Letzte Bundestagssitzung Merkel fordert Einigkeit gegenüber Erdogan

Bundeskanzlerin Angela Merkel zufolge wird die EU darüber beraten, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beendet oder nur ausgesetzt werden - und warnt vor Streit innerhalb der EU im Umgang mit der Türkei.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: dpa

Die Verhaftung deutscher Staatsbürger habe die Bundesregierung veranlasst, darüber nachzudenken, die Beziehungen zur Türkei und zum Präsidenten Recep Tayyip Erdogan neu zu ordnen. Merkel sagte, sie wolle beim EU-Gipfel im Oktober mit den anderen Staats- und Regierungschefs über die künftigen Beziehungen zur Türkei beraten, das schließe auch einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen ein.

Die CDU-Vorsitzende will damit eine Ankündigung umsetzen, die sie am Sonntag im TV-Duell mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz gemacht hatte. Man müsse dabei sehr besonnen vorgehen, weil die Beziehungen zur Türkei strategische Bedeutung hätten. Merkel warnte die EU davor, sich über die Frage eines Abbruchs der Beitrittsverhandlungen vor den Augen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu zerstreiten: „Nichts wäre erstaunlicher, als wenn wir uns in Europa über die Frage des zukünftigen Umgangs mit der Türkei vor den Augen des Präsidenten Erdogan öffentlich zerstreiten“, sagte Merkel am Dienstag in der letzten Sitzung des Bundestags vor der Wahl. „Das würde Europas Position dramatisch schwächen. Davon kann ich uns nur abraten.“

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn verwies im Deutschlandfunk darauf, dass für die Aussetzung der Gespräche nur eine Zweidrittelmehrheit in der EU gebraucht werde. Für einen Abbruch sei Einstimmigkeit der 28 EU-Staaten erforderlich.

Merkel wiederholte, dass CDU und CSU einen türkischen EU-Beitritt immer abgelehnt hätten. Sie habe nach ihrem Amtsantritt 2005 aber an der Entscheidung der EU und ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD) festgehalten, die die Verhandlungen eröffnet hätten. Die Kanzlerin warnte, mit einem unbesonnenen Vorgehen jetzt auch die Türken vor den Kopf zu stoßen, die in der Türkei nicht mit dem Kurs von Erdogan einverstanden seien. Dasselbe gelte für die türkischstämmigen Deutschen und türkischen Bürger, die in Deutschland lebten: "Denn sie sind Teil unseres Landes."

Merkel kritisierte erneut die Verhaftung mehrerer Deutscher unter dem Vorwurf des Terrorverdachts, darunter der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der seit mehr als 200 Tagen in Haft sitzt.

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