APEC-Gipfel Wie Europa unwichtig wird, ohne es zu merken

Seite 2/2

Umweg Hongkong fällt weg

Seit Jahren spricht Peking von einer Liberalisierung der heimischen Währung. Bisher hinken die Taten den Ankündigungen hinterher. Noch immer wird der Yuan nicht frei gehandelt, noch immer gelten strikte Kapitalverkehrskontrollen.
Immerhin: Nächste Woche wird das Projekt "Hongkong-Shanghai-Connect" eröffnen. Damit wird es erstmals internationalen Privatanlegern möglich sein, direkt auf dem chinesischen Aktienmarkt zu investieren - bisher war das nur über den Umweg Hongkong möglich.

Klar ist auch: Eine Freigabe der Währung wird kommen, und damit auch ein Aufstieg des chinesischen Yuan zu einer globalen Leitwährung, die sich mit US-Dollar und Euro messen wird.
Sollte der Euro zerbrechen, wird die relative Bedeutung von Dollar und Yuan noch weiter zunehmen. Nationale europäische Währungen werden nahe der Bedeutungslosigkeit dahin vegetieren.

Außenpolitisch

Während in Europa dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gedacht wurde, der das europäische Jahrhundert beendete, ziehen Experten Parallelen im Pazifik zur "Ur-Katastrophe". Gleicht nicht die Volksrepublik China von heute dem Deutschen Kaiserreich? Ein präpotenter Wirtschafts-Riese mit Weltmachtsträumen, mächtig, aber ungehobelt und polterhaft.

Da ist die alte Großmacht USA, die Großbritannien 1914 gleicht, und ein mit Altlasten aufgeladener Konflikt mit Japan, der dem deutsch-französischen Verhältnis ähnelt. Insofern war die Zusammenkunft am Montag zwischen Xi Jinping und dem japanischen Premier Shinzo Abe von Weltbedeutung: Erstmals trafen sich die beiden Staatschef persönlich, um über den Status einer umstrittenen Inselgruppe zu reden.

Freilich, historische Parallelen zur Gegenwart haben eine begrenzte Prognosekraft. Doch Chinas Verhältnis zu seinen Nachbarn wird die Weltpolitik in den nächsten Jahren mehr prägen als ein paar religiöse Fanatiker im Nahen Osten. Peking tritt seit Xi Jinpings Amtsantritt aggressiver gegenüber Nachbarstaaten im südchinesischen Meer auf, und testet so, wie weit die USA ihren Bündnisverpflichtungen im Ernstfall nachgehen.
Auch Putin wendet sich nach Osten. Schon am Sonntag vor Beginn des offiziellen Treffens unterzeichneten Russland und China eine Einverständniserklärung, mehr russisches Erdgas nach China zu liefern.

Ökologisch

China ist längst der größte Emittent von Treibhausgasen geworden. Während immer wieder chinesische Städte unter einer Smogwolke ächzen, sind die Emissionen der chinesischen Kohlekraftwerke, Stahl- und Zementwerke sogar noch jenseits des Pazifiks in Kalifornien messbar. Nachbarstaaten wie Japan, Korea und Taiwan leiden ohnehin unter der chinesischen Luftverschmutzung. Experten erwarten, dass China den Emissions-Peak frühestens 2025, vielleicht aber auch erst 2040 erreichen wird.

Ansätze zur Lösung des globalen Umweltproblems, die an China vorbeigehen, sind nutzlos. Nur wenn die Volksrepublik mit ihren 1,3 Milliarden Menschen in den Prozess der Treibhausgase eingebunden wird, können globale Ziele erreicht werden. Dass sich China seit Jahren internationalen Vereinbarung zur Begrenzung des CO2-Ausstoßes verweigert, macht die Situation umso tragischer.

Chinesen, die es sich leisten können, wandern deswegen aus: In die USA, nach Australien oder eben nach Europa. Aus asiatischer Sicht gehört Europa tatsächlich zur Alten Welt. Von Deutschland mit seiner Exportwirtschaft einmal abgesehen, nehmen die meisten Chinesen Europa als eine Art gigantische Schweiz wahr - ein Kontinent mit hoher Lebensqualität und guten Luxus-Produkten. Weltpolitik aber wird längst woanders gemacht.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%