Ende bei Breitbart Steve Bannons tiefer Fall

Zeit für einen Neubeginn: Der ehemalige Investment-Banker hat sich in seinem Leben bereits mehrfach neu erfunden. Quelle: REUTERS

Vom „großen Manipulator“ zum Verstoßenen: Steve Bannons Abgang bei Breitbart markiert den vorläufigen Höhepunkt des rasanten Absturzes des ehemaligen Trump-Beraters. Abschreiben sollte man ihn allerdings nicht.

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Überraschend an Stephen „Steve“ Bannons Abschied von Breitbart News war am Ende nur noch der Zeitpunkt. Spätestens seit dem Wochenende, als wichtige Geldgeber der rechten Webseite dem ehemaligen Wahlkampfleiter und Chefstrategen von US-Präsident Donald Trump ihren Segen entzogen hatten, galt Bannon als angezählt, eine Trennung als eigentlich unvermeidlich.

Am späten Dienstagsnachmittag meldete die Seite dann Vollzug. Auf drei knappen Absätzen verkündete Breitbart den Rücktritt des langjährigen Chefs. Man dankte sich für die langjährige Zusammenarbeit und versprach sich noch, gemeinsam an einer reibungslosen Übergabe zu arbeiten. Mehr hatten sich Bannon und seine Kollegen nach rund sechs Jahren nicht mehr zu sagen.

Reibungslos war es in der Vergangenheit zudem selten, wenn es um Bannon ging. Als Breitbart-Chef hatte er zunächst rechten Verschwörungstheoretikern eine Plattform abseits des Mainstreams geboten, doch vor eineinhalb Jahren erschien er mit einem historischen Knall auf der großen Bühne. Im August 2016 übernahm er die Leitung der kriselnden Trump-Kampagne – und führte sie in nur drei Monaten zum größten Überraschungssieg bei einer Präsidentschaftswahl seit Jahrzehnten.

Beifall und Buh-Rufe für Trump

Mit einer Mischung aus Nationalismus, Isolationismus und Protektionismus brachte er Trump ins Weiße Haus. Dass sich das politische Establishment angesichts von Bannons Wahlkampfstrategie entsetzt abwandte, war ihm nur recht. Bannon sah sich selbst als Kämpfer neuen Typs – mit der Betonung auf Kampf. Zimperlich war er nie. „Dunkelheit ist gut“, sagte er in einem Interview nach Trumps Triumph. „Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das ist Macht.“

Der Sieg katapultierte Bannon ins Zentrum der Macht. Trump ernannte ihn zu seinem Chefstrategen und holte ihn ins Weiße Haus. Für Bannon die Chance, seine Breitbart-Agenda in den höchsten Sphären der US-Politik durchzusetzen. Das Einreiseverbot für Bürger aus mehreren muslimischen Ländern geht auf ihn zurück, ebenso das von Trump verkündete Verbot für Transgender, im US-Militär zu dienen. Er überzeugte den Präsidenten, aus dem Pariser Klimaabkommen auszutreten. Auch im Nationalen Sicherheitsrat durfte Bannon für einige Monate sitzen.

Er galt als genialer Stratege, als mächtiger Strippenzieher. „Der große Manipulator“ nannte ihn das „Time Magazine“, als es Bannon vor rund einem Jahr auf die Titelseite hob. Doch sein tatsächlicher Einfluss blieb begrenzt. Trumps Ankündigung zum Trotz dürfen Transgender heute in den US-Streitkräften dienen, das Einreiseverbot unterlief mehrere Korrekturen, bevor es – eingeschränkt – in Kraft trat.

Zahlreiche andere Vorhaben des Chefstrategen blieben vollständig auf der Strecke – auch weil andere einflussreiche Personen im Weißen Haus, die mit Bannons ideologischer Agenda nichts anfangen konnten, ihr Veto einlegten. Im August schließlich verließ Bannon seinen Posten in der Regierungszentrale.

