Großer Praxistest Die beste Steuersoftware für Ihr Geld

Umsteuern: Mit Unterstützung von Software oder App gelingt die Steuererklärung schnell und nervenschonend. Quelle: Illustration: Martin Haake

Neue Anbieter digitaler Steuerhelfer versprechen die kinderleichte Steuererklärung. Selbst das Finanzamt will sich von seiner lockeren Seite zeigen, lässt mehr Zeit und verzichtet auf Papierbelege. Die Vorteile sind groß. Ein paar Tücken gibt es aber.

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Früher brauchte es ein verregnetes Wochenende. Heute reicht im besten Fall eine halbe Stunde. Aktenordner raus, Smartphone her: Los geht’s! Neue Apps wie Taxbutler oder Taxfix wollen Nutzer noch schneller zur Steuererklärung führen. Teils reicht es schon, Unterlagen und Belege abzufotografieren. Den Rest soll die App erledigen, vollautomatisch.

Das Finanzamt trägt zur neuen Einfachheit bei. Steuerzahler brauchen keine Belege mehr einschicken. Mehr Zeit lässt es ihnen auch noch: Elektronische Steuererklärungen dürfen sie dieses Jahr in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen, Baden-Württemberg und Bayern zwei Monate später einreichen. Die Frist bei Pflicht zur Abgabe für 2017 verlängert sich von Mai auf Juli. In Rheinland-Pfalz gilt das auch für Steuererklärungen auf Papier. Vom kommenden Jahr an greift diese Regelung bundesweit.

Rund 21 Millionen Einkommensteuererklärungen erreichten das Finanzamt 2016 schon elektronisch. Etwa jeder Zweite füllt nicht mehr die grünen Steuerformulare aus, sondern nutzt digitale Steuerhelfer – auf dem Computer fest installierte Steuersoftware, Onlineangebote oder eben Apps für Smartphone und Tablet. Neben dem kostenlosen Service der Finanzämter (ElsterFormular) konkurrieren kommerzielle Anbieter um die Nutzer. Welche Angebote sich in der Praxis tatsächlich bewähren, zeigt der Test der WirtschaftsWoche: Ganz vorne landet mit dem Wiso Steuer Sparbuch eine klassische Steuersoftware, die aber auch den Onlinezugriff ermöglicht.

Die elektronische Abgabe der Steuererklärung klappt mit allen getesteten Angeboten. Große Unterschiede gibt es bei Tipps und Hinweisen auf Urteile und laufende Gerichtsverfahren, an die sich andere Betroffene dranhängen können. Während das kostenlose ElsterFormular so etwas gar nicht bietet, zeichnen sich andere hier aus. Auch die aktuelle Steuerserie der WirtschaftsWoche leistet solche Unterstützung. Meist bekommen Nutzer schon während der Eingabe angezeigt, welche Erstattung oder Nachzahlung sich ergibt. Das kann die Motivation steigern: 90 Prozent der Angestellten, die neben ihrem Gehalt allenfalls Kapitalerträge erzielt haben, erhalten Geld zurück, hat das Statistische Bundesamt ermittelt. Im Schnitt waren es 935 Euro.

Steuerzahler können mit vielen Tipps und Tricks noch den letzten Euro aus der Steuererklärung rausholen. Wer nur möglichst schnell fertig werden will, wird auch dabei unterstützt. Schon seit 2014 können Steuerzahler einige Daten, die den Finanzämtern von Arbeitgebern, Krankenkassen und Finanzdienstleistern gemeldet werden, elektronisch abrufen und automatisch in ihre Steuererklärung laden. „Vorausgefüllte Steuererklärung“ heißt der Service vollmundig. Die alternative Bezeichnung „Belegabruf“ trifft die Sache besser. Praktisch ist der Service aber wirklich. Nur die Registrierung (mit der Steuer-Identifikationsnummer unter www.elster.de) ist umständlich. Umfassende Steuersoftware, wie das Wiso Steuer Sparbuch und die SteuerSparErklärung, aber auch Onlinedienste wie Smartsteuer oder Lohnsteuer Kompakt nehmen einem die mühsame Registrierung ab. Hier können Nutzer sich direkt für den Belegabruf freischalten lassen.

Zeitsparend ist auch die Übernahme von Daten aus dem Vorjahr: Die Fahrtstrecke zur Arbeit bleibt oft gleich, der Ehepartner auch – wenn’s gut läuft. Alle Daten zu übernehmen gelingt meist nur bei Verwendung der gleichen Steuersoftware wie im Vorjahr. Zumindest die wichtigsten Daten lassen sich in der Regel aber auch aus Konkurrenzprodukten übertragen. Hierfür wird eine PDF-Datei der alten Steuererklärung ausgelesen. Ein paar Angebote, darunter Taxman und Smartsteuer, ermöglichen aber nicht einmal das.

