Einwanderung im Zeitalter des Smartphones Der größte Schatz der Flüchtlinge

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Ausweispflicht wird nicht immer beachtet

Für Prepaid-Anbieter sind Zuwanderer ein besonders einträgliches Geschäftsfeld. Da wundert es nicht, dass manch ein Verkäufer die sicherheitspolitischen Vorgaben nicht immer so eng zu sehen scheint. Grundsätzlich besteht zwar nach dem Telekommunikationsgesetzt in Deutschland wie in anderen EU-Ländern eine Pflicht für Kunden, sich beim Erwerb der Card auszuweisen und die Wohnadresse anzugeben. Aber es ist kein Geheimnis, dass diese Vorgabe in der Praxis oft nicht wirklich eingehalten wird. Dass Flüchtlinge unterwegs keine valide Adresse angeben können, offensichtlich aber keine Probleme haben, in der Türkei, Griechenland oder den Balkanstaaten Prepaid-Cards zu erwerben, die oft auch in Deutschland nutzbar sind, zeigt, dass die Vorschriften kaum konsequent durchgesetzt werden.

Das weiß man auch in deutschen Behörden. „Die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde hat festgestellt, dass manche Authentifizierungsverfahren für Käufer von Prepaid-Cards nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen“, sagt ein Sprecher. „Ab September 2015 haben wir dann gesteigerten Wert darauf gelegt, dass sich das ändert. Wir haben die betreffenden Unternehmen auf diese Ordnungswidrigkeiten hingewiesen.“

Bei Vodafone schiebt man die Fehler auf die Geschäftspartner: „Wir hatten Probleme mit bestimmten Discountern. Der eine oder andere Anbieter hat Flüchtlinge dort aufgesucht, wo sie ankamen“, sagt ein Sprecher von Vodafone. „Nicht alle haben die Ausweispflicht ernst genommen“.

Antiterrorgesetze erhöhen den Druck

Auch Telefónica, die Muttergesellschaft von O2, gibt zu, dass es bei den Prepaid-Anbietern eine „unterschiedliche Praxis“ gebe. In der Regel werden bislang offenbar nur „Plausibilitätsprüfungen“ für die angegebenen Namen und Adressen durchgeführt. Außerdem heißt es, man könne als Anbieter schließlich ohnehin nicht verhindern, dass Prepaid-Cards mit oder ohne Smartphone einfach privat an andere Leute weiterverschenkt oder verkauft werden.

Dass IS-Terroristen offenbar mithilfe von nicht registrierten Prepaid-Karten kommunizierten, war ein Grund dafür, dass die Bunderegierung die Ausweispflicht nun im Rahmen der Antiterrorgesetzgebung konsequenter durchsetzen will. Die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde muss nun den Unternehmen vorschreiben, wie die Realisierung der Ausweispflicht für Prepaid-Nutzer in der Praxis aussehen soll. Spätestens bis zum 1. Juli 2017 sollte das geschehen, wenn die Neufassung des Telekommunikationsgesetzes in Kraft tritt.

Für Vodafone hat ohnehin, so sagt ein Sprecher, der Ausbau von WLAN-Hotspots in den Unterkünften Priorität. Die Unterkunft von Nadim in der Berger Allee in Düsseldorf hat noch keinen. Obwohl sie sich an einem historischen Ort der Mobilfunk-Geschichte befindet. Denn wo heute Asylbewerber untergebracht sind, residierte noch vor einigen Jahren die Hauptverwaltung von Mannesmann, dem früheren Stahlkonzern, der dann unter einem gewissen Klaus Esser auf Mobilfunk umsattelte und sich schließlich 2000 spektakulär für 190 Milliarden Euro vom britischen Vodafone-Konzern aufkaufen lies.

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