In Frankreich sind trotz des seit Jahren anhaltenden Verfalls der Wirtschaft nicht einmal Ansätze von Reformen erkennbar. Frankreich verlässt sich auf sein Gewicht in der EU und auf den deutschen Partner. Seit nunmehr 80 Monaten steigt die Zahl der Arbeitslosen von Monat zu Monat. Nach offiziellen Zahlen waren im Mai 3,55 Millionen Franzosen ohne Job. Das ist Stimmenfutter für den FN. Sollte Marine Le Pen die Präsidentschaftswahl 2017 gewinnen, wäre dann plötzlich der vom FN propagierte Frexit, also der Austritt Frankreichs aus der Eurozone, das dominierende Thema in der EU.
Beinahe hoffnungslos ist die Verschuldungssituation in Italien. Die Staatschuldenquote beträgt knapp 135 Prozent. Für 2015 erwartet die italienische Regierungskoalition ein Wirtschaftswachstum von nur 0,7 Prozent. Das ist zu wenig um die Arbeitslosigkeit und den Anstieg der notleidenden Kredite bei den Banken unter Kontrolle zu bringen. Für April meldete der Bankenverband einen Anstieg der notleidenden Kredite um 15 Prozent auf 191,5 Milliarden Euro. Das sind etwa zehn Prozent der gesamten Vermögenswerte der italienischen Banken.
Auch für Ministerpräsident Matteo Renzi, der als großer Hoffnungsträger angetreten war, wird es vor diesem Hintergrund allmählich eng. Seine Zustimmungswerte sind zuletzt gesunken auf unter 35 Prozent. Renzis Parteifreund und Amtsvorgänger Enrico Letta musste bei höheren Zustimmungswerten gehen. Die Parteilinke macht bereits mobil gegen Renzi und seine Reformpolitik. Einen Kernpunkt seiner Schulreform musste Renzi bereits auf Eis legen. Weil die "Partito Democratico" jetzt Wahlen verliert, droht Italien wieder ein Reformstillstand. Die jüngsten Regionalwahlen und die symbolträchtigen Bürgermeisterwahl in Venedig zeigten eine zunehmende Unterstützung der Wähler für populistischen Parteien wie der Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo und die Lega Nord.
Die von Athen vorgeschlagenen Sparmaßnahmen
Die griechische Regierung will bei den Verhandlungen mit den Geldgebern Athens durch Einsparungen und zusätzliche Einnahmen um Kürzungen bei Renten und Löhnen herumkommen. Zudem hofft Athen auf eine Umstrukturierung der Schulden und ein Investitionsprogramm. Dies verlautete aus Kreisen der Regierung in Athen. Die griechische Presse listete Maßnahmen zur Haushaltssanierung auf. Danach müssten die Griechen knapp acht Milliarden Euro sparen oder zusätzlich einnehmen.
Athen soll 2015 einen Primärüberschuss im Haushalt (Zinszahlungen und Tilgungen von Schulden werden dabei ausgeblendet) von einem Prozent und 2016 von zwei Prozent erzielen. Darauf haben sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone mit Athen laut Diplomatenkreisen bereits beim Sondergipfel geeinigt.
Künftig soll es drei Mehrwertsteuersätze geben: 6, 13 und 23 Prozent. Auf Energie, Wasser, Gastronomie entfällt weiterhin der mittlere Satz, während die Usamtzsteuer auf Medikamente und Bücher um 0,5 Prozent verringert wird. Die Institutionen forderten zwei Sätze (11 Prozent und 23 Prozent), wobei Medizin bei 11 und Energie, Wasser und Gastronomie bei 23 Prozent eingeordnet worden wäre.
Athen will die Einkommen von 12.000 bis 20.000 Euro mit 0,7 Prozent Sonder-Solidaritätssteuer belasten. Wer 20.001 bis 30.000 Euro (brutto) jährlich bezieht, soll 1,4 Prozent „Soli“ zahlen. Das geht stufenweise weiter bis zu acht Prozent für Einkommen über 500.000 Euro im Jahr.
Die Besitzer von Immobilien sollen weiter eine Sondersteuer zahlen, die dem Staat bis zu 2,7 Milliarden Euro bringen soll. Ursprünglich wollte die Regierung sie abschaffen.
Besitzer von Luxusautos, Privatflugzeugen und Jachten müssen mehr an den Fiskus zahlen.
2016 sollen Unternehmen mehr Steuern zahlen. Statt bisher 26 Prozent sollen 29 Prozent Unternehmensbesteuerung fällig werden. Zwölf Prozent Sondersteuer müssen alle Betriebe zahlen, die mehr als 500.000 Euro Gewinn machen.
Für Fernsehwerbung soll eine Sondersteuer erhoben werden. Private TV- und Radiosender sollen eine neue Lizenzsteuer zahlen. Zudem sollen elektronische Wetten besteuert werden.
Rüstungsausgaben sollen um 200 Millionen Euro gekürzt werden.
Die meisten Frührenten sollen stufenweise abgeschafft werden. Rentenkürzungen soll es nicht geben. Offen blieb, ob und wann die Regierung das Rentenalter auf 67 Jahre anheben wird.
Die Sozialbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen erhöht werden. Das soll in den kommenden 18 Monaten knapp 1,2 Milliarden Euro in die Rentenkassen spülen. Versicherte sollen beim Kauf von Medikamenten stärker zur Kasse gebeten werden.
Die Regierung stimme begrenzten Privatisierungen zu, hieß es.
Athen schlägt den Angaben zufolge eine Umschichtung der Schulden im Volumen von 27 Milliarden Euro von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf den Euro-Rettungsfonds ESM vor.
Athen hofft auf ein Investitionsprogramm der EU-Kommission und der Europäischen Investitionsbank.
Derzeit hält die Eurozone nur die EZB mit tiefen Zinsen und Anleihekäufen zusammen. Aber wie lange geht das noch gut? Dazu ein Blick nach Schweden. Dort kauft die Reichsbank seit Mitte Februar Staatsanleihen. Das aber führe nach Einschätzung von Ökonomen der Danske Bank in Stockholm zu geringerer Liquidität und entziehe dem Repo-Markt Sicherheiten (Collateral). Folge: Es passiert das, was eigentlich verhindert werden sollte: Die Renditen steigen. Eine Entwicklung, die auch in der Euro-Zone schon begonnen haben könnte.
Noch wäre ein Rückbau der Währungsunion in Richtung eines Europäisches Währungssystem (EWS) möglich. Dem Süden der Eurozone verschaffte dieser Schritt mehr Flexibilität. Das Festhalten am Status Quo aber gefährdet Europa als Ganzes.
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