WiWo-Club-Diskussion in New York Clinton gewinnt – und dann?

Laut Umfragen dürfte Hillary Clinton ins Weiße Haus einziehen. Bei einer Podiumsdiskussion von WirtschaftsWoche und Alfred Herrhausen Gesellschaft diskutierten amerikanische und deutsche Experten, was die Demokratin erreichen kann - und was nicht.

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Robert Zoellick, Karen Donfried, Miriam Meckel, Gregor Peter Schmitz auf dem Podium in New York (von links)

Egal, ob Donald Trump Präsident wird – die Bewegung hinter ihm bleibt. In diesem Punkt ist sich Robert Zoellick, früherer Weltbank-Präsident und Vize-Außenminister der Vereinigten Staaten, sicher. „Es geht nicht nur um die Wirtschaft oder um das Thema Einwanderung. Viele fühlen sich zurückgelassen“, sagte Republikaner Zoellick. Die Menschen, die Trump unterstützen, hätten eben das Gefühl, dass die Welt schlechter und unfairer werde. Daraus ziehe der Geschäftsmann seine Stärke. „Ich glaube aber, dass er diese Wahl verliert.“

Am Mittwoch war Zoellick Gast bei einer Veranstaltung in New York City zur US-Präsidentschaftswahl – organisiert von der WirtschaftsWoche in Kooperation mit der Alfred Herrhausen Gesellschaft. Mit ihm auf dem Podium: Karen Donfried, frühere Beraterin für Europa-Angelegenheiten von US-Präsident Barack Obama und derzeit Präsidentin des German Marshall Fund sowie WiWo-Chefredakteurin Miriam Meckel und Gregor Peter Schmitz, Chef des WiWo-Hauptstadtbüros. Von Berlin aus debattierte via Live-Schalte Thomas Matussek mit, Geschäftsführer der Herrhausen Gesellschaft und früherer Botschafter Deutschlands in London sowie bei den Vereinten Nationen.
Obama-Kennerin Donfried ist ebenso überzeugt, dass das Phänomen Trump bleiben wird, selbst wenn er die Wahl verlieren sollte. „Die Emotionen, denen er eine Stimme gegeben hat, gehen nicht einfach weg.“ Das Szenario erinnert an die konservative Tea-Party-Bewegung, die sich im Jahr 2009 nach der Wahl von Barack Obama formiert hatte. Damals wurde Sarah Palin, die 2008 auf Seiten der Republikaner als Vizepräsidentin kandidierte, zur Ikone der Tea Party. Sie sorgte maßgeblich dafür, dass weite Teile der republikanischen Partei nach rechts rückten und bereitete Trump somit den Weg.

Wie reagiert der, sollte er die Wahl verlieren? Zieht sich Trump dann ins Geschäftsleben zurück? Oder bleibt er ein Gegenspieler der etablierten politischen Kräfte, einer, der sich via Twitter und TV regelmäßig in politische Debatten einmischen wird? Zoellick hofft jedenfalls, dass sich seine Partei nach der Wahl von Trump emanzipieren wird. Er setzt vor allem auf Paul Ryan, den Sprecher des Repräsentantenhauses. Für viele Republikaner ist er der eigentliche Führer der „Grand Old Party“. Ryan war jahrelang Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Parlament und kämpft für klassische Republikaner-Themen wie Haushaltsdisziplin und Steuersenkungen.


Bilder von der Diskussion in New York
Gleich geht es los: Die letzten Vorbereitungen auf die Podiumsdiskussion von WirtschaftsWoche und Alfred Herrhausen Gesellschaft in New York laufen. Quelle: Jürgen Frank
WirtschaftsWoche-Chefredakteurin Miriam Meckel, der frühere Weltbank-Präsident und Vize-Außenminister der Vereinigten Staaten, Robert Zoellick, Karen Donfried, frühere Beraterin für Europa-Angelegenheiten von US-Präsident Barack Obama und derzeit Präsidentin des German Marshall Fund und Gregor Peter Schmitz, Chef des WiWo-Hauptstadtbüros diskutierten gemeinsam. Quelle: Jürgen Frank
Diskutiert wurde über die wirtschaftspolitischen Konsequenzen der US-Wahl. Quelle: Jürgen Frank
Ein Blick in den Zuschauerraum. Quelle: Jürgen Frank
Karen Donfried, Gregor Peter Schmitz und Miriam Meckel. Quelle: Jürgen Frank
Schmitz im angeregten Gespräch mit Donfried. Quelle: Jürgen Frank
Republikaner Zoellick Quelle: Jürgen Frank