Die App Taxbutler geht einen Schritt weiter. Während andere Helfer versuchen, möglichst viele Daten vorab in die Steuererklärung einzutragen und den Nutzer dann Thema für Thema hindurchzuführen, wählt Taxbutler einen anderen Weg: Aus einem Sammelsurium aus abfotografierten Belegen und Unterlagen soll eine fertige Steuererklärung entstehen, die der Nutzer nur noch kontrollieren muss. Der ehemalige Finanzstaatssekretär und neue Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte das früher eine „pfiffige Idee“ genannt und 15.000 Euro in das Start-up investiert. Nach massiver Kritik wegen möglicher Interessenkonflikte gab er die Beteiligung wieder auf.

Die Tücken der neuen Freiheit

Im Test klappte die automatische Steuererklärung erstaunlich gut. Doch der Teufel steckt wieder im Detail: An einigen Stellen machte Taxbutler Fehler. So wurden regelmäßige Ausgaben nur für einen Monat berücksichtigt. Ein Dokument, das 2018 betraf, wurde 2017 zugeordnet. Nutzer müssen den Entwurf der Steuererklärung – eine für Steuerlaien eher kryptische Übersicht – penibel prüfen.

Allen, die die lästige Pflicht schnell abhaken wollen, wird das schwerfallen. Verlassen sie sich auf die Richtigkeit, drohen sie nicht nur zu viel zu zahlen, sondern könnten sich im schlimmsten Fall auch rechtlichen Ärger einhandeln, wenn Einkünfte verschwiegen werden.

Wohin die Reise bei der digitalen Steuerunterstützung geht, zeigt ein neuer Service des Wiso Steuer Sparbuchs: Nutzer können Buchungen aus ihrem Onlinebankkonto auslesen lassen. So sollen relevante Zahlungen erkannt werden. Noch funktioniert das längst nicht so gut, dass daraus eine vollautomatische Steuererklärung entsteht. Aber der Einzug der oft gepriesenen künstlichen Intelligenz per Algorithmus läuft.

Nur bedeutet die neue Einfachheit noch lange nicht, dass die Finanzbeamten in strittigen Fällen ein Auge zudrücken. Zwar werden die Steuererklärungen auch zunehmend automatisch geprüft. Mit einem speziellen Risikomanagementsystem (RMS) sollen sich die Beamten auf Fälle konzentrieren, bei denen viel zu holen ist. Die genaue Ausgestaltung des RMS ist Geheimsache. Bekannt ist, dass Steuerzahler in drei Kategorien vorsortiert werden: Gutverdiener (spätestens ab 500 000 Euro an Einkünften) sollen auf jeden Fall persönlich geprüft werden. Alle anderen werden vom Computer durchleuchtet. Nur wenn es Auffälligkeiten gibt, bekommen Beamte den Fall mit Risikohinweisen zu sehen. Alarm schlagen die Systeme zum Beispiel, wenn es starke Abweichungen zum Vorjahr gibt oder bestimmte Schwellenwerte, etwa bei den abgesetzten beruflichen Ausgaben, überschritten werden. Wie hoch die Schwellen genau sind, ist geheim. Ergänzend werden einzelne, eigentlich unauffällige Steuerfälle zufällig ausgewählt und müssen dann auch im Detail von Menschen geprüft werden.

Das Finanzamt kann weiter Belege zur Prüfung nachfordern. Im Bürokratendeutsch ist aus der Vorlagepflicht eine Vorhaltepflicht geworden. Spendenbescheinigungen müssen die Steuerzahler ein Jahr nach Erhalt des Steuerbescheids aufheben. Bei privaten Handwerkerrechnungen sind es laut Lohnsteuerhilfe Bayern zwei Jahre, bei Belegen zu vermieteten Immobilien zehn Jahre. Und Top-Verdiener mit über 500 000 Euro Einkommen müssen Unterlagen grundsätzlich sechs Jahre vorhalten. Wer Belege zehn Jahre aufhebt, geht auf Nummer sicher: Dann wäre selbst eine Hinterziehung verjährt.

Die beste Software für Ihr Geld

Uwe Rauhöft, Geschäftsführer beim Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine, sieht im Zusammenspiel aus automatisierter Prüfung und beleglosen Steuererklärungen nicht nur Vorteile: „Je mehr automatisiert geprüft wird, desto mehr Verantwortung liegt beim Bürger.“ Fehler könnten leichter übersehen werden und – im schlechtesten Fall – später auffliegen und geahndet werden. Der Finanzbeamte früher hätte falsche Posten eher mal unkompliziert gestrichen. Rauhöft rät, sehr sorgfältig einzutragen, um was für Einnahmen und Ausgaben es geht. Statt der Sammelbezeichnung „Spenden“ lieber die Empfänger nennen. Statt „Handwerker“ besser „Badumbau, Arbeitslohn ohne Materialkosten“ eintragen. Erscheinen Angaben dem Finanzamt plausibel, wird es auf Rückfragen und Belege eher verzichten. Und – wenn alles stimmt – gehen Steuerzahler kein Risiko ein. In Zweifelsfällen können sie ein neues Freitextfeld nutzen und strittige Sachverhalte schildern. Dann schaut sich ein Beamter den Fall an. Gibt er grünes Licht, ist alles okay.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche digitale Unterstützer Ihnen einen Großteil der Steuererklärung abnehmen und eine hohe Erstattung rausholen.

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