Das Urteil des Oberlandesgerichts in Karlsruhe hätte kaum eindeutiger ausfallen könne. Im konkreten Fall hatte ein Bauschlosser wegen eines Rückenleidens auf Auszahlung seiner Berufsunfähigkeitsversicherung geklagt. Seine Versicherung verweigerte die Auszahlung, weil der Handwerker bei Vertragsabschluss Vorerkrankungen und zeitweise Arbeitsunfähigkeit aus den Vorjahren einfach verschwiegen hätte. Die Vorerkrankungen hatten zwar größtenteils nichts mit dem Berufsunfähigkeit auslösenden Rückenleiden zu tun. Aber für das Gericht war das Urteil klar: im Verschweigen schwerer oder chronischer Erkrankungen sei ein arglistiges Täuschungsmanöver des Klägers erkennbar, der Versicherungsvertrag auf betrügerische Weise erschlichen worden. Die Zahlungsverweigerung der Versicherung sei daher rechtens. Einmal mehr bestätigt sich damit: Wer bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen mogelt und Vorerkrankungen verschweigt, riskiert den Verlust seines Versicherungsschutzes – und steht im Bedarfsfall mit Nichts da.
Eine kostspielige Angelegenheit
Die Gründe des Handwerkers für Täuschung liegen auf der Hand. Sicherlich hatte sich der Bauschlosser durch die Verneinung von Vorerkrankungen während der zehn Jahre vor Vertragsabschluss deutliche Vorteile versprochen. Entweder er fürchtete, überhaupt keinen geeigneten Versicherungsschutz zu bekommen, weil die Versicherung diesen aufgrund der hohen Versicherungsrisiken abgelehnt oder zumindest wichtige Gesundheitsrisiken in der Police explizit ausgeklammert hätte. Oder er erhoffte sich zumindest niedrigere Monatsbeiträge durch die Einstufung in eine günstige Risikoklasse. Schließlich ist der Schutz vor Berufsunfähigkeit eine kostspielige Angelegenheit, deren Nutzen nur dann zutage tritt, wenn der Versicherte tatsächlich berufsunfähig wird und die Versicherung dies auch anerkennt.
Die günstigsten BU-Policen für Bankkaufleute
Mann, 30 Jahre, angestellte Bankkaufleute, 1.500 Euro monatliche BU-Rente, BU-Schutz bis Alter 67, Beitragsverrechnung.
Hinweis: Der Nettobeitrag ist die zu Versicherungsbeginn zu zahlende Prämie. Sie kann während der Vertragslaufzeit vom Versicherer einmal jährlich erhöht werden, maximal aber bis zur Höhe des Bruttobeitrags. Die Veränderung des Nettobeitrags bezieht sich auf die Tarife vor Umstellung auf die geschlechtsneutralen Unisex-Tarife.
Quelle: Franke und Bornberg, Januar 2013
Tarif: SBU Profi Care
Bruttobeitrag (Unisex): 92,78€
Nettobeitrag (Unisex): 54,74€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): -7%
Tarif: BUV-Plus 91
Bruttobeitrag (Unisex): 104,70€
Nettobeitrag (Unisex): 62,82€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): -2%
Tarif: Selbstst. BU SBU2600C
Bruttobeitrag (Unisex): 92,21€
Nettobeitrag (Unisex): 64,55€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): 6%
Tarif: SBU
Bruttobeitrag (Unisex): 85,80€
Nettobeitrag (Unisex): 66,41€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): -3%
Tarif: BUV
Bruttobeitrag (Unisex): 107,76€
Nettobeitrag (Unisex): 67,08€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): -15%
Urteile wie das aus Karlsruhe sind nicht weiter ungewöhnlich. Versicherer haben nicht nur das Recht, sondern im Interesse der übrigen Versicherten sogar die Pflicht, die Risiken innerhalb der Versichertengemeinschaft möglichst genau zu kalkulieren. Schließlich sind Wirtschaftlichkeit und Stabilität einer Versicherung im Interesse aller Versicherten. Das betrifft nicht zuletzt auch die Beitragsstabilität.
Versicherung für Risikoberufe wird immer teurer
Die Versicherungsanalysten von Franke und Bornberg in Hannover beobachten allerdings, dass es für die Mehrheit der Berufstätigen immer schwieriger wird, eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abzuschließen. Während es einen zunehmend intensiven Preiswettbewerb zwischen den Versicherern um die Kunden mit niedrigen Risiken gibt, wird die BU-Police für die typischen Risikoberufe – also körperlich Tätige wie etwa Handwerker – immer teurer. "Für Berufe mit höherem Risiko wie Maler oder Maurer haben sich die Preise in den letzten Jahren aber zum Teil vervierfacht. Monatsbeiträge von 300 Euro und mehr sind keine Seltenheit", konstatierte Michael Franke, Geschäftsführer von Franke & Bornberg, erst Anfang Februar. Die Konsequenz: Wer nicht gleich von den Versicherungen als Kunde abgelehnt wird, sieht sich oftmals mit geforderten Beitragszahlungen konfrontiert, die für ihn unbezahlbar sind.
