Chefsache Klimaschutzplan Merkel und Gabriel haben letztes Wort

Seit dem Frühjahr zankt die Bundesregierung über eine Strategie für den Klimaschutz. Während die Weltklimakonferenz in Marrakesch schon läuft, wird der Plan wohl gerade so fertig - doch der Kompromiss erntet Kritik.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wollen persönlich über den Klimaschutzplan der Bundesregierung sprechen. Quelle: dpa

Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel haben den umstrittenen Klimaschutzplan zur Chefsache gemacht. Die CDU-Vorsitzende und der SPD-Chef wollten am Dienstagabend persönlich über das Konzept sprechen, über das die Bundesregierung seit dem Frühjahr streitet. Die beiden trafen sich im Kanzleramt mit CSU-Chef Horst Seehofer - hauptsächlich sollte es bei dem Treffen aber um eine Rentenreform gehen.

Die Zeit für einen Kompromiss ist knapp geworden, weil das Kabinett den Klimaschutzplan an diesem Mittwoch verabschieden sollte. Zuletzt galten vor allem Passagen zum Kohleausstieg noch als umstritten. Aus Verhandlungskreisen hieß es, dass die Ministerien sich auf eine Fassung geeinigt hätten, Kanzlerin und Wirtschaftsminister aber noch zustimmen müssten.

Umweltministerin Barbara Hendricks will mit dem Konzept Deutschlands Weg in eine annähernd klimaneutrale Zukunft vorzeichnen. Kommende Woche nimmt die SPD-Politikerin am Weltklimagipfel in Marokko teil, der bereits am Montag begonnen hat. Vor allem die Ministerien für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft waren mit einer ersten Fassung des Plans, die Hendricks schon im April vorgelegt hatte, nicht einverstanden. Aber auch aus dem Kanzleramt gab es Widerspruch.

Die Unionsfraktion im Bundestag bekräftigte am Dienstag ihre grundsätzliche Kritik an den bisherigen Entwürfen: Der Plan setze auf „Rezepte von gestern“ und Steuerung in Detailfragen, sagte Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Der Wirtschaftsrat der CDU forderte, die Verabschiedung im Kabinett erneut zu verschieben, da er die Wirtschaft schwer belaste. Auch FPD-Chef Christian Lindner forderte, die Kanzlerin solle die „Notbremse“ ziehen.

Dagegen sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, der Klimaschutzplan verdiene seinen Namen nicht, weil er zu schwach sei. Er enthalte weder verbindlichen Vorgaben für den Kohleausstieg noch zur CO2-Minderung im Verkehr und in der Landwirtschaft. „Diese Bundesregierung versagt beim Klimaschutz“, sagte sie.

Reaktionen auf das Weltklimaabkommen
Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Paris wird auf immer mit diesem historischen Wendepunkt in der globalen Klimapolitik verbunden sein.“ Quelle: AP
Frankreichs Präsident François Hollande: „In Paris hat es schon viele Revolutionen im Laufe der Jahrhunderte gegeben. Heute wurde die schönste und friedlichste Revolution erreicht“. Quelle: AP
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon: „Was einst undenkbar schien, ist jetzt nicht mehr aufzuhalten(...)Die Geschichte wird sich dieses Tages erinnern(...)Das Pariser Abkommen gegen den Klimawandel ist ein monumentaler Erfolg für den Planeten und seine Menschen(...)Die Welt beginnt morgen“. Quelle: REUTERS
US-Präsident Barack Obama: „Ich glaube, dieser Moment kann ein Wendepunkt für die Welt sein. Wir haben gezeigt, dass die Welt den Willen und die Fähigkeit hat, sich dieser Herausforderung zu stellen.“ Quelle: REUTERS
Südafrikas Umweltministerin Edna Molewa: Der Pakt „kann der Wendepunkt zu einer besseren und sichereren Welt“ sein. Doch die Industrieländer müssten ihre Emissionen weiter reduzieren und ärmeren Staaten helfen, mit den Folgen der Erderwärmung zurechtzukommen. Quelle: REUTERS
Papst Franziskus zum Weltklimavertrag: "Seine Umsetzung erfordert ein gemeinsames Engagement und einen großzügige Einsatz jedes einzelnen. Die internationale Gemeinschaft ermahne ich, den eingeschlagenen Weg der tatkräftigen Solidarität fortzusetzen“ Quelle: dpa
Nicaraguas Unterhändler Paul Oquist: Der Pakt gehe nicht weit genug und führe zu einem zweimal höheren Anstieg der Temperaturen als vereinbart, kritisiert Oquist. Opfer der Klimaerwärmung hätten zudem keine Klagemöglichkeiten, um Entschädigung einzufordern. Quelle: AP

Vergangene Woche hatte Merkel ihre Bereitschaft erklärt, einzugreifen, falls die Minister sich nicht einigen sollten. Zuvor hatte Hendricks einen Kompromiss vor ihrer Reise zur UN-Klimakonferenz nach Marrakesch quasi ausgeschlossen und vor allem der Union die Schuld gegeben. Besonders umstritten waren während der monatelangen Verhandlungen Punkte wie der Abschied von Dieselautos und Benzinern nach 2030, die Reduktion der Tierbestände oder der Ausstieg aus der Braunkohle. Der erste Entwurf aus dem Umweltministerium wurde in fast allen Bereichen stark abgeschwächt.

Die deutsche Energiewende ist ein wichtiger Bestandteil des Plans, an den bereits vereinbarten Zielen für den Ökostrom-Ausbau soll aber nicht gerüttelt werden. Aus Regierungskreisen hieß es dazu am Dienstag, der Klimaschutzplan mache keine Aussage zum künftigen Anteil der erneuerbaren Energien. Ziel der Bundesregierung ist es, den Ökostrom-Anteil in Deutschland bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent zu steigern. Derzeit liegt er bei etwa einem Drittel.

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