Am Ende eines quälenden Rechtsstreits um riskante Finanzwetten lässt sich Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zu einer Siegerpose hinreißen. Das Stadtoberhaupt macht am Dienstag im Leipziger Rathaus das Victory-Zeichen.
In der anderen Hand hält er ein mehr als 400-seitiges Urteil des Londoner High Courts of Justice. Mit diesem wird die klamme Kommunen von einer riesigen Last befreit: Leipzig muss nicht 350 Millionen Euro an die Schweizer Großbank UBS zahlen. Diese Summe hatte die Bank nach geplatzten Kreditversicherungen der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) gefordert.
Das Tauziehen um die Folgen der sogenannten CDO-Deals, die der frühere KWL-Manager Klaus Heininger 2006 und 2007 unterzeichnet hatte, zog sich über Jahre. Mit den komplexen Geschäften waren die Wasserwerke selbst zu einer Art Versicherer von Kreditrisiken geworden.
Auch andere Kommunen ließen sich auf solch undurchsichtige Geschäfte ein - die zunächst Millionen in die Stadtkassen spülten. Die Berliner Verkehrsbetriebe etwa waren beim High Court in London von der Investmentbank JP Morgan auf die Zahlung von 155 Millionen Euro verklagt worden. Nach einem langen Rechtsstreit hatten sich die Parteien im März auf einen Vergleich geeinigt.
In der Finanzkrise platzten die CDO-Geschäfte der KWL. Die UBS und zwei weitere Banken verlangten von den Wasserwerken 350 Millionen Euro - die sich zusammen mit Zinsen und Justizkosten auf eine halbe Milliarde Euro summiert hätten. Eine gigantische Summe, die Leipzig in die Handlungsunfähigkeit getrieben hätte, wie der Oberbürgermeister sagt.
Die Stadt sah sich dabei stets als Opfer krimineller Machenschaften. Der frühere KWL-Manager Heininger habe sich bestechen lassen, die Finanzgeschäfte an den Aufsichtsgremien vorbei geschlossen. Heininger wurde vom Landgericht Dresden zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, legte allerdings Revision ein. Der High Court bestätigte nun ebenfalls die kriminellen Motive des Kommunalmanagers.
Das allein rettete die Stadt allerdings nicht. Vielmehr hätten Mitarbeiter der UBS Pflichten verletzt, heißt es in dem Urteil. Die Bank habe enger als erlaubt mit Finanzberatern zusammengearbeitet, die die Geschäfte mit der KWL vermittelt hatten. Durch die Verquickungen von Bank und Beratern sei die UBS rechtlich für die Deals verantwortlich, entschied der Londoner Richter Justice Males.
Rechtsanwältin Christine Volohonsky, die zum knapp 20-köpfigen Juristenteam der KWL gehörte, rechnet mit Auswirkungen des Urteils auch auf andere Banken. „Wir gehen davon aus, dass die Compliance-Abteilungen der Banken reagieren müssen“, sagt sie.
Die UBS zeigte sich von dem Urteil enttäuscht und kündigte an, in Berufung gehen zu wollen. Dass die UBS nichts von den korrupten Machenschaften gewusst habe, gleichwohl aber für die Verluste haften solle, sei nicht rechtens. Diese Ankündigung der UBS sieht die Leipziger Stadtspitze gelassen. „Wir geben einer möglichen Berufung kaum Aussicht auf Erfolg“, sagt der siegessichere Oberbürgermeister Jung.