Jetzt steht es so gut wie fest: Der umstrittene Milliardär Donald Trump wird aller Wahrscheinlichkeit nach Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner. Für die Demokratin Hillary Clinton, seine wahrscheinliche Gegenkandidatin, könnte dies Chancen eröffnen. Denn Trump hat so viele Gegner in der eigenen Partei und ist laut Umfragen insgesamt so unbeliebt, dass Clinton etliche Republikaner der Mitte für sich gewinnen könnte.
In den 1980er Jahren fischte der Republikaner Ronald Reagan erfolgreich Wechselwähler der Demokraten ab, jetzt hofft Hillary Clinton auf „Clinton Republicans“ oder „Hilla-cans“. Aus ihrem Wahlkampfteam heißt es, die Strategie zum Buhlen um diese Wählergruppe sei erst ganz am Anfang. Wichtig werden könnten vor allem Frauen in den US-Staaten, die bei der Präsidentschaftswahl im November den Ausschlag geben.
Zunächst setzt das Clinton-Team aber darauf, dass einige von Trumps innerparteilichen Gegnern sich öffentlich von dem polternden Populisten absetzen. Hinter vorgehaltener Hand hätten das schon einige Republikaner angekündigt und warteten nur noch auf die offizielle Nominierung des Milliardärs, sagen Clintons Berater.
Ihr Sprecher Brian Fallon formuliert es so: „Wir haben die begründete Annahme, dass wir das Potenzial haben könnten, nicht nur von Demokraten und Unabhängigen, sondern auch von Republikanern Unterstützung zu erwarten. Es gibt eine Zeit und einen Ort, wo sich diese Unterstützung zeigen wird.“ Für Clinton ist Lob vom politischen Gegner allerdings zweischneidig. Denn in der eigenen Partei gilt sie ohnehin als eher zu mittig, vor allem im Vergleich zu ihrem Rivalen Bernie Sanders. Der gewann mit seiner für amerikanische Verhältnisse sehr linken Agenda zuletzt auch die Vorwahl in Indiana. Auch bei den Demokraten gilt: Die eigene Spitzenkandidaten begeistert keineswegs jeden - auch wenn die Partei geeinter scheint als die Republikaner.
Clinton setzt sich - mit Blick auf Trump - seit einigen Tagen versuchsweise als Versöhnerin eines gespaltenen Landes in Szene und wirbt bereits aktiv um unabhängige Wähler und „vernünftige Republikaner“. Und dort zeichnet sich eine Zielgruppe ab, auch wenn nur sehr wenige Republikaner offen zur Rebellion gegen den eigenen Kandidaten blasen dürften.
„Die Grand Old Party ist dabei, einen Typen für das Amt des Präsidenten zu nominieren, der (das Klatschblatt) 'National Enquirer' liest und es für glaubwürdig hält“, schrieb Mark Salter, 2008 Berater des republikanischen Bewerbers John McCain, am Dienstag auf Twitter und bekannte sich zu Clintons Slogan: „Ich bin bei ihr“.
Auch der republikanische Stratege Ben Howe, Mitarbeiter von Trumps Gegner Ted Cruz, will nach eigenen Worten alles tun, um den Milliardär zu stoppen. „Alles, was Donald Trump erlauben könnte, Präsident zu werden, geht in die falsche Richtung“, sagt Howe. Er sei nicht einer Meinung mit Clinton, doch halte er sie für ehrlicher als Trump - „und das will schon was heißen“.
Nach einer von Demokraten in Auftrag gegebenen Umfrage waren sich im Februar 20 Prozent der Republikaner unsicher, wen sie bei einem Duell Trump gegen Clinton unterstützen würden. Eine Befragung von Teilnehmern der Vorwahl in Indiana deutet in dieselbe Richtung: Dort sagte ein Viertel der republikanischen Wähler, sie würden im November nicht für Trump stimmen. Jeder Zweite aus dieser Gruppe hätte nach eigenem Bekunden Angst vor einem US-Präsidenten Trump. Für Clinton liegt eine gewisse Ironie darin, dass sie nun zur Sammlungsfigur aufsteigt, denn lange schieden sich gerade an ihr in den USA die Geister. Noch im April äußerten sich in einer Umfrage für die Nachrichtenagentur AP 55 Prozent der Befragten negativ über die frühere Außenministerin. Doch Trump spielt in einer eigenen Liga: Er kam auf eine Ablehnung von 69 Prozent.
Bei einigen Wählern bleibt das Gefühl, sich nur für das geringere Übel entscheiden zu können. Das gilt auch für die Frauen, um die Clinton buhlen will. Die 42-jährige Amy Bishop aus Indianola in Iowa findet Trump reaktionär, Clinton aber undurchsichtig. Letztlich werde sie der Demokratin wohl den Vorzug geben, aber das sei noch nicht hundertprozentig sicher, meint Bishop. Ähnlich geht es der Republikanerin Tracey Kingery aus Des Moines. Trump sei ihr zu hitzig, sagt die 47-Jährige. Aber über Clinton gebe es „zu viel negatives Zeug“.