BU-Versicherer meiden hohe Risiken
Dabei sind sich Versicherer und Verbraucherschützer einig: Berufsunfähigkeit ist neben schwerer Krankheit, Arbeitslosigkeit und Haftpflicht eines der existenziellen Risiken, für das private Vorsorge dringend zu empfehlen ist. Wer also keine BU-Versicherung bekommt oder die hohen Versicherungsprämien nicht stemmen kann, sollte sich auf die Suche nach Alternativen zur klassischen BU-Police umsehen. Die gibt es tatsächlich – auch wenn sie meist keinen vollwertigen Ersatz für eine ordentliche Berufsunfähigkeitsrente darstellt. Doch die immer noch weitgehend unbekannten Angebote der Versicherer sind allemal besser, als ganz ohne Vorsorge auszukommen.
Ungleich verteilte Risiken
Das gilt insbesondere für besonders gefährdete Berufsgruppen. Statistisch wird jeder fünfte Arbeitnehmer im Laufe seines Erwerbslebens berufsunfähig. Aber das Risiko, den eigenen Beruf nicht mehr ausüben zu können, ist sehr ungleich verteilt: So laufen mehr als die Hälfte aller Gerüstbauer und Dachdecker Gefahr, berufsunfähig zu werden. Gerade in diesen Risikogruppen ist eine BU-Police daher für viele unbezahlbar. Bei Ärzten, Ingenieuren, Anwälten oder Architekten liegt das Risiko hingegen mitunter deutlich unter sieben Prozent. Um die Versicherung dieser "guten Risiken" tobt in der Branche ein regelrechter Preiskampf. "Seit Jahren splitten Versicherer die Prämien in mehr und mehr Berufsgruppen auf", erklärt Michael Franke. "Wer am Schreibtisch sitzt, zahlt immer weniger."
Versicherer lehnen teure Kunden ab
Vor ähnlichen Schwierigkeiten stehen auch Angehörige aller Berufsgruppen, wenn sie bereits schwere Vorerkrankungen aufweisen, die eine Berufsunfähigkeit vor Erreichen des Rentenalters wahrscheinlicher werden lassen. Zwar können die Versicherer etwa bei einem von diversen Bandscheibenvorfällen geplagten Kunden Erkrankungen am Bewegungsapparat ausschließen, aber für den Antragsteller ist dies oft inakzeptabel. Denn mit der Ausschlussklausel bliebe sein Hauptrisiko für eine Berufsunfähigkeit weiterhin unversichert. Auch mit zunehmendem Alter des Antragstellers erhöht sich die Risikoeinstufung. In den genannten Fällen setzen die Versicherer deshalb die monatlich zu zahlenden Beiträge entweder deutlich höher an oder verweigern den Versicherungsschutz ganz. Schätzungsweise ein Viertel bis ein Drittel der Anträge auf eine BU-Police lehnen die Versicherer ab.
Die günstigsten BU-Policen für selbständige Friseure
Mann, 45 Jahre, selbstständige Friseure, Salon-Inhaber mit 5 Mitarbeitern, 50% kaufmännisch und 50% körperlich tätig, 3.000 Euro monatliche BU-Rente, BU-Schutz bis Alter 65 Jahre, Beitragsverrechnung.
Hinweis: Der Nettobeitrag ist die zu Versicherungsbeginn zu zahlende Prämie. Sie kann während der Vertragslaufzeit vom Versicherer einmal jährlich erhöht werden, maximal aber bis zur Höhe des Bruttobeitrags. Die Veränderung des Nettobeitrags bezieht sich auf die Tarife vor Umstellung auf die geschlechtsneutralen Unisex-Tarife.
