Die Durchsetzungsfreude von Brand-Friedberg, die auch Vorsitzende der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe ist, bekommen auch die Gewerkschaften zu spüren. „Sie ist fair, aber hart in Verhandlungen“, sagt Robert Sadowsky, erster Bevollmächtigter der IG Metall in Gelsenkirchen.
"Viel gefragt und zugehört"
Doch ohne ihre Standhaftigkeit hätte es Brand-Friedberg nie geschafft. Von einer fließenden Übergabe des Chefpostens konnte keine Rede sein: Der Tod des Vaters kam plötzlich. Sie hatte gerade erst ihr Ökonomie-Studium in Gießen beendet und wollte noch ein paar Jahre in anderen Unternehmen Erfahrungen sammeln. Nach nur 14 Tagen in der Buchhaltung des Wetzlarer Metallurgiekonzerns Buderus war damit Schluss. Für ihre Mutter, die als Hausfrau die Familie umsorgt hatte, kam die Leitung nicht infrage. Und die jüngere Schwester war noch nicht alt genug.
„Am Anfang habe ich viel gefragt und zugehört“, sagt Brand-Friedberg, „und meinem gesunden Menschenverstand vertraut.“ Das Studienwissen habe ihr kaum geholfen. Ein eingespieltes Team von Kaufleuten unterstützte die junge Frau. Aber es gab auch Manager, die ihr das Leben schwer machten, weil sie gehofft hatten, nach dem Tode des Patriarchen mehr Einfluss zu bekommen. Brand-Friedberg ließ die Quertreiber gegen die Wand rennen.
Führungsfrauen waren damals in der Macho-Kultur der Ruhrpottbetriebe rar. „Als junge Frau war ich da eine Exotin“, erzählt Brand-Friedberg, „aber das war kein Nachteil.“ Männer unter sich verhielten sich viel emotionaler und unversöhnlicher als in Anwesenheit einer Frau, ist die Beobachtung der Mutter von zwei Töchtern: „Daran hat sich bis heute nichts geändert.“
Inzwischen ist fast die gesamte Familie im Unternehmen tätig. Der Ehemann ist geschäftsführender Gesellschafter am Standort im brandenburgischen Finsterwalde, der Schrauben für die Autoindustrie fertigt. Tochter Beatrix, 35, ist seit zehn Jahren im Unternehmen und übernimmt immer mehr Führungsaufgaben.
Bis zur vollständigen Ablösung werden aber noch einige Jahre vergehen. Die 66-jährige Brand-Friedberg verweist auf ihren Mann, der mit Mitte 70 noch täglich im Geschäft aktiv ist. „Ich habe noch so viele Ideen“, sagt sie. Vor allem mit der Fabrik in Brasilien („mein Baby!“) hat sie viel vor. Die Nutzung der Windenergie steckt im größten Land Südamerikas noch in den Kinderschuhen. Seit 2010 hat sich die installierte Kapazität aber schon verdreifacht, die Regierung hat den Ausbau angekündigt. Die damit verbundenen Chancen will sich die Schraubenkönigin aus dem Ruhrgebiet nicht entgehen lassen.