderal aufgebauten Bundesrepublik die Länder. Da aber so oder so keine Daten vorliegen und sich kein Finanzamt um bettelnde Steuerhinterzieher kümmert, erübrigt sich auch die Frage, ob sich der Geld spendende barmherzige Bürger eigentlich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig macht.

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von Daniel Schönwitz

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