In Berlin sind Bettler an vielen Plätzen anzutreffen. In der S-Bahn, am Ku‘damm oder Potsdamer Platz, am Einkaufswagen-Depot, Sonntags zu Beginn und am Ende des Gottesdienstes oder alltäglich vor roten Autoampeln. Einige winken und lächeln, viele wirken leidend und bedienen sich einer Krücke, manche halten einem die Obdachlosenzeitung vor die Nase oder gleich einen Pappbecher.
Auffallend viele Touristen geben Geld, der Berliner selbst hält sich eher zurück und spendiert statt Euros auch schon mal einen Apfel, eine Kippe oder Schrippe.
Insgesamt ergibt sich der Eindruck eines florierenden Wirtschaftszweigs in der Hauptstadt. Zumal dann, wenn man tagtäglich an den gleichen Stellen immer wieder dieselben Bettler antrifft, die gewissenhaft, mit strategischer Umsicht und beeindruckender Disziplin um 30 Cent oder einen Euro bitten. Angesichts solcher Präsenz stellt sich zum einen die Frage, wie viel Geld Bettler auf diese Weise zusammenbekommen. Und zum weiteren die Frage, ob das nicht schwarze Einkünfte sind.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Zumindest letztere Frage konnte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage einigermaßen beantworten. „Einkünfte aus Bettelei könnten je nach den Umständen des Einzelfalls auch einkommensteuerbar und somit grundsätzlich steuererklärungspflichtig sein“, teilt das Haus von Wolfgang Schäuble mit. Gemeint ist nicht gelegentliche Bettelei – hier gilt das erbettelte Geld als Schenkung -, sondern gewerbs- oder bandenmäßiges Betteln.
Das aber dürfte in vielen Fällen die Regel sein, vor allem angesichts der subjektiven Beobachtung, wie Kinder und junge Frauen, aber auch Damen im Großmutter-Alter samt männlicher Begleiter in Gruppen, mal per Kleintransporter oder mittels ÖPNV zu ihren Standorten gefahren und später wieder abgeholt werden. Da aber niemand von ihnen auf die Idee kommt, das erbettelte Geld beim Finanzamt anzumelden, liegt in solchen Fällen laut Bundesfinanzministerium „eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Abgabenordnung vor“ – wobei natürlich der Einzelfall geprüft werden müsse.
Diese gibt es natürlich nicht und das Bundesfinanzministerium räumt folglich ein, dass ihm „keine statistischen Daten darüber vorliegen, wie hoch Einkünfte aus Bettelei zu veranschlagen sind“. Zuständig wären ja auch in der föderal aufgebauten Bundesrepublik die Länder. Da aber so oder so keine Daten vorliegen und sich kein Finanzamt um bettelnde Steuerhinterzieher kümmert, erübrigt sich auch die Frage, ob sich der Geld spendende barmherzige Bürger eigentlich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig macht.