Doch unabhängig davon, wie sich Trump entscheidet – ob er den vorrangig enttäuschten, männlichen, weißen Amerikanern weiterhin eine Stimme gibt oder nicht: Hillary Clinton müsste wohl als künftige Präsidentin des Landes eben jenen Bürgern ein politisches Angebot unterbreiten, um einer noch tieferen Spaltung der amerikanischen Gesellschaft vorzubeugen. „Hillary Clinton muss liefern. Sie muss zeigen, dass ihre Regierung die Lebensumstände der Menschen verbessern kann“, sagte Donfried.


"Wir werden eine aktive US-Regierung erleben"


Robert Zoellick, Karen Donfried, Miriam Meckel, Gregor Peter Schmitz auf dem Podium des WirtschaftsWoche Club in New York (von links)

Aus Sicht Zoellicks ist Clinton dafür nahezu prädestiniert, da sie wie wohl kein Präsidentschaftskandidat je zuvor in der Geschichte für das politische Establishment steht. Clinton war First Lady, Senatorin und Außenministerin. Mit nunmehr 69 Jahren hat sie einen Großteil ihres Lebens der Politik gewidmet. Gewinnt sie am 8. November die Wahl, müsste also eine Vertreterin des etablierten und vor allem bei Trump-Anhängern verhassten Systems für die Vorteile genau jenes Systems werben. „Sie muss der Frustration im Land entgegentreten“, sagte Zoellick. „Mit einer Steuerreform, Investitionen in Infrastruktur und einer klugen Handelspolitik.“

Vor allem letztes dürfte ein heikles Unterfangen werden. Trump hatte das nordamerikanische Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko im Wahlkampf immer wieder gegeißelt. Der sogenannte Nafta-Vertrag habe viele Millionen Jobs in den Vereinigten Staaten vernichtet, so das Credo des Milliardärs. Als künftige US-Präsidentin müsste Clinton über die Zukunft von gleich zwei mutmaßlich wegweisenden Freihandelsabkommen entscheiden. Das pazifische Abkommen (TPP) mit Staaten wie Australien, Japan und Vietnam und das transatlantische Abkommen mit den Europäern, kurz TTIP.


Trump: Clinton-Politik führt zu drittem Weltkrieg


WirtschaftsWoche-Chefredakteurin Miriam Meckel hofft, dass es Clinton gelingt, die Idee vom Freihandel wiederzubeleben. „Kleinere und mittlere Unternehmen in Deutschland sind auf Freihandel angewiesen“, sagte Meckel in New York. Viele Mittelständler seien lediglich unzufrieden, wie das Abkommen ausgehandelt werde. Und das sei ein weiterer Grund für die Verunsicherung der Bürger – in Europa und den Vereinigten Staaten. Meckels Schlussfolgerung: „Die Regierungen auf beiden Seiten des Atlantiks müssen ihre Politik anpassen, um denen gerecht zu werden, die sich zurückgelassen fühlen – ohne dabei auf Freihandel zu verzichten.“

Botschafter Matussek ist optimistisch, dass Clinton als künftiger US-Präsidentin genau das gelingen wird. „Natürlich hinterlässt dieser Wahlkampf Wunden“, sagte Matussek. Doch die würden heilen, ebenso das angeschlagene transatlantische Verhältnis. „Wir werden eine aktive US-Regierung erleben, mit der die Europäer zusammen die großen Probleme der Gegenwart angehen können.“ In weniger als zwei Wochen entscheiden die US-Bürger, ob sie diesen Weg mit Clinton als Präsidentin einschlagen wollen.


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