Hillary Clinton hebt den Sektkelch zum Prosten, Präsident Barack Obama kann sich vor Lachen kaum halten. Später am Abend düsen sie im Party-Pick-up durch die Stadt und Vize-Präsident Joe Biden tanzt auf der Rückbank. Vor derlei Bildern und Animationen quillen die sozialen Medien über in der Nacht zum Freitag – und das nicht einmal eine halbe Stunde nach Beginn des ersten TV-Duells der Republikaner.
Früh ist sich die Netzgemeinde sicher: Kaum einer der Republikaner gibt eine gute Figur ab beim Auftakt zum Vorwahlkampf in den USA. Dabei wird es bis zum Schluss auch bleiben. Beim Schaulaufen von zehn Männern gibt es eine Siegerin: Hillary Clinton. Die aussichtsreichste Kandidatin der Demokraten dürfte profitieren von kollektiven Schwäche ihrer republikanischen Gegner.
Tagelang hatten die Amerikaner dem politischen Schlagabtausch auf „Fox News“ entgegengefiebert wie einem Finalspiel in der Basketball-Liga NBA. Dem kommt das Spektakel durchaus nahe, das am Donnerstagabend in der Basketball-Halle der „Cleveland Cavaliers“ beginnt. Tickets sollen am Schwarzmarkt mehr gekostet haben als bei einem NBA-Endspiel.
Was nicht zuletzt an Donald Trump liegt. Der großmäulige Milliardär verspricht mit seinen markigen Sprüche im Rennen um die Kandidatur der Republikaner beste Abendunterhaltung. Wird sich der arrogante Immobilien-Tycoon, der in Umfragen mit Abstand vorne liegt, unterbrechen lassen? Wie brutal wird er seine Gegner angreifen? Kommt der spröde Jeb Bush aus seiner Haut heraus? Blamiert sich Ohios Gouverneur Scott Walker mit notorischem Unwissen?
Donald Trump bleibt zahm – für seine Verhältnisse jedenfalls. Das ist vielleicht die einzig wirkliche Überraschung jenes Abends. Klar, der 69-Jährige fällt wie erwartet mit schamfreier Angeberei auf und liefert sich Sperenzchen mit dem Moderator. Etwa, als er behauptet, noch nie Bankrott gewesen zu sein, worauf er sich die Frage nach der pleite gegangenen Casinostadt „Atlantic City“ gefallen lassen muss. „Hey“, kontert er, „diese Bekloppten, die mir Geld geliehen haben, sollten mir dankbar sein, dass ich ihnen den Hintern versohlt habe.“ Was er genau meint, versteht wohl nur er selbst. Das Publik johlt ob der Wortwahl trotzdem.
Anderen Kandidaten gegenüber gibt sich der Supereiche zahm. Das dürfte die Wahlkampf-Strategen der Republikaner freuen. Politik-Experten wie Elaine Kamarck von der Brookings Institution hatten schon im Vorfeld gewarnt: Wenn sie auf die Trump-Show zu sehr eingehen, könne dies das Image der Partei und ihrer seriösen Kandidaten schaden. Wie Umfragen des Pew Research Center zeigen, ist die Unterstützung der Republikaner für ihre eigene Partei binnen eines halben Jahres dramatisch gesunken. Wohl auch, weil sie dem Polit-Clown ein Forum gibt.
Politisches Kapital dürften die Republikaner aus der Trump-Schwäche indes kaum schlagen. Die übrigen Kandidaten bleiben mehr als matt – allen voran Jeb Bush, der nach Trump in Umfragen unter den 17 Anwärtern führt. Der Verwandte zweier Ex-Präsidenten wirkt souverän und entschlossen, doch aus seinem Mund kommen nur stocksteife Sätze. Etwa, als er beim Thema Bildung von Standorts und Curriculum spricht, die man regional statt föderal umsetzen müsse. „Kaum zu glauben, wie einer so viel reden und so wenig sagen kann“, entfährt es einem Zuschauer auf Twitter.
Ängste statt inhaltliche Substanz
Treffsicher bei Pointen wirkt Scott Walker – und der Gouverneur von Wisconsin ist der Einzige, der sich an Hillary Clinton abarbeitet: „In jedem Land der Welt, in das Hillary Clinton einen Fuß gesetzt hat, herrscht heute mehr Chaos als zuvor“, behauptet Scott Walker und bezieht sich wohl auf Länder wie den Irak und Libyen.
Inhaltlich punkten kann indes auch Walker nicht. Denn wie erwartet schafft er es nicht, seine Angriffe mit Faktenwissen zu flankieren. Dieser Mann hat im Gegenteil wenig Ahnung von der weiten Welt, was etwa dieser Lapsus zeigt: „Ägypten ist wahrscheinlich der beste Freund, den wir in Israel je hatten.“ Okay, das mag ein Versprecher sein. Aber diesen Satz zur komplexen Iran-Frage würden ihm die Landeskenner als naiv um die Ohren hauen: „Wir nehmen den Iran-Deal zurück, setzen die Sanktionen wieder ein und verschärfen sie.“ Und dann? Wird der Ajatollah weinen und den Bau der Atomwaffen einstellen? Na dann.
Überhaupt fehlen in diesem verbalen Ringkampf inhaltliche Substanz und konkrete Lösungen. Es geht über weite Strecken um Ängste, vor allem vor illegalen Einwanderern und Terroristen. Themen, die einfache Antworten verlangen, und die hat Ted Cruz parat. Das ist der Senator aus Texas, der in einem Wahlkampf-Video auf einem Maschinengewehr Eier gebacken hat. „Es gibt im Washingtoner Kartell zu viele, die Amnestie für illegale Flüchtlinge fordern“, behauptet er. Dagegen wolle er kämpfen. Und an IS-Terroristen setzt der Waffennarr einen ganz persönlichen Warnschuss ab: „Wenn du dich dem IS anschließt, dann unterzeichnest du dein eigenes Todesurteil.“ Herrgott, hilf!
Aber es gibt unter den Republikanern auch ganz normale Kandidaten. Neben dem blassen Bush gilt das vor für Floridas Senator Marco Rubio: Er ist Mitte Vierzig und gilt in der verstaubten Partei als Nachwuchshoffnung – und dank als Sohn kubanischer Einwanderer könnte er den Demokraten gar manche Stimme der „Hispanics“ streitig machen.
In der Diskussion sticht er nicht nur hervor, weil er aussieht wie aus dem Ei gepellt, sondern auch dank überlegter Äußerungen. Das Einwanderungsrecht müsse man so reformieren, dass es für Integrationswillige offen bleibe. Wer sich 15 Jahre auf ein Leben in den USA vorbereite und dann abgelehnt werde, der denke natürlich über illegale Einwanderung nach. Darum genüge es nicht, bloß einen großen Zaun zu bauen, so Marco Rubio. Er denkt an eine Strategie.
Außenseiter wie Rubio machen die beste Figur an diesem Abend. Oder auch Ohios Gouverneur John Kasich, der beim Thema Strafvollzug punktet: „Wir behandeln Gefangene mit psychischen Problemen und Drogensucht und bringen sie zurück in ihre Wohnviertel statt sie teuer im Gefängnis durchzufüttern.“ Beide liegen in Umfragen jedoch weit hinter Clown Trump und Langweiler Bush zurück. Kein Wunder, dass Hillary Clinton schon zum Sektglas greift.