Der Weg zurück zur Drachme Wenn Griechenland aus der Eurozone austritt

Kehrt Griechenland zur Drachme zurück? Gewinnt die Linkspartei Syriza die griechische Parlamentswahl, will sie den Reformkurs beenden. Das könnte den Austritt aus dem Euro bedeuten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der

Eigentlich sollte es ein geruhsames Wochenende werden. Viele Börsianer hatten sich für den 25. Januar 2015 nichts Besonderes vorgenommen. Doch dann, mitten beim gemütlichen Sonntagsfrühstück, schlägt die Nachricht wie eine Bombe ein.

Im Radio erklärt der Sprecher, Griechenland habe die Währungsunion verlassen, die Drachme werde wieder eingeführt. Regierungschef Alexis Tsipras hat eine Woche nach seinem Wahlsieg den Kontakt mit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds abgebrochen und angeordnet, alle Banken für eine Woche zu schließen. Auch der Börsenhandel ist ausgesetzt. Die Konten der Bürger werden zwangsweise auf Drachmen umgestellt.

Am Abend treten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande und EZB-Chef Mario Draghi gemeinsam vor die Fernsehkameras, um Bürger und Finanzmärkte zu beruhigen, bevor am frühen Montagmorgen die Börsen in Asien eröffnen.

Das Ende der Währungsunion

Der Austritt der Griechen bedeute nicht das Ende der Währungsunion, beschwichtigen sie. EZB, EU und Regierungen seien entschlossen, mit allen Mitteln Spekulationen auf den Austritt weiterer Euro-Staaten zu bekämpfen. Der Euro bleibe die gemeinsame Währung Europas.

Sieht so der Sonntag nach der Wahl in Griechenland aus? Ausgeschlossen ist das nicht. Denn der aktuell in den Wahlumfragen führende Chef des Linksbündnisses Syriza, Alexis Tsipras, will dem von der EU verordneten Reform- und Sparkurs nicht weiter folgen. Lehnt er eine Verlängerung des Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms ab, müssten Europäische Union und Internationaler Währungsfonds die Auszahlung weiterer Hilfskredite verweigern. Griechenland wäre dann pleite, der Austritt aus der Währungsunion die logische Konsequenz.

Zukunftsszenarien für Griechenland

Ein solcher Grexit ist bei Bankern und Ökonomen hochgradig umstritten. Eine Mehrheit der Volkswirte graut vor einem solchen Szenario. Die Rückkehr zur Drachme wäre ein Desaster für Griechenland, sagen vor allem Praktiker aus dem Bankgewerbe.

Einige malen ein noch dramatischeres Schreckgespenst an die Wand und erinnern daran, dass der Zusammenbruch von Währungsunionen in der Vergangenheit meist in Bürgerkrieg und Militärdiktatur endete. Der Abschied Griechenlands vom Euro - eine Frage also von Krieg und Frieden auf dem alten Kontinent?

So schlimm dürfte es diesmal doch nicht werden. Im Gegenteil: Eine Minderheit von Ökonomen sieht in einem Grexit sogar das kleinere Übel, wenn auch kurzfristig mit heftigen Verwerfungen zu rechnen ist. Sie setzen darauf, dass Griechenlands neue Drachme nach einer heftigen Abwertung die preisliche Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellt und so die Erholung der Wirtschaft in Gang kommt.

Der Weg zurück zur Drachme

Doch einfach ist das nicht. So gibt es rechtlich keine Handhabe, ein Land, das sich nicht an die Haushaltskriterien des Euro-Clubs hält, aus der Währungsgemeinschaft auszuschließen. Auf diese Weise wollten die Gründerväter keine Spekulationen um den Bestand der Euro-Zone aufkommen lassen.

Allerdings kann sich ein Land auf den Artikel 50 des Lissabonner Vertrags berufen und aus der EU austreten. Da ein Nicht-EU-Mitglied schwerlich Mitglied der Euro-Zone sein kann, wäre mit dem Austritt aus der EU auch der Abschied vom Euro vollzogen. Anschließend könnte sich Griechenland erneut um eine EU-Mitgliedschaft bewerben - allerdings ohne Euro.

Doch wenn es der ökonomische und politische Druck erfordern, dürften sich die Regierungen kaum an die bestehenden Rechtsnormen halten. Dass die Euro-Länder souveräne Staaten sind und sich über Verträge hinwegsetzen, hat sich im Verlauf der Euro-Krise mehrfach gezeigt.

Verstoß gegen rechtliche Grundlagen

Ohnehin haben Regierungen und EZB mit ihren Rettungsaktionen allenthalben gegen rechtliche Grundlagen wie das Haftungsverbot für die Schulden anderer Länder und das Verbot der Finanzierung von Staatsschulden durch Geldschöpfung verstoßen. Der kollektive Rechtsbruch ist längst zum neuen Paradigma staatlichen Handelns in Europa geworden. Wer will da noch mit Verweis auf vertragliche Grundlagen ein Land in der Währungsunion halten, wenn dieses hinausstrebt?

Noch spricht allerdings wenig dafür, dass die Griechen freiwillig gehen. Doch würden EU, EZB und IWF ihr Postulat ernst nehmen und weitere Hilfen nur dann freigeben, wenn die zugesagten Reformversprechen seitens der Griechen auch eingehalten werden, dann müssten sie ihnen den Geldhahn zudrehen, sobald sich eine neue Regierung mit den Geldgebern nicht auf ein neues Reformpaket, das diesen Namen auch verdient, einigen kann.

Denkbar ist auch, dass EU, EZB und IWF so harte Spar- und Reformprogramme einfordern, dass die Griechen dankend ablehnen. Dann käme bald die Stunde der Wahrheit. Spätestens, wenn die EZB keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheiten für ihre Refinanzierungsgeschäfte akzeptiert und die griechischen Banken von ihren Nothilfen abklemmt, müssten die Griechen den Euro verlassen.

Die Regierung in Athen muss dann alles tun, um einen Run auf die Banken zu verhindern. Denn sobald die Bürger vom Euro-Austritt erführen, würden sie die Banken stürmen, um ihre Euro abzuheben, bevor diese zwangsweise in Drachmen umgetauscht werden.

Ernste Folgen

Die Regierung müsste daher den Umtausch hinter den Kulissen vorbereiten, die Bürger in einer Nacht-und-Nebel-Aktion überraschen und die Banken für mehrere Tage schließen sowie den Abfluss von Fluchtgeldern durch Kapitalverkehrskontrollen eindämmen.

Weil das Drucken und Prägen eigener Drachme-Münzen und -Scheine Zeit benötigt, könnte die Notenbank übergangsweise alte Euro-Scheine mit einem Drachme-Symbol stempeln und als Zahlungsmittel in Umlauf bringen.

Wie stark die neue Drachme gegenüber dem Euro abwertet, ist unklar. Die Schätzungen von Ökonomen bewegen sich zwischen 40 und 60 Prozent. Das hätte ernste Folgen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%