Quelle: Franke und Bornberg, Januar 2013
Tarif: BUV-Plus 91
Bruttobeitrag (Unisex): 515,34€
Nettobeitrag (Unisex): 309,20€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): -3%
Tarif: Selbstst. BU BSBU2501C
Bruttobeitrag (Unisex): 518,21€
Nettobeitrag (Unisex): 347,20€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): 1%
Tarif: SBU
Bruttobeitrag (Unisex): 547,24€
Nettobeitrag (Unisex): 405,35€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): 16%
Tarif: SBU
Bruttobeitrag (Unisex): 573,03€
Nettobeitrag (Unisex): 458,42€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): 26%
Tarif: SBU BV 10
Bruttobeitrag (Unisex): 594,62€
Nettobeitrag (Unisex): 451,91€
Veränderung Nettobeitrag (in Prozent): -2%
Wer prüfen will, ob er versicherbar ist und welche Prämien er dafür zahlen müsste, sollte unbedingt die anonyme Risikoanfrage nutzen. Die ist allerdings nur möglich, wenn der Antrag auf eine BU-Police von einem Versicherungsberater oder -makler eingereicht wird, der diesen Service anbietet. Dies hat aber den Vorteil, dass es im Falle einer Ablehnung kein Eintrag in die gemeinsamen Risikodatenbanken der Versicherer erfolgt. Dort können die Anbieter die Ablehnung anderer Versicherer sonst einsehen und daraufhin auf eine Prüfung der Unterlagen verzichten.
BU-Alternativen ohne ausführliche Gesundheitsfragen
Ist eine BU-Versicherung nicht möglich oder zu teuer, sind andere Versicherungstypen zumindest eine Überlegung wert. Denn um sie abzuschließen, muss der Versicherungsnehmer in der Regel keine ausführlichen Gesundheitsfragen beantworten, Vorerkrankungen spielen somit eine weit geringere Rolle. Sie alle haben aber ihre Besonderheiten.
Unfallversicherung
Die Unfallversicherung zahlt dem Versicherten nur nach einem Unfall einen Einmalbetrag oder eine Rente. Eine hohe Einmalzahlung kann sinnvoll sein, wenn etwa nach einem Unfall der behindertengerechte Umbau der Wohnung notwendig wird. Auch die Vereinbarung dynamisch ansteigender Beitragsprämien ist erwägenswert, damit sich die Versicherungsleistung mit den Jahren immer weiter erhöht. Viele Arbeitgeber, die für ihre Mitarbeiter eine berufliche Unfallversicherung abschließen müssen, erweitern den Versicherungsschutz auf das Privatleben der Angestellten. Sofern eine Unfallversicherung vorhanden ist, sollte unbedingt die Versicherungssumme im Blick gehalten und bei Bedarf angepasst werden. Krankheitsrisiken, die zur Berufsunfähigkeit führen können, sind durch die Unfallversicherung allerdings nicht abgedeckt. Insofern ist die Unfallversicherung die schlechteste der Alternativen zur Absicherung der Arbeitskraft. Dafür verzichten Unfallversicherungen oftmals auf Gesundheitsfragen.
Erwerbsunfähigkeitsversicherung
Diese Versicherung richtet sich nach den Bedingungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch diese zahlt eine Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn der Beschäftigte mindestens sechs Monate lang nicht mehr in der Lage ist, mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten – gleichgültig in welchem Beruf. Allerdings ist die staatliche Erwerbsminderungsrente deutlich zu niedrig, um damit den Lebensunterhalt zu bestreiten. Daher kann es sinnvoll sein, zumindest das Invaliditätsrisiko mit eine zusätzlichen Police so abzusichern, dass der Lebensunterhalt gewährleistet ist. Diese Versicherung ist besonders für Angehörige besonders risikoreicher Berufe wie Dachdecker geeignet. Allerdings kann die Versicherung auf einen anderen Beruf verweisen, in dem der Versicherte mehr als drei Stunden erwerbstätig sein kann, bevor sie die Invalidität voll anerkennt.
BU: Dramatische Beitragsunterschiede
Marktvergleich unter 40 Versicherern; Berechnungsbasis: 1.500 € monatliche BU-Rente, Eintrittsalter 35 Jahre, versichert bis Alter 67;
ausgewiesen ist je Beruf der niedrigste und höchste Nettobeitrag.
Hinweis: Der Nettobeitrag ist die zu Versicherungsbeginn zu zahlende Prämie. Sie kann während der Vertragslaufzeit vom Versicherer einmal jährlich erhöht werden, maximal aber bis zur Höhe des Bruttobeitrags.
