Frankreich Eine Frage des Herzens?

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Im Zweifel: rechts

Bis zur Wahl im April ist es noch Zeit. Aber schon Ende November entscheiden die konservativen Republikaner in – für alle Bürger offenen – Vorwahlen über ihren Kandidaten. Vom Ausgang hängen wesentlich die Chancen und Optionen anderer Parteien ab: ob der glücklose sozialistische Amtsinhaber François Hollande noch einmal antritt. Ob Exwirtschaftsminister Emmanuel Macron seinen Hut in den Ring wirft. Ob ein Linksaußen wie Arnaud Montebourg mit seinen Forderungen nach weniger Haushaltsdisziplin punkten kann. Oder ob gar die Rechtsnationalistin Marine Le Pen vom Front National in den Élysée-Palast einzieht. Gegen Juppé etwa hätten Umfragen zufolge weder Le Pen noch Hollande Siegesaussichten. Der erfahrene Verstandesmensch ist bei Wählern der Mitte beliebt. Vor allem Rentner und Führungskräfte sprechen sich für ihn aus – zuverlässige Wähler.

Um Frankreichs lahme Wirtschaft flottzumachen, will Juppé die Vermögensteuer abschaffen und den Staatshaushalt, der 57 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschlingt, um bis zu 100 Milliarden Euro kürzen. Die Sozialabgaben sollen sinken, die Unternehmenssteuern auch. Für Abfindungen bei Kündigungen, bislang oft sündhaft teuer, soll es eine Höchstgrenze geben.

Sarkozys Plan für die Wirtschaft unterscheidet sich nicht wesentlich. Ausnahme: Er will höhere Staatsschulden in Kauf nehmen. Doch mit markigen Sätzen wie „Ich bin der Präsident, der die Staatsmacht wieder etabliert“, umgarnt er geschickt rechtskonservative Wähler, die sich vor allem um die innere Sicherheit sorgen – und bislang Le Pen favorisierten.

Das ist Marine Le Pen

Siegt Sarkozy bei den Vorwahlen, droht aber innerparteilicher Zoff. Dann wird ihn mindestens ein weiteres Parteimitglied bei der offenen Präsidentschaftswahl herausfordern. Der Zentrumspolitiker François Bayrou hat diesen unfreundlichen Akt bereits angekündigt. So würde sich die gemäßigte Rechte selbst zerfleischen. Was der stramm rechten Le Pen wiederum nützte. Meinungsforscher sehen sie bei der Konstellation in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl schon als Siegerin.

Außerdem könnte die linke Opposition frecher werden. So würde der höchst populäre, gerade erst zurückgetretene Macron wohl auch Juppé als Minister dienen. Provokateur Sarkozy hingegen dürfte Macron als Kandidat entgegentreten.

Und was ist mit Hollande, dem amtierenden Präsidenten? In Umfragen ist er das unbeliebteste Staatsoberhaupt aller Zeiten: Er zögert die Frage seiner erneuten Kandidatur hinaus. Doch das ist beinahe egal. Die nächste Präsidentschaftswahl, so scheint es, wird in Frankreich rechts entschieden. Die entscheidende Frage ist: Wie weit rechts?

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