Die Integration der Betriebsrente in Tarifverträge soll die bAV unter Erwerbstätigen weiter verbreiten. Aber gerade gerade daran herrschen große Zweifel. So sprach etwa Oliver Paschen, Vorstandschef der Dresdner Pensionskasse, von einer neuen „Tarifrente“, die komplett am eigentlichen Ziel vorbeigehe. Gerade bei den Unternehmen mit Tarifbindung sei die bAV bereits relativ weit verbreitet. Die anvisierten kleinen und mittelständischen Unternehmen seien aber in weiten Teilen nicht tarifgebunden. Diese würden durch die Reform nicht erreicht.
Die gleiche Befürchtung äußerten auch Rentenexperten der Grünen und die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba). In der Aba-Stellungnahme zum Gesetz heißt es: „Abzuwarten bleibt, ob und inwieweit die Tarifpartner tatsächlich von den ihnen eingeräumten neuen Optionen Gebrauch machen und die neuen Möglichkeiten auch für nicht tarifgebundene Unternehmen, zu denen eine Vielzahl der KMU gehören, öffnen.“
Laut einer Umfrage des bAV-Anbieters Longial sieht daher nur ein Drittel von befragten Teilnehmern einer Fachtagung im Sozialpartnermodell einen Weg, die Betriebsrente bei den KMU zu verbreiten. Zwei Drittel der Befragten fürchten hingegen, dass die Tarifparteien die KMU schlicht nicht erreichen oder bisherige bAV-Versicherungslösungen weiter präferiert werden. „Fast die Hälfte der Befragten glaubt, dass von der Ausweitung lediglich die Besserverdiener profitieren“, sagt Michael Hoppstädter, Geschäftsführer von Longial.
Das lässt vor allem die geplante Anpassung der Höchstbeiträge in der bAV vermuten. Bislang konnten maximal 254 Euro pro Monat in die Betriebsrente gesteckt werden. Tritt das BRSG wie geplant mit Beginn des Jahres 2018 in Kraft, würden sich die Höchstbeiträge auf 508 Euro verdoppeln (von vier auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung). Der Vorteil: die Beiträge werden vor Steuern vom Bruttolohn abgezogen. Die erhöhte sogenannte Entgeltumwandlung senkt also die Lohnsteuer zusätzlich. Allerdings dürften Geringverdiener dadurch kaum zum Einstieg in die bAV motiviert werden.
Dass die Komplexität und die damit einhergehende Bürokratie durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz tatsächlich abnimmt, mag indes kaum einer Glauben. Vor allem Verbraucherschützer sehen da großen Nachhol- und Nachbesserungsbedarf, zumal noch viele Detailfragen offen sind.
Eine andere Befragung unter 200 bAV-Verantwortlichen durch die Generali Versicherungen zeichnet hingegen ein recht optimistisches Bild. Knapp zwei Drittel der Mittelständler erwarten demnach durch die Reform eine steigende Nachfrage bei der betrieblichen Altersversorgung. Und immerhin: Selbst die Kritiker aus der bAV-Branche würdigen, dass die Stärkung der bAV in dem Gesetzentwurf endlich angegangen wird und zumindest ansatzweise brauchbare Lösungen für eine bessere Verankerung der Betriebsrente im dreisäuligen Rentensystem vorsieht.
Das ist angesichts eine heiklen Wahlkampfthemas wie der Rente ja auch nicht selbstverständlich.