Der Anti-Terror-Einsatz zu Silvester in München wirft viele Fragen auf - und hat die Debatte über schärfere Terrorgesetze neu angefacht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert als Konsequenz eine engere Zusammenarbeit mit ausländischen Sicherheitsbehörden. „Auch im neuen Jahr bleibt die Lage sehr ernst“, betonte er. Die CSU dringt auf eine härtere Gangart gegenüber sogenannten Gefährdern in Deutschland.
Nach dem Terroralarm von München fahndet die Polizei weiter nach möglichen Verdächtigen aus Syrien und dem Irak. Unklar blieb aber auch am Wochenende, welchen realen Hintergrund die Warnungen hatten, die die bayerische Landeshauptstadt in Aufregung versetzt hatten. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte: „Die Bedrohung war ernstzunehmen, und die Behörden haben total richtig reagiert.“
Die Polizei hatte am Silvesterabend den Münchner Hauptbahnhof sowie den Bahnhof im Stadtteil Pasing evakuiert. Der Aktion waren Hinweise befreundeter Geheimdienste vorausgegangen. Ihnen zufolge bestand der konkrete Verdacht, dass fünf bis sieben Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gegen Mitternacht Anschläge wie in Paris verüben wollten.
Schneller Überblick: Was in der Silvesternacht in München geschah
Gegen 19.40 Uhr kommt nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) vom Bundeskriminalamt der Hinweis auf ein bevorstehendes Attentat. Das BKA habe zuvor von einem befreundeten Nachrichtendienst die „dringende Warnung“ vor einem Anschlag in München um Mitternacht erhalten. Aus Sicherheitskreisen heißt es, die erste konkrete Warnung sei aus Frankreich gekommen.
Der Hinweis beinhaltete laut Herrmann eine konkrete Uhrzeit, einen konkreten Ort und eine klare Benennung von Tätern aus dem Bereich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Es solle sich um fünf bis sieben Attentäter handeln. Der Bayerische Rundfunk meldet später, es handele sich um sieben Iraker, die sich schon in München aufhielten und namentlich bekannt seien - eine Bestätigung dafür gibt es zunächst nicht.
Um 22.40 Uhr warnt die Polizei München via Twitter vor einem Attentat. Kurz darauf teilt sie mit, der Hauptbahnhof und der Bahnhof Pasing im Westen Münchens seien geräumt worden.
Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä gibt später bekannt, dass es sich bei den geplanten Attentaten um Selbstmordanschläge handeln soll. Rund 550 Einsatzkräfte seien im Einsatz.
Zum Neujahrsmorgen entspannt sich die Lage. Zwischen 3.30 und 4.00 Uhr gibt die Polizei die Bahnhöfe wieder frei. Die Polizei bleibt in Alarmbereitschaft und ist mit mehr Beamten als üblich in der Stadt präsent. Die Fahndung nach den möglichen Attentätern läuft weiter.
Ein erster Hinweis auf einen geplanten Anschlag um den 6. Januar herum soll bereits am 23. Dezember bei der Polizei in Karlsruhe eingegangen sein. Ein Iraker habe sich auf dem Polizeirevier gemeldet und angegeben, sein im Irak lebender Bruder kenne die Attentäter, berichteten am Sonntag die Sender SWR und BR. Daraufhin hätten Spezialisten des Landeskriminalamts mit dem Bruder telefoniert.
Der Mann soll den Berichten zufolge neben dem Zeitraum um Dreikönig auch als Anschlagsziel den Münchner Nahverkehr und arabische „Allerweltsnamen“ von sieben Männern genannt haben, die bereits in München seien. Weder die Karlsruher Staatsanwaltschaft noch die Polizei wollte das am Sonntag kommentieren. Der Terroralarm wurde erst ausgelöst, als an Silvester ein konkreterer Hinweis aus Frankreich die Sicherheitsbehörden erreichte.
Innenminister de Maizière setzt angesichts der Bedrohungslage auf eine bessere Kooperation auch auf internationaler Ebene. „In Zukunft wird es noch intensiver als bisher darauf ankommen, dass wir mit den Sicherheitsbehörden anderer Staaten eng zusammenarbeiten und Informationen austauschen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Ähnlich äußerte sich Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU): „Ganz wichtig ist eine enge Kooperation mit den Nachrichtendiensten anderer Länder.“
Die CSU plädiert für neue Anti-Terror-Maßnahmen im Inland. Nach ihren Vorstellungen soll Personen, die im Ausland für eine Terrormiliz gekämpft und eine weitere Staatsbürgerschaft haben, künftig der deutsche Pass entzogen werden können. Außerdem sollten verurteilte Gefährder rund um die Uhr mit einer elektronischen Fußfessel überwacht werden, heißt es in einem Papier, das bereits vor dem Terroralarm von München für die Klausur der CSU-Landesgruppe in Kreuth entworfen wurde. SPD-Vize Ralf Stegner wies solche Forderungen als reflexhaft zurück.
Die Polizei stufte die Terrorgefahr in München am Sonntag nur noch als „abstrakt“ ein. Konkrete Hinweise auf eine weitere Terrordrohung gebe es nicht. Allerdings sorgten zwei Fehlalarme in Bayern für Unruhe. In der Nacht zum Sonntag wurde der Bahnhof Pasing teilweise erneut gesperrt, nachdem ein Sprengstoffhund angeschlagen hatte. In Mammendorf bei München wurde zuvor nach einer Bombendrohung ein Zug gestoppt und durchsucht. In beiden Fällen wurde nichts gefunden.