Angesichts der Ukraine-Krise fordert der Bundeswehrverband 5000 zusätzliche Berufssoldaten und eine deutliche Aufstockung des Wehretats. Verbandschef André Wüstner sagte der Deutschen Presse-Agentur, bis 2020 müsse das Budget der Bundeswehr von derzeit 33 auf 35 Milliarden Euro angehoben werden. Bereits im kommenden Jahr sei eine Erhöhung um 800 Millionen Euro notwendig.
Inzwischen ist jeder zweite Deutsche für eine Aufstockung des Wehretats - eine Maßnahme, die lange Zeit als äußerst unpopulär galt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa unterstützten 49 Prozent einen solchen Schritt, nur 36 Prozent waren dagegen. Deutschland liegt mit Verteidigungsausgaben von 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Stand 2013) deutlich unter dem Nato-Ziel von zwei Prozent.
Die heißen Eisen unter den Rüstungsprojekten der Bundeswehr
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich zum Ziel gesetzt, im Rüstungssektor der Bundeswehr aufzuräumen. Jahrelange Verzögerungen und Kostensteigerungen im mehrstelligen Millionenbereich soll es künftig nicht mehr geben. An diesem Donnerstag lässt sich die Ministerin bei einer Sitzung des Rüstungsboards über den aktuellen Stand bei einigen Großprojekten informieren. Hier fünf der heißesten Eisen unter den 1200 Rüstungsprojekten der Bundeswehr.
Die in absehbarer Zeit wichtigste, teuerste und heikelste Entscheidung will von der Leyen bis Mitte des Jahres treffen. Die Bundeswehr soll ein neues Raketenabwehrsystem erhalten. Zur Auswahl stehen „Meads“ – eine internationale Entwicklung unter Beteiligung der deutschen Raketenschmiede MBDA – und eine neue „Patriot“-Version des US-Herstellers Raytheon. In die Entwicklung von Meads floss bereits eine Milliarde Euro deutscher Steuergelder. Die Anschaffung würde mehrere weitere Milliarden kosten.
Die Aufklärungsdrohne hätte von der Leyens Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) fast das Amt gekostet. Wegen massiver Probleme bei der Zulassung des unbemannten Fliegers für den deutschen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion wurde die Entwicklung im Frühjahr 2013 gestoppt. Seitdem wird nach einem anderen Flugzeug gesucht, in das die von Airbus stammende Aufklärungstechnik eingebaut werden kann. Derzeitiger Favorit: Eine Schwester-Drohne des „Euro Hawk“ namens „Triton“.
Von der Leyen will die Bundeswehr mit bewaffnungsfähigen Drohnen ausrüsten. Zur Auswahl stehen eine US-Drohne, die „Reaper“ (Sensenmann) oder „Predator B“ (Raubtier) genannt wird, und „Heron TP“ (Reiher) aus Israel. Die Entscheidung wird noch vor Ende des Jahres erwartet.
Mit vier Jahren Verspätung lieferte Airbus Mitte Dezember das erste Transportflugzeug vom Typ A400M an die Bundeswehr aus. Das bedeutet aber noch nicht das Ende der Verzögerungen. Wieviele der fünf für dieses Jahr versprochenen Maschinen tatsächlich am niedersächsischen Fliegerhorst Wunstorf landen werden, ist noch völlig unklar. Der A400M bleibt ein Problemfall.
Auch mit kleineren Waffen gibt es große Probleme. Seit vielen Monaten wird über die Treffsicherheit des Standardgewehrs der Bundeswehr G36 diskutiert. Große Hitze verträgt die Waffe nicht besonders gut. Ein neuer Prüfbericht soll in den nächsten Wochen Klarheit darüber bringen, wie gravierend das Problem ist.
Die Bundesregierung plant eine Anhebung des Budgets für das Militär ab 2016. Genaue Zahlen sind aber noch nicht bekannt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will vor allem die Ausrüstung der Bundeswehr mit dem zusätzlichen Geld modernisieren, an der Zahl der Soldaten aber nichts ändern.
41 Prozent der Befragten meinen allerdings, dass es auch bei der Truppenstärke Handlungsbedarf gibt. Ihnen ist die Bundeswehr mit derzeit rund 181.000 Soldaten zu klein. Nur zehn Prozent halten sie dagegen für zu groß. 29 Prozent sind mit der bisherigen Truppenstärke zufrieden.
Der Bundeswehrverband ist für eine größere Truppe mit 175.000 statt bisher 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten plus bis zu 15.000 freiwillig Wehrdienstleistenden. „Um die bereits heute vorhandenen hohlen Strukturen füllen zu können, muss man darüber nachdenken“, sagte Wüstner. Sollte die Gesamtstärke der Truppe nicht vergrößert werden, müsste dennoch der Anteil der Berufssoldaten von 45.000 auf 50.000 angehoben werden - auch um Fachkräfte besser in der Bundeswehr halten zu können.
Im Zuge der 2010 eingeleiteten Bundeswehrreform war die Wehrpflicht ausgesetzt und die Truppenstärke von damals 250.000 Soldaten drastisch reduziert worden. Wüstner wies darauf hin, dass sich inzwischen die Lage deutlich verändert hat. „Wäre Deutschland 2010 mit den heutigen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen konfrontiert gewesen - Stichworte sind der Islamische Staat oder das Agieren Russlands -, wäre die Wehrpflicht nicht derart unüberlegt ausgesetzt oder die Bundeswehr mit entsprechenden Sparauflagen konfrontiert worden.“
Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht wird von einer Mehrheit der Deutschen (52 Prozent) aber abgelehnt; nur 36 Prozent sind dafür. Auch eine Reaktivierung der nach dem Kalten Krieg geschlossenen Atombunker halten 57 Prozent der Bundesbürger trotz Ukraine-Krise für unnötig. Nur 24 Prozent sind dafür.