Quelle: Franke und Bornberg, Januar 2013
Minimalbeitrag: 414,21 €
Maximalbeitrag: 241,86 €
Minimalbeitrag: 218,67 €
Maximalbeitrag: 164,77 €
Minimalbeitrag: 340,99 €
Maximalbeitrag: 139,53 €
Minimalbeitrag: 375,55 €
Maximalbeitrag: 134,95 €
Minimalbeitrag: 340,99 €
Maximalbeitrag: 103,30 €
Minimalbeitrag: 194,17 €
Maximalbeitrag: 68,61 €
Minimalbeitrag: 246,72 €
Maximalbeitrag: 65,84 €
Minimalbeitrag: 246,72 €
Maximalbeitrag: 57,83 €
Minimalbeitrag: 194,17 €
Maximalbeitrag: 57,83 €
Minimalbeitrag: 246,72 €
Maximalbeitrag: 47,71 €
Minimalbeitrag: 130,39 €
Maximalbeitrag: 47,71 €
Minimalbeitrag: 107,44 €
Maximalbeitrag: 47,71 €
Dread-Disease-Policen
Mit einer Dread-Desease-Versicherung können sich Versicherte vor den finanziellen Folgen bestimmter Krankheiten schützen. Allerdings muss die Erkrankung im Leistungskatalog der Versicherung explizit genannt sein. Üblicherweise schnüren die Versicherer hier ein Paket, das zum Beispiel Herzinfarkt oder Krebserkrankung beinhaltet. Bei Eintritt einer im Katalog genannten Krankheit zahlt die Versicherung üblicherweise einen steuerfreien Einmalbetrag. Ursprünglich diente diese angelsächsische Versicherungsmodell der Finanzierung von Operationskosten. Einschränkungen am Bewegungsapparat oder psychische Krankheiten lassen sich allerdings nicht mit einer Dread-Desease-Police absichern.
Grundfähigkeitsversicherung
Dieser Versicherungstyp bietet eine monatliche Rente für den Fall, dass der Versicherte Grundfähigkeiten wie Sehen, Hören, Sprechen oder Gehen durch Krankheit, Unfall oder Kräfteverfall verliert. Üblicherweise sind die Grundfähigkeiten nicht individuell wählbar sondern in den Versicherungsbedingungen festgelegt. Vor allem im Hinblick auf psychische Erkrankungen – eine der häufigsten Ursachen für eine Berufsunfähigkeit - ist dieser Versicherungsschutz lückenhaft, sofern nicht auch Grundfähigkeiten durch die Erkrankung verloren gehen. Dennoch kann dieser Schutz zumindest für körperlich Tätige die finanziellen Risiken deutlich mindern.
Immer weniger profitieren von der Qualität der Berufsunfähigkeitsversicherung
Während Verbraucherschützer diese Versicherungstypen in der Regel als unzureichend ablehnen, plädieren die Versicherungsanalysten von Franke & Bornberg für vorbehaltlose Prüfung dieser alternativen Angebote. Die Qualität der Berufsunfähigkeitsversicherungen in Deutschland sei bereits durchgängig hoch, aber der Wettbewerb drehe sich nur noch um Versicherte mit niedrigen Risiken, mit immer detaillierteren und immer schwerer beantwortbaren Gesundheitsfragen und sinkenden Preisen für einige wenige. Von der bereits maximalen Qualität der Berufsunfähigkeitsversicherungen würden hingegen immer weniger Berufstätige profitieren.
"Die Branche driftet in ein System, dass in der Praxis nicht gelebt werden kann", schrieb Franke und Bornberg-Geschäftsführer Franke in einer umfassenden Analyse vom Januar 2013. Er plädiert daher dafür, das Produktspektrum nach unten zu erweitern. "Es besteht großer Bedarf an bezahlbarem Versicherungsschutz. Günstige Basis-BU-Produkte kämen vielen Verbrauchern entgegen", heißt es in der Analyse. Dabei wäre einer langen Laufzeit der Leistungen – mindestens bis zum Rentenalter - auch gegenüber der Höhe der monatlichen BU-Rente und insbesondere gegenüber der Qualität der Versicherungsleistungen immer Vorrang einzuräumen.
"Im Gespräch und als Reaktion auf unsere Analyse haben mir die Versicherer zu verstehen gegeben, dass sie das Dilemma der Branche durchaus ähnlich sehen. Aber keiner will den Vorstoß wagen. Der einzige Weg wäre aus ihrer Sicht eine konzertierte Aktion der gesamten Branche unter Einschluss des Vertriebs. Aber die Makler fürchten, dass sie bei Vermittlung eines qualitativ schlechteren BU-Tarifs oder eines Alternativproduktes auf der Haftungsseite Probleme bekommen", schildert Franke die Kommentare zu seiner Analyse.
Solange der Markt für BU-Schutz aber keinen Neuanfang schafft, bleiben den Betroffenen nur wenige Optionen. Die Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung bieten da zumindest eine Absicherung für den schlimmsten Fall und sind im Ernstfall immer noch hilfreicher, als ein zu kleiner oder zu kurz laufender BU-Vertrag.