Bannons Zukunft ist ungewiss


Den Frust darüber behielt der Ausgebremste nicht für sich. Im Bestsellerbuch „Fire and Fury“ tritt Bannon als Kronzeuge auf, der sich seitenlang zitieren lässt und den Präsidenten und seine Familie frontal angreift. „Er hat sie nicht mehr alle“, sagte Bannon darin über Trump. Tochter Ivanka sei „dämlich wie ein Ziegelstein“.

Auch belastete er Trump-Schwiegersohn Jared Kushner und Sohn Donald jr. in der Russland-Affäre. Das berüchtigte Treffen mit russischen Vertretern im Trump Tower während der Wahlkampagne, von dem sich die Teilnehmer offenbar schmutzige Informationen über Hillary Clinton erhofften, sei eindeutig „verschwörerischer“ Natur gewesen und keinesfalls harmlos. Dass Bannon zusätzlich noch Klatsch und Tratsch über die Ehe der Trumps und die Vorliebe des Präsidenten für Fast Food einstreute, setzte dem Ganzen aus Sicht des Weißen Hauses die Krone auf.

Nach Veröffentlichung dieser Zitate brach Trump öffentlich mit Bannon. Sein Ex-Berater habe „den Verstand verloren“ schrieb der Präsident in einer vor Rage triefenden Erklärung. Kurz darauf erfand er auf Twitter den beleidigenden Spitznamen „Schmuddel Steve“. Zwar entschuldigte sich Bannon einige Tage nach der Veröffentlichung der ersten Zitate etwas halbherzig, doch das konnte ihn nicht mehr retten – zumal auch die Breitbart-Geldgeber ihre Unterstützung für ihn einstellten.

Sein Nimbus als genialer Stratege hat seit seinem Abschied aus dem Weißen Haus gelitten. Noch im Sommer gelang es ihm, das republikanische Establishment mit der Ankündigung aufzuschrecken, zahlreiche Kandidaten nach seinem Geschmack für die Kongresswahlen im Herbst aufzustellen.

Doch nachdem der Bannon-Kandidat Roy Moore im Dezember überraschend die Wahl für einen Senatssitz im tiefrepublikanischen Alabama verlor, klingt diese Drohung schon leerer. Bannon sehe aus wie ein „zerzauster Trinker“ und die Republikaner sollten sich von ihm lossagen, forderte der Kongressabgeordnete Peter King kurz nach der Wahlniederlage.

Auch der Einfluss von Bannons Ideologie auf Trump geht immer weiter zurück. So erklärte der Präsident am Tag von Bannons Rücktritt, beim Thema Einwanderungspolitik auch großzügigere Optionen prüfen zu wollen und kündigte an, das Weltwirtschaftsforum in Davos zu besuchen. Sein ehemaliger Chefstratege dürfte beide Schritte rigoros ablehnen.

Wen und was Trump schon alles "bad" nannte

Will Bannon seine Ziele umsetzen, bleibt ihm damit nur eine Möglichkeit: Er muss selbst in eine machtvolle Position aufsteigen, um die nationale Politik erneut grundsätzlich beeinflussen zu können. Gerüchte über eine mögliche eigene Präsidentschaftskandidatur hatte er in den vergangenen Monaten immer wieder gestreut. Doch ohne die finanzielle Unterstützung seiner bisherigen Gönner dürfte es selbst für den Ex-Goldman-Banker Bannon schwer sein, eine solche Wahlkampagne überhaupt zu finanzieren. Ohne Breitbart fehlt ihm zudem die Plattform, um die für ihn so wichtige Alt-Right-Szene mobilisieren zu können.

Dass Bannon jetzt jedoch sang und klanglos im Nirgendwo verschwindet, ist unwahrscheinlich. Er hat sich in seinem Leben bereits mehrfach neu erfunden – als Marine-Offizier, als Banker, als Filmproduzent, als Breitbart-Chef, als Wahlkampfleiter, als Präsidentenberater. Trotz seines rasanten Absturzes: Mit Bannon bleibt zu rechnen.

Mitarbeit: Annett Meiritz

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