80 Kilometer südwestlich der slowenischen Hauptstadt Ljubljana und nah an der italienischen Grenze liegt das kleine Örtchen Divača. 2050 Männer und 1850 Frauen leben in dem kleinen, rustikalen Städtchen, das mit den Höhlen von Škocjan das einzige slowenische Unesco-Weltkulturerbe beherbergt. Darüber hinaus gibt es eine Pfarrkirche und viele altertümliche Gebäude, zum Teil aus dem 17. Jahrhundert. In diesem Umfeld baute die „Factor Banka“ die Siedlung „Gabrovo“: 24 moderne Wohnungen mit großen Fenstern und Balkonen und roten und gelben Außenwänden. 15 Reihenhäuser komplettieren die Siedlung, in der Singles oder junge Familien auf 10 bis 115 Quadratmeter Wohnfläche perfekt wohnen könnten.
Doch die Immobilien stehen leer, das Gras vor den Wohnungen ist auf Kniehöhe gewachsen. Ein Grund: Die Zielgruppe fehlt. Das Durchschnittsalter in Divača liegt bei 43,1 Jahren, deutlich über dem Landesdurchschnitt. In der Ortschaft gibt es gerade einmal zwei Kindergärten. Es gibt mehr Über-65-Jährige in Divača als unter 14-Jährige.
Zudem spielen wirtschaftliche Gründe eine Rolle. „Die Arbeitslosigkeit in Divača liegt mit rund sieben Prozent deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 10,7 Prozent“, sagt Bürgermeister Drago Božac stolz. Allerdings verdienen die Menschen im Südwesten deutlich weniger, als etwa in der Hauptstadt Ljubljana. Der Bruttoverdienst liegt sieben Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Im Durchschnitt hat ein Angestellter 935,88 Euro im Monat zur Verfügung. „Die weltweite Finanzkrise und die europäische Schuldenkrise hat die Einkommen der Menschen belastet“, sagt Božac.
So korrupt ist Europa
Laut einer Befragung der Wirtschaftsberatung Ernst & Young unter Managern liegt Slowenien bei der Korruption im europäischen Vergleich ganz vorne. 96 Prozent der Befragten gaben an, dass Bestechlichkeit in ihrem Land an der Tagesordnung sei. Damit liegt Slowenien auf dem gleichen Niveau von afrikanischen Ländern wie Kenia und Nigeria.
In der Ukraine erklärten 85 Prozent der gefragten Manager und Finanzvorstände Käuflichkeit in der Wirtschaft für üblich.
Im krisengeschüttelten Griechenland, wo Steuerhinterziehung immer noch gängige Praxis ist, neigen die Manager auch zu Bestechlichkeit. 84 Prozent von ihnen antworteten auf die Frage "Sind Bestechung bzw. korrupte Methoden im Geschäftsleben hierzulande weit verbreitet?" mit Ja.
Spanien, immerhin die viertgrößte Volkswirtschaft im Euro-Raum, liegt laut Ernst & Young im Mittelfeld. Immerhin 65 Prozent der befragten Manager hielten Käuflichkeit in ihrem Land nicht für unüblich.
Das zum Teil von der Mafia beherrschte Italien liegt mit 60 Prozent ebenfalls im Mittelfeld.
Die Bundesrepublik liegt bei der Bestechlichkeit mit 30 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt (39 Prozent).
27 Prozent der französischen Manager gaben an, dass Korruption bei ihnen im Land nicht unüblich sei.
Die skandinavischen Länder schnitten im Vergleich besser ab. Finnland und Schweden liegen bei jeweils zwölf Prozent, Norwegen bei 17.
Gewinner der Studie ist die Schweiz. Hier sind die wenigsten Manager für Geld zu kaufen. Nur zehn Prozent erklärten, dass Korruption bei ihnen im Land eine Rolle spiele.
Dennoch verlangt die „Factor Banka“ für ihre Wohnungen und Häuser satte Preise. 1.520 Euro pro Quadratmeter rufen die Slowenien für ihre Eigentumswohnungen auf, 870 Euro pro Quadratmeter für die Reihenhäuser.
„Die Bank hatte offensichtlich wenig Kenntnis über die Lage vor Ort. Man hat schlicht spekuliert, dass die Preise auf europäisches Niveau steigen werden und einfach eine Summe in den Raum geworfen“, erklärt eine slowenische Finanzjournalistin gegenüber WirtschaftsWoche Online.
Divača ist kein Einzelfall. Auch in Maribor (Slowenien) stehen Eigentumswohnungen seit Jahren erfolglos zum Verkauf. Im Kosovo hat die Bank ein Grundstück gekauft, auf den ein Einkaufszentrum und Eigentumswohnungen entstehen sollten. Das Problem: Es gab nie eine Baugenehmigung.
„Die Banker haben sich gedacht: Wenn wir das Grundstück kaufen und der Flächenentwicklungsplan geändert wird, werden wir reich“, so die slowenische Kollegin. Dass sich die Behörden querstellen könnten, wurde ausgeblendet. „Man kann das Treiben der Ex-Banker durchaus mit dem Gang ins Kasino vergleichen. Das ganze Geld wurde auf eine Karte gesetzt in der Hoffnung auf hohe Renditen. Sie haben sich verzockt. Jetzt heißt es: Oh, scheiße.“