Exporte nach Iran Wie es um Deutschlands Iran-Geschäft steht

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Die Angst vor den US-Behörden bremst

Die Angst vor den US-Behörden aber bremst total. „Deutsche Unternehmen mit starkem US-Geschäft halten sich lieber zurück“, bestätigt ein Unternehmer, der enge Verbindungen in den Iran hat. Mit einem Iranvisum im Pass werde die nächste Einreise in die USA zum Problem. Insbesondere nach dem Regierungswechsel fürchten international tätige Unternehmen und Banken, durch Irangeschäfte oder deren Finanzierung in ihrem US-Geschäft Probleme zu bekommen, argwöhnt ein anderer.

„Nach anfänglich großer Euphorie hat nun die Realität Einzug in die Geschäftsbeziehungen gehalten“, sagt auch Benno Morlock, Leiter des Bereichs Industrie beim Antriebs- und Bremssystemspezialisten Voith Turbo, der Gabriel vor einem Jahr begleitete. Zwar sei der Investitionsbedarf im Iran tatsächlich enorm. Aber auch die Hindernisse seien nach wie vor erheblich. Das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Heidenheim hat derzeit keine Probleme, seine Geschäfte im Iran zu finanzieren, wohl aber seine dortigen Kunden. Und für zahlreiche Technologien, wie etwa Software für industrielle Prozesse sowie für zivil und militärisch nutzbare Produkte, gelten weiter Sanktionen. Voith muss deshalb jedes neue Projekt sehr genau prüfen.

Trotzdem hat das Unternehmen sein Team in Teheran zuletzt aufgestockt. Derzeit liefert Voith Turbo etwa Getriebe für Schienenfahrzeug- und Bushersteller. Perspektiven sieht der Konzern, der im vergangenen Jahr mit 19.000 Mitarbeitern rund 4,3 Milliarden Euro Umsatz machte, auch im Papiergeschäft, in der Energieerzeugung, bei der Förderung von Rohstoffen und der Suche nach Öl- und Gasquellen. Wie andere deutsche Unternehmen beschränkt Voith seine Aktivitäten im Iran auf ein Vertriebsbüro. Eine eigene Produktion kommt dort bisher nicht infrage.

Trotz aller Unwägbarkeiten hält auch der Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger den Iran weiter für einen „interessanten Markt, weil er über die zweitgrößten Gas- und die viertgrößten Ölreserven der Welt verfügt“. Aufholbedarf sieht das Unternehmen bei der iranischen Infrastruktur und vor allem auch bei Umwelttechnologien. So leide etwa Teheran unter massivem Smog. Einen Erstauftrag der staatlichen Raffinerie Esfahan Oil Refining Company (EORC) in Isfahan ergatterte Bilfinger im Juli 2016, einen Folgeauftrag im März 2017. Das Ziel von EORC: mithilfe der Deutschen die Kapazität der Anlagen zu erhöhen.

Das Gesamtvolumen der neuen Iranaufträge von Bilfinger liegt im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Für den Auftrag aus dem Jahr 2016 hat das Unternehmen schon einen Teil der vereinbarten Summe kassiert. Die Zahlungen wickelt der Konzern, der wegen früherer Korruptionsdelikte in Nigeria unter Aufsicht des US-Justizministeriums steht, in Euro und ohne Beteiligung amerikanischer Banken und Bürger ab. Auf regionaler Ebene seien Geldinstitute „eher bereit, Gelder aus Irangeschäften anzunehmen und an die Lieferanten auszuzahlen“.

Auch Unternehmerin Esterer hat „eine lokale Bank gefunden, die mit uns Irangeschäfte abwickeln würde“, sagt sie. Die Hessin hält ihr Kopftuch bereit: „Ich bin es gewohnt, mich in anderen Kulturen als Gast zu bewegen. Dies gebührt der Höflichkeit.“ Aber sie fürchtet das endgültige Ende ihrer Iranbeziehungen, wenn die Sanktionen erneut verschärft werden sollten. „Wir leben mit dem Verlust unserer treuesten Kunden schon seit vielen Jahren, ein erneuter Abbruch der Beziehungen würde wahrscheinlich ein endgültiges Abwandern Richtung Osten bedeuten. Die Chinesen wären die großen Profiteure“, sagt die 44-Jährige. „Unsere Bemühungen, die Beziehungen mit Zuversicht wieder aufzunehmen, wären umsonst gewesen.“

Und die Reise in den Iran auch.

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