Aber es ist nicht nur Andalusien in Korruption um Ausbildungsgelder verwickelt, sondern auch die Autonome Regionalregierung Madrid, Handelskammern und das Arbeitsministerium. Allerdings sitzt der Hauptschuldige in dem Betrugsfall ebenfalls wieder in Andalusien, in Cordoba. Es handelt sich um das Unternehmen Sinergia Empresarial (unternehmerische Synergie), das alle Arten von betriebsinternen Weiterbildungs-Kursen angeboten hat, dafür Subventionen vom Staat oder den Regionalregierungen kassiert hat, aber kaum etwas dafür geleistet hat. Schülerlisten, Kursprogramme alles war gefälscht. Die Stundenzahlen wurden bei den angebotenen Paketen nicht eingehalten und die Schülerzahlen nach oben frisiert. Komisch, aber scheinbar hat das jahrelang keiner gemerkt.
“Der Missbrauch von Subventionen und EU-Gelder für betriebliche Fortbildung oder das Training von Arbeitslosen ist seit Jahrzehnten ein Problem, jetzt wird allerdings öffentlich gemacht und geahndet”, sagt Javier Morillas, Wirtschaftsdozent an der Universität San Pablo CEU in Madrid. Nach dem Skandal um die Stiftung Forcem (Fundación para la formación continua), die in den 90er Jahren und Anfang 2000 EU-Gelder in Höhe von 100 Mio. EUR veruntreute, kam in Madrid der Fall Imefe ans Licht. Hier war die derzeit regierende Partei PP mit verwickelt. In anderen Fällen wurden mit den Geldern Gewerkschaften und Parteien finanziert. Wie im Jahr 1999 über die Akademie Fidel Pallerols die christliche katalanische Partei CIU. Und man könnte endlos weitere Fälle aufzählen. “Der spanische Rechnungshof hat komplett versagt”, sagt Victoriano Ramírez, Politologe an der Universität von Granada. Es zeige, dass Bildung in Spanien mit Füssen getreten werde, sich nicht lohne und man scheinbar auch das Geld lieber in andere Dinge steckt als in die Weiterbildung.
Dabei bewegt der Markt in Spanien aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation jährlich Milliarden EUR. Seit dem Jahr 2005 wurden von verschiedenen öffentlichen Stellen in Spanien insgesamt rund 21 Mrd. EUR an Hilfen für den Ausbildungs- und Weiterbildungssektor bereitgestellt, rechnet man die Reduzierung von Sozialversicherungsbeiträgen, Subventionen, Steuererleichterungen etc. hinzu. “Aber zumindest werden jetzt mal einige der Schuldigen hinter Gittern gebracht”, sagt Abegg.
Die spanische Arbeitsmarktreform
Bis 2012 mussten einem Angestellten in Spanien bei grundloser Kündigung eine Abfindung von 45 Tageslöhnen pro Jahr im Unternehmen gezahlt werden. Die konservative Regierung reduzierte diese Abfindung auf 20 Tageslöhne und legte für die Zahlungen zudem eine neue Höchstdauer von 24 im Unterschied zu davor 41 Monaten fest.
Lange unterteilte der Arbeitsmarkt in Spanien sich vor allem in zwei Fraktionen: Eine „Elite“ nahezu unkündbarer Festangestellter und Angerstellten, die sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangelten. Die Einführung eines neuen, flexibleren Kündigungsrecht erlaubte 2012 erstmals auch das Aussprechen betriebsbedingter Kündigungen bei sinkenden Unternehmensumsatz.
Gleichzeitig wurden auch Gehälter variabler gestaltet. Unternehmen erhielten die Möglichkeit, in Absprache mit den Mitarbeitern Löhne und Arbeitszeiten individuell zu vereinbaren - ohne sich an die geltenden Tarifverträge halten zu müssen.
Weil in Spanien besonders viele junge Menschen arbeitslos sind, zahlt der Staat Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern eine Prämie. Pro eingestelltem 16-30-Jährigen gibt es bis zu 3300 Euro, für Frauen im gleichen Alter bekommt die Firma sogar bis zu 3600 Euro.
Besonders betroffen von der schlechten Wirtschaftslage sind auch die älteren Arbeitslosen. Die Regierung zahlt daher jedem Unternehmen, das einen über 45-jährigen Spanier einstellt, bis zu 3900 Euro (für Frauen bis zu 4500 Euro). Der neue Mitarbeiter muss in den 18 Monaten vor Vertragsbeginn jedoch mindestens zwölf Monate arbeitslos gewesen sein.
Befristete Verträge dürfen nur noch maximal zwei Jahre gelten und nicht mehr verlängert werden. Soll der Angestellte im Unternehmen bleiben, muss der Vertrag in einen unbefristeten umgewandelt werden.
Verwickelt in diese Veruntreuungen sind auch die Gewerkschaften, die deswegen in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen der Gesellschaft jegliche Glaubwürdigkeit verloren haben. “Es ist unglaublich, dass sie selber propagieren, gegen Arbeitslosigkeit zu kämpfen und dann selber in viele Skandale verwickelt sind, die mit falschen Entlassungen, Scheinfirmen und veruntreuten Ausbildungsgeldern zu tun haben”, sagt der spanische Schriftsteller und politische Aktivist Leon Arsenal.