Und die Umwelt? Wahrhaftig: Frisches Trinkwasser ist knapp. Weltweit. Die UNESCO sagt: 40 Prozent der Weltbevölkerung ist von Wasserknappheit betroffen. Das heißt aber nicht, dass auf der Erde das Trinkwasser ausgeht. Es wird nicht weniger. Dank des Regens. Es ist nur ungleich verteilt. Und wir in Mittel- und Nordeuropa sind hervorragend versorgt.
Ich habe mal ein treffendes Gleichnis gelesen: Wenn wir in Deutschland Wasser sparen, damit die Menschen in den Wüstenregionen mehr zu trinken haben, dann ist das so, als würden die Spanier mit Rollos die Sonne aus ihren Häusern verbannen, nur weil es in Finnland im Winter so lange dunkel ist. Dass der eine die vorhandene Ressource nicht nutzt, kommt dem von der Knappheit Betroffenen eben nicht zu Gute.
Durch weniger Wasserkonsum wird im Übrigen auch der Betrieb der Wasserwerke nicht billiger. Der Diplom-Ingenieur und Trinkwasser-Experte Dr. Jürgen Leist von der Leibniz Universität Hannover sagt im Interview mit tagesschau.de: „Viele Anlagen kosten gleich viel, egal ob sie jetzt stark oder weniger stark genutzt werden. Das ergibt um die 90 Prozent fixe Kosten.“ Heißt: Wenn weniger Wasser verbraucht wird, muss das wenige eben teurer werden. Während das Wasser selber praktisch kostenlos aus der Erde kommt, werden die Aufbereitungskosten auf den Wasserpreis umgelegt.
Also: Wer Wasser spart, spart kurzfristig Geld, sorgt aber dafür, dass mittelfristig die Wasserpreise steigen. Wer aber nach Herzenslust Wasser verschwendet, der trinkt frischeres Wasser, hilft, die Abwasserrohre zu pflegen und: Er lernt, alte Denkstrukturen aufzubrechen. Das allein ist ja schon ein Abenteuer. Was früher richtig war, ist heute falsch. Wow!
Aber Achtung: Wer meint, endlich wieder ohne schlechtes Gewissen ewig duschen zu können, liegt oft falsch. Sobald es um warmes Wasser geht, wird zusätzlich Energie verbraucht. Dauerwarmduscher sind dann auf der sicheren Seite, wenn sie das warme Wasser mit Solarenergie etwa vom eigenen Dach gewinnen. Oder per Ökostrom aus Wind, Wasserkraft oder Sonne, wenn man so will. Aber das geht auf Dauer zumindest ins Geld.
Und wer jetzt seine Wasch- und Spülmaschine wieder ohne das Öko-Programm laufen lässt, sollte zumindest sichergehen, dass die Geräte dann wirklich nur mehr Wasser verbrauchen und nicht auch mehr Strom zum Heizen. Das steht oftmals in der Bedienungsanleitung.
Aber das randvolle Plantschbecken im Garten wäre so gesehen kein Grund mehr, sich vor seinen Nachbarn zu schämen.
Und das Befreiendste ist doch: Man darf auf dem Klo ab jetzt wie verrückt vorspülen, mit Wonne zwischenspülen und mit voller Inbrunst nachspülen. Sogar mit der großen Taste. Und wenn einer meckert, dann spült man einfach noch mal. So! Und damit sind wir wirklich angekommen im 21. Jahrhundert. Wasser marsch!
Transparenzhinweis: Dieser Kolumnenbeitrag erschien erstmals im August 2018 bei der WirtschaftsWoche und wurde zuletzt im Oktober 2020 redaktionell aktualisiert. Wir zeigen ihn aufgrund des hohen Leserinteresses erneut.
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