Trump zu Besuch bei Macron Das Kontrastprogramm zu Merkel

Frankreichs Präsident Macron und Kanzlerin Merkel haben sich getroffen und detaillierte Initiativen für die bilaterale und europäische Zusammenarbeit vereinbart. Dann kam Trump und läutete das Kontrastprogramm ein.

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Es gab hölzerne Versicherungen, wie sehr man befreundet sei und schwülstige Parolen. Quelle: AP

Paris Ein größerer Kontrast war kaum denkbar als der zwischen Emmanuel Macrons gemeinsamem Auftritt mit der Bundeskanzlerin am Donnerstagmittag und seiner Pressekonferenz mit US-Präsident Donald Trump am frühen Abend: Am Mittag freundliche, ergebnisreiche Arbeitsatmosphäre, am Abend eher hölzerne Versicherungen, wie sehr man befreundet sei und schwülstige Parolen über ein „durch Schweiß und Blut geschaffenes Bündnis“, wie Trump es ausmalte.

Substanziell hatten Trump und Macron wenig zu berichten. Trump deutete an, es könne einen weiteren Waffenstillstand in einer anderen Region Syriens geben. Den verhandele er gerade – aber nicht mit den Franzosen, sondern mit den Russen. Der US-Präsident hatte eine missmutige Miene – sein Sohn verstrickt sich immer tiefer in die Affäre um eine mögliche russische Einflussnahme auf den US-Wahlkampf. Auch in Paris wurde Trump dazu befragt und sagte eher tollpatschig, das Treffen seines Sohnes mit einer russischen Anwältin sei eine normale „Beobachtung des politischen Gegners“ gewesen, das hätte jeder so gemacht.

Macron seinerseits wies eher sachlich auf die Notwendigkeit hin, bei der Terrorbekämpfung in Syrien und Libyen mit den Amerikanern zusammen zu arbeiten. In dieser Hinsicht gebe es eine vollständige Übereinstimmung. Was dagegen die Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels angehe, sei die Differenz bekannt.

Macron gab bekannt, dass Frankreich eine Kontaktgruppe für Syrien bilden wolle, der neben den fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates auch Vertreter des syrischen Diktators Baschar al-Assad angehören sollen, sowie Vertreter der syrischen Opposition. Deren Aufgabe soll es sein, eine Roadmap für die Entwicklung Syriens nach dem Ende des Krieges zu entwerfen. Trump ließ nicht erkennen, ob und wenn ja wie sehr er hinter dieser französischen Initiative steht.

Angesprochen auf seine frühere Kritik an „Paris, das nicht mehr Paris ist“ und den Franzosen und Deutschen, die nicht dazu in der Lage seien, den Terror zu bekämpfen, zeigte der wendige US-Präsident sich diesmal ganz von seiner Sonnenseite: „Sie haben einen großartigen Präsidenten, der führt das Land gut, er ist ein harter Präsident, er wird nicht weich sein gegenüber Leuten, die das Gesetz brechen. Sie werden ein wundervolles und friedliches Paris haben, ich komme zurück – Herr Präsident, ich hoffe, Sie machen einen guten Job!“ Mit einer seiner bombastischen Erklärungen zog Trump sich aus der Affäre.

Im Hinblick auf das Pariser Klimaabkommen ließ er nicht erkennen, was seine Absichten sind. Sein Satz „es könnte etwas geschehen in Bezug auf das Pariser Abkommen, wir werden sehen, wenn ja, wäre das wundervoll, wir werden sehen, was geschieht“ lässt nun wirklich alle Möglichkeiten offen. Französische Diplomaten betonten anschließend, dass es keinerlei Änderungen am Abkommen geben werde, „das ist irreversibel.“ Mit einem leichten Seufzer gab ein Franzose zu verstehen, dass die USA und Deutschland schon zwei verschiedene Welten seien: „Das war schon eine ganz andere Nähe heute Vormittag“.

In der Tat sind Merkel und Macron bei ihrem Bestreben, eine Agenda für die bilaterale und europäische Zusammenarbeit zu formulieren, am Donnerstag weiter gekommen als im Vorfeld erwartet worden war. „Wir hatten die Erwartungen bewusst heruntergeschraubt“, gestand ein französischer Diplomat ein. Man habe nicht den Fehler wiederholen wollen, im Vorfeld zu viel zu versprechen und hinterher nur bescheidene Resultate vorweisen zu können.

Macron und Merkel vereinbarten detaillierte Initiativen für die bilaterale und europäische Zusammenarbeit bei Verteidigung, Wirtschaft sowie Bildung und Kultur. „Das ist ein vorfristiger Gruß zum französischen Nationalfeiertag“, sagte eine gut gelaunte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Pressekonferenz mit Präsident Emmanuel Macron. Die größte Überraschung ist, dass beide Länder ein gemeinsames Kampfflugzeug entwickeln wollen. „Das ist unser Wunsch“, bestätigte Macron. Es geht um ein Milliardenprojekt, dem Frankreich bislang zögerlich gegenüberstand.

Vorangehen soll es auch bei der Förderung der Digitalwirtschaft, unter anderem durch ein gemeinsames Investitionsprogramm der Förderbanken KfW und Caisse des Dépots. Für die Vertiefung der Eurozone sollen schon vor Ende des Jahres gemeinsame Vorschläge vorliegen. „Über ein Budget für die Eurozone kann man reden, das habe ich selber 2012 vorgeschlagen, bin damals aber grandios gescheitert“, sagte Merkel. Auch ein Finanzminister sei denkbar. Doch müsse die deutsche Seite die Neuwahl des Bundestages abwarten, bevor es ein Mandat dafür gebe.

Macrons Marathonprogramm hatte bei der Abschluss-Pressekonferenz mit Merkel erst begonnen. Anschließend telefonierte er mit Israels Premier Benjamin Netanjahu, empfing Trump und dessen Frau Melania im Invalidendom, zog sich zum Arbeitsgespräch mit Trump zurück.

Am Abend hatten die Macrons und die Trumps dann noch einen besonderen Programmpunkt in luftiger Höhe vor: ein Dinner auf der ersten Terrasse des Eiffelturms. So mancher wird sie um den Ausblick und das Essen beneiden, doch eine Frage bleibt offen: Worüber redet man anderthalb Stunden mit Donald Trump?

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