Steuern und Recht kompakt Rechtstipp der Woche: Schneller und billiger ans Erbe kommen

Vom 17. August an gilt in Europa ein neues Erbrecht. Wie sich Probleme bei grenzübergreifenden Erbschaften vermeiden lassen und was es sonst noch Neues in der Rechtsprechung gibt.

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Testament, Erbe Quelle: dpa

Mehrere Hunderttausend Deutsche leben im EU-Ausland. Viele von ihnen besitzen Vermögen, meist Immobilien. Bei ihrem Tod greift vom 17. August an ein neues Erbrecht. Dessen Grundprinzip ist, dass bei Erbschaften immer das Erbrecht des EU-Staates gilt, in dem der Verstorbene lebte.

Die Änderungen waren nötig geworden, weil in der EU inzwischen zehn Prozent aller Erbschaften grenzüberschreitend sind. Weil sich das deutsche Erbrecht mit dem der anderen EU-Länder oft nicht vereinbaren lässt, führt dies bis heute zu kostspieliger Bürokratie.

So gilt in Frankreich für Immobilien, die Deutsche ihren Erben hinterlassen, französisches Recht. Für das übrige Vermögen greift jedoch deutsches Erbrecht. Konsequenz: Der Nachlass muss rechtlich aufgespalten werden.

Soweit nichts anderes im Testament bestimmt ist, gilt künftig das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt hatte. Damit sind nicht Rentner gemeint, die im eigenen Häuschen am Mittelmeer überwintern. Die Vererber müssen mehr als die Hälfte des Jahres dort verbracht haben.

Recht einfach: Biergarten

Allerdings können sich die Lebensgewohnheiten ändern. Aus einem Winterquartier kann schnell ein dauerhafter Wohnsitz werden. „Wer Vermögen besitzt und sich ständig längere Zeit im Ausland aufhält, sollte ein bestehendes Testament an das neue EU-Erbrecht anpassen“, rät Jürgen Reiß, auf Erbrecht spezialisierter Anwalt aus Frankfurt. So wird beispielsweise das in Deutschland weit verbreitete Ehegattentestament, bei dem sich die Partner gegenseitig als Alleinerben und die Kinder als Schlusserben nach dem Tod beider Elternteile einsetzen, in Spanien nicht anerkannt. In Frankreich wird ein Verzicht der Kinder auf ihren Pflichtteil nicht wirksam. Ohne diesen Verzicht ist ein Ehegattentestament jedoch problematisch, bei dem ja der hinterbliebene Ehepartner zunächst alles erbt und erst danach die Kinder erben sollen. Es droht Streit ums Erbe.

Solche Probleme lassen sich jedoch beheben, indem im neuen Testament eine Klausel eingefügt wird, nach der unabhängig vom Wohnsitz desjenigen, der vererbt, deutsches Erbrecht gilt. Ist das Testament bereits erstellt, lässt sich ein handschriftliches Dokument beilegen, in dem der Vererbende das deutsche Erbrecht wählt. Handelt es sich um ein gemeinschaftliches Testament, müssen beide Ehepartner diese Erklärung unterschreiben.

Schnellgericht

Das neue Erbrecht bringt auch Erleichterungen für Erben. So können sie künftig über ein Europäisches Nachlasszeugnis ihre Ansprüche im EU-Ausland schnell und kostengünstig nachweisen. „Erben müssen dann nicht mehr bei einer ausländischen Behörde einen Erbschein beantragen“, sagt Anwalt Reiß von Reiss Rechtsanwälte Avvocati. Das spart Zeit und Kosten. Noch allerdings gibt es keine EU-Nachlasszeugnisse. Sie werden auf Antrag erst vom 17. August an ausgestellt. Bis dahin müssen sich die Erben noch mit spanischen, französischen oder italienischen Behörden herumschlagen.

