Trump-Kritik Was ist dran an Trumps Vorwurf gegen Deutschland?

Aufregung um Donald Trump: Hat der US-Präsident Deutschland als „böse“ bezeichnet? Oder findet er nur Deutschlands Exportüberschuss „schlecht“? Was ist dran an der Kritik an deutschen Autobauern? Ein Faktencheck.

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Die Schelte des US-Präsidenten genügte, um an der Börse deutsche Autowerte vorübergehend unter Druck zu bringen. Quelle: AP

Berlin Donald Trump hat mit seiner Deutschland-Schelte am Donnerstag für Aufsehen gesorgt. „The Germans are bad, very bad“, soll der US-Präsident im Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk gesagt haben. Darüber berichtete „Spiegel Online“ unter Berufung auf Teilnehmerkreise und übersetzte das Zitat mit „Die Deutschen sind böse, sehr böse.“

Juncker bestätigte am Freitag vor dem G7-Gipfel in Taormina, dass der Satz gefallen ist. Allerdings „heißt ,bad' nicht ,böse', ,schlecht' reicht“, merkte Juncker an. Trump habe seine Kritik auch in keiner Weise aggressiv vorgetragen, die Atmosphäre sei konstruktiv gewesen. In der Tat lässt sich „bad“ mit verschiedenen Begriffen übersetzen, darunter „schlecht“, „mies“ oder „übel“. Entsprechend kritisch kommentierte Alexander Graf Lambsdorff, Vizepräsident des EU-Parlaments, den Bericht. „,Bad hier mit ,böse' zu übersetzen, ist böswillig unseriös“, schrieb der FDP-Politiker auf Twitter.

Auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete über Trumps Deutschland-Kritik – allerdings wird der Zusammenhang dort anders dargestellt. Der Präsident habe Deutschlands Handelsbilanzüberschuss als „schlecht, sehr schlecht“ bezeichnet, schrieb das Blatt unter Berufung auf Teilnehmer des Gesprächs.

Regierungssprecher Steffen Seibert wollte den Vorgang am Freitag nicht kommentieren. Trump selbst ließ Nachfragen unbeantwortet. Vor seinem Gespräch mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe am Rande des G7-Gipfels wurde er nach Angaben von anwesenden Journalisten gefragt: „Haben Sie gesagt, dass Deutschland sehr schlecht (very bad) ist?“ Daraufhin sagte Trump kein Wort.

Auch wenn die Übersetzungen auseinandergehen – die Aufregung um das Zitat war am Freitag real. Der Präsident begründete seine Kritik mit dem deutschen Exportüberschuss, der von vielen Regierungen und Ökonomen in Europa und weltweit mit Argwohn betrachtet wird. Vor allem Deutschland exportiert seit Jahren deutlich mehr in die USA, als es von dort einführt. Trump hatte die deutschen Überschüsse mehrfach kritisiert.

Entsprechend schob der US-Präsident beim dem Juncker-Gespräch seinem umstrittenen Satz eine Kritik an der deutschen Autoindustrie hinterher: „Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterlich. Wir werden das stoppen“, sagte der Präsident laut „Spiegel Online“.

Das genügte, um an der Börse deutsche Autowerte vorübergehend unter Druck zu bringen. Papiere von BMW, VW und Daimler verloren in der Spitze zeitweise je rund ein Prozent und zählten im Dax zu den Schlusslichtern, bevor sie im Verlauf ihre Verluste wieder eingrenzten. „Trumps Kritik ist zwar nicht neu, aber es belastet natürlich“, sagte ein Händler. Schließlich seien wegen der Dieselaffäre die Autobauer ohnehin schon unter Druck gewesen. „Da hilft so etwas natürlich nicht.“

Trump hat also wieder einmal VW, BMW, Mercedes & Co ins Visier genommen. Schon kurz vor seinem Amtsantritt hatte er mit Strafzöllen gedroht für Autos, die aus Mexiko in die USA eingeführt werden und dabei speziell BMW genannt.


Der Faktencheck zu Trumps Vorwürfen

Insgesamt wurden 2016 auf dem US-Markt 17,5 Millionen neue Fahrzeuge verkauft – Pkw und Light Trucks, das sind etwa die beliebten Pick-ups. Nach Daten des deutschen Branchenverbandes VDA kamen die deutschen Autobauer Mercedes, BMW, VW & Co in den USA im vergangenen Jahr auf einen Gesamtabsatz von 1,33 Millionen Fahrzeugen – das war ein Rückgang von 4 Prozent. Die deutschen Autobauer verkaufen also – auf einen Jahresabsatz bezogen – nicht „Millionen von Autos“. Ihr Marktanteil in den USA insgesamt liegt bei etwas mehr als 7 Prozent.

Platzhirsche auf dem US-Automarkt sind nach Daten des Fachblatts „Automotive News“ die US-Autokonzerne General Motors mit einem Marktanteil von 17,3 Prozent sowie Ford mit 14,8 Prozent. Dahinter folgen der japanische Hersteller Toyota mit einem Marktanteil von 14 Prozent, der italienisch-amerikanische Konzern Fiat Chrysler mit 12,9 Prozent sowie der japanische Autobauer Honda mit 9,3 Prozent.

Bei den deutschen Autobauern ergab sich 2016 beim US-Absatz ein gemischtes Bild. Während die VW-Töchter Audi und Porsche zulegten, verzeichneten BMW sowie die Marke VW - vom Abgasskandal gebeutelt - ein Minus. Bei Daimler gab es ein Mini-Plus. Stark sind die deutschen Hersteller vor allem im Oberklasse-Segment, hier lag ihr Marktanteil in den USA 2016 nach VDA-Daten bei mehr als 40 Prozent.

Die deutschen Autobauer mit Werken in den USA wie BMW, Daimler und VW produzierten im vergangenen Jahr rund 850.000 Autos in dem Land. Seit 2009 ist die Produktion demnach vervierfacht worden. Nur 41 Prozent der in den USA gebauten Fahrzeuge werden aber laut VDA in den Vereinigten Staaten verkauft, jeweils etwa ein Viertel geht nach Europa und Asien. Das BMW-Werk in den USA ist die größte Produktionsstätte des Konzerns.

Am selben Tag, an dem Trumps Deutschland kritisierte, war Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries zu Besuch im BMW-Werk in Spartanburg um US-Bundesstaat South Carolina. Die SPD-Politikerin reist durch die USA, um die Gouverneure der Bundesstaaten dafür zu gewinnen, gegen Trumps Abschottungspläne gegen ausländische Unternehmen zu intervenieren. In Spartanburg betreibt BMW seine weltgrößte Autofabrik, laut dem Unternehmen hängen direkt und indirekt 70.000 Arbeitsplätze von dem Standort ab. Deutschland ist somit in South Carolina der größte ausländische Arbeitgeber.

Dementsprechend andere Töne als Trump schlug Gouverneur Henry McMaster an, wie der Präsident ein Republikaner. „Wir werden sicherstellen, dass die Gesetze die großartigen Beziehungen unserer Länder widerspiegeln“, versprach McMaster.

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