Heiko Maas (SPD) hat seinen ersten Gesetzentwurf als Bundesjustizminister vorgelegt - die Mietpreisbremse. Der Minister hat Wort gehalten, indem er jeden falschen Gedanken aus dem Koalitionsvertrag sauber in seinen Gesetzentwurf überführt hat. Zugegeben, die anfänglich diskutierten gröbsten Widersprüche hatten Union und SPD schon kurz vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages entschärft.
Die Mietpreisbremse soll nicht gelten, wenn es sich um eine gerade erst errichtete oder eine umfassend sanierte Wohnung handelt. Eine generelle Obergrenze für die Vermietung hätten den Neubau und die dringend gewünschten Modernisierungen des Bestandes abgewürgt. Nun bleiben diese ungeschoren, Investoren können mit dem künftigen Mieter einen Preis aushandeln.
Anders im Bestand. Dort darf die neue Miete bei einem Bewohnerwechsel maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Notierung im Mietspiegel liegen. Wenn sich die Vermieter an diese Vorgabe halten, werden die Mieten künftig langsamer steigen. Aber dem Ziel, ärmeren Interessenten zu einer kostengünstigen Bleibe zu verhelfen, kommt die Koalition so nicht näher.
Denn auch, wenn das Appartement künftig nicht mehr zehn, sondern nur noch sechs Euro pro Quadratmeter kostet: Welcher Vermieter entscheidet sich bei der Auswahl des künftigen Vertragspartners zwischen einem gut verdienenden Yuppie und einer Hartz-IV-Familie für die ärmeren Bewerber. Das Ergebnis der Mietpreisbremse ist also nicht mehr günstiger Wohnraum für benachteiligte Schichten. Am Ende können Wohlhabende billiger zuschlagen, obwohl sie sich eine höhere Miete leisten könnten.
Aber das ist erst der Anfang des Wahnsinns, denn es ist ja erst der erste Teil der von der Koalition geplanten Veränderungen. Der zweite Part, den Maas vielleicht auch noch dieses Jahr vorlegen wird, bricht mit einer Grundregel der Marktwirtschaft. Geht es nach dem Willen der großen Koalition, so wird erstmals in einer Branche ein Gewinn-Verbot eingeführt. Wer nämlich seine vermietete Eigentumswohnung modernisiert, darf daran künftig nichts mehr verdienen.
"Entmieten" wird nun vom Staat gefördert
Derzeit ist die Modernisierungsumlage so geregelt, dass elf Prozent der Kosten pro Jahr auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Der Erhöhungsbestandteil wird mit der Zeit Teil der normalen Miete, läuft also bis zum Ende des Mietverhältnisses weiter. Künftig darf der Vermieter nur noch maximal zehn Prozent pro Jahr umlegen. Das ist nur ein marginaler Unterschied. Aber der Haken steckt in der Nebenbedingung: "längstens bis zur Amortisation der Modernisierungskosten", hieß es schon im Koalitionsvertrag.
Wenn der Mieter also dem Vermieter über zehn Jahre hinweg dessen Ausgaben abgestottert hat, fällt der Mietpreis auf das alte Niveau zurück. Selbst wenn die Regierung so großzügig sein sollte und den Zinsverlust für die Vorfinanzierung der Modernisierung über zehn Jahre ebenfalls für umlagefähig erklärt: Der Vermieter kommt bestenfalls zu null raus und trägt immer noch das Risiko, dass es Streit mit dem Bewohner um die Modernisierung gibt. Sei es, dass dieser Kosten bestreitet oder Beschädigungen während der Bauarbeiten ersetzt haben möchte. Zählt die fiktive Vorfinanzierung nicht zu den Modernisierungskosten, macht der Vermieter sogar finanziell Verlust.
Wer seinem Mieter die Wohnung verschönert, riskiert also Ärger und zahlt eventuell noch drauf. Ein Gewinnverbot in der Marktwirtschaft ist neu. Und jeder, der sich Gedanken über Ökonomie macht, kann daraus nur einen Schluss ziehen: Eine Investition, die keine Rendite bringt, unterbleibt.
Noch größer wird der Wahnsinn, wenn man sich das Zusammenspiel von Mietpreisbremse und Modernisierungsdeckel anschaut. Sind erstmal beide Teile der Mietrechtsreform in Kraft, wirkt das Signal an die Hausbesitzer gleich doppelt stark. Während die Sanierung im Bestand keinen Profit bringt, ist eine umfassende Modernisierung die einzige Möglichkeit, die Mietpreisbremse zu umgehen.
Es ist also doppelt attraktiv, nicht laufend in seinen Bestand zu investieren und es seinen Mietern schön zu machen. Im Gegenteil: Den größten Vorteil erzielt, wer seinen Besitz eine Weile verlottern lässt, bis die Altmieter ausziehen. Denn dann kann kräftig saniert und die Miete heraufgesetzt werden.
Das "Entmieten" der Bestände - ein übles Vorgehen, das man einst Immobilienspekulanten zu Recht vorwarf - wird nun vom Staat gefördert. Wie hieß noch das einschlägige Kapitel des Koalitionsvertrages? Gutes und bezahlbares Wohnen.