Abgeltungssteuer - Verlust über alle Depots verrechnen

Ein Anleger hatte bei zwei verschiedenen Banken je ein Wertpapierdepot. Für das Steuerjahr 2010 wollte er Altverluste aus vorhergehenden Jahren mit Gewinnen aus 2010 verrechnen. Die beiden Banken hatten für jedes Depot separat laufende Erträge und Verluste für 2010 bereits verrechnet. Die beiden Nettobeträge hat das Finanzamt danach mit den Altverlusten verrechnet und kam zu einem steuerpflichtigen Ertrag von 137 643 Euro. Der Anleger hätte 25 234 Euro Abgeltungsteuer zahlen müssen. Gegen den Bescheid klagte der Anleger. Statt wie die Banken für jedes Depot Verluste und Erträge miteinander zu verrechnen, hätte der Fiskus eine Gesamtrechnung machen müssen. Dann hätte der Anleger nur Erträge von 27 814 Euro versteuern müssen. Grund dafür war, dass die Bank in einem Depot Aktiengewinne bereits mit laufenden Verlusten verrechnet hatte. Für den Anleger wäre es besser gewesen diese Gewinne mit Altverlusten zu verrechnen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat nachgerechnet und kam zum gleichen Ergebnis wie der Kläger (16 K 4467/12 E). Das Finanzamt sei nicht an die automatische Verrechnung der beiden Banken für die einzelnen Depots gebunden, so die Richter. Vielmehr müsse es Verluste und Erträge depotübergreifend verrechnen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Tipps für weniger Abgeltungssteuer
Ein Ehepaar rechnet Ausgaben zusammen Quelle: Fotolia
Kalender Quelle: Fotolia
3. Rechtzeitig einrichtenDer Freistellungsauftrag sollte stets bei Konto- oder Depoteröffnung eingereicht werden, um unerwünschte Steuerzahlungen von Anfang an zu vermeiden. Banken führen nämlich fällige Abgeltungsteuer automatisch bei Kapitalgutschrift ans Finanzamt ab, wenn kein Freistellungsauftrag vorliegt. Ein unterjährig neu beantragter oder erhöhter Freistellungsauftrag kann helfen, auch für bereits realisierte und versteuerte Erträge nachträglich die Steuerlast zu mindern. So ist zum Beispiel im Rahmen der nachträglichen Verlustrechnung die Erstattung bereits abgeführter Kapitalertragsteuern möglich. Quelle: Fotolia
Ein Paar sitz zur Beratung in einer Bank Quelle: Fotolia
Eine Frau zereisst ihr Hochzeitsfoto Quelle: dpa
Eine Witwe steht mit einer Rose vor einem Sarg Quelle: Fotolia
Ein Mädchen liegt auf einer Sommerwiese Quelle: Fotolia

Baurecht - Zwölf Meter Abstand reichen

Der Besitzer eines Reihenhauses wehrte sich gegen einen Bebauungsplan für ein Mehrfamilienhaus in unmittelbarer Nachbarschaft. Er argumentierte, das Haus stehe zu nahe an seinem Reihenendhaus. Zudem hätten Bewohner des Mehrfamilienhauses Einblick in sein Grundstück. Er fühle sich dadurch in seiner Privatsphäre gestört. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte dagegen nichts an dem Bebauungsplan auszusetzen (1 ME 77/15). Der vorgesehene Abstand von zwölf Metern zur nördlichen Grenze des Reihenhausgrundstücks reiche, das gesetzliche Gebot der Rücksichtnahme sei damit eingehalten.

Einkommensteuer - Abzug auch bei eigenem Haushalt

Alleinstehende Eltern, die Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag haben, können zusätzlich auch einen Entlastungsbeitrag in Höhe von 1308 Euro im Jahr vom Einkommen abziehen. Zum Haushalt des Alleinerziehenden gehören Kinder, die dort gemeldet sind. Eltern können auch dann den Entlastungsbeitrag in Anspruch nehmen, wenn das Kind zwar bei ihnen gemeldet ist, tatsächlich aber woanders wohnt (Bundesfinanzhof, III R 9/13). In dem vom BFH entschiedenen Fall war das Kind bereits volljährig und hatte einen eigenen Haushalt.

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