USA, China, Russland & Co. Griechenland wird zum Spielball der Mächtigen

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Russland

Je länger sich die griechische Schuldenkrise hinzieht, desto besser versteht sich Alexis Tsipras mit Russlands Präsident Wladimir Putin – so der Eindruck aus den vergangenen Wochen und Monaten. Bei dem Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg Mitte Juni war der griechische Ministerpräsident unter allen Besuchern der einzige westliche Staatschef. Tsipras und Putin nutzten den Medienrummel, um ein Abkommen für den Bau einer Pipeline zu unterzeichnen, die russisches Gas durch Griechenland in die Europäische Union führen soll. Griechenland als letzter Liebling Putins in der EU? Ja – wenn es um Gas geht. Nein – wenn es um Geld geht.

„Die Lösung der Schuldenkrise ist Griechenlands Problem“, sagte der russische Regierungssprecher Dimitrij Peskow am Dienstag. Klare Ansage: Griechenland kann sich keine Hoffnungen auf russische Finanzhilfen machen. Im Gegenteil, die Russen sorgten sich eher um das wirtschaftliche Wohl der Europäischen Union, ließ Peskow verlauten. Auch Ökonomen in Moskau sagen, dass ein möglicher Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone für Russland aufgrund der geringen wirtschaftlichen Verflechtungen keine besonderen ökonomischen Folgen hätte. „Stattdessen ist es für unsere Wirtschaft viel wichtiger, eine stabile Europäische Union zu haben“, betont Dmitrij Polewoj, Chefvolkswirt bei der ING Diba Bank in Moskau. Denn trotz aller rhetorischen Drohgebärden ist Russland mit seinen Öl- und Gasexporten auf den europäischen Markt angewiesen. „Deshalb wäre ein Verbleib Griechenlands in der Eurozone besser für uns“, sagt Polewoj.

Griechenlands Verflechtungen mit Russland

Allerdings stehe Russland derzeit vor einem Interessenskonflikt, sagt Lisa Ermolenko, Russland-Expertin bei dem Analysehaus Capital Economics. Denn während das Land ein Verbleib Griechenlands in der EU wirtschaftlich betrachtet benötigt, würde der Regierung von Wladimir Putin geopolitisch gesehen ein Grexit und damit ein instabiles Europa mittelfristig eher nutzen. Dass sich Länder wie Griechenland und Ungarn gegen den westlichen Sanktionskurs wehren und in Richtung Russland orientieren, werde im Kreml gerne gesehen.

Insgesamt ist das wirtschaftliche Wohl Griechenlands für Russland relativ unbedeutend, die Abhängigkeit zwischen den beiden Ländern eher einseitig: Russland ist der wichtigste Handelspartner für Griechenland, der russische Staatskonzern Gazprom sorgt für mehr als die Hälfte des Gasimports. Umgekehrt führt Griechenland deutlich weniger Waren nach Russland aus, seitdem Putin vor einem Jahr den Import von Obst und Gemüse aus dem Westen per Sanktion stoppte. Vor einer guten Woche hat Putin das Lebensmittelembargo verlängert, weil die Europäische Union zuvor ihre Sanktionen gegen Russland bestehen ließ.

Die von Athen vorgeschlagenen Sparmaßnahmen

Diese Entscheidung trifft die griechische Wirtschaft hart: 2013 waren 40 Prozent der Exporte von Griechenland nach Russland Lebensmittel im Gesamtwert von 178 Millionen Euro. Doch Nikolaj Fjodorow, der russische Agrarminister, stellte im Frühjahr klar, dass Griechenland nur dann von den Sanktionen ausgenommen werde, wenn das Land die Europäische Union verlässt. Ohne Grexit keine Exporte von Pfirsichen und Erdbeeren Richtung Osten.

Die Reaktion der Finanzmärkte zeigte bereits in dieser Woche, was ein Grexit für Russland bedeuten könnte: Als Griechenland das geplante Referendum ankündigte, verloren die Anleger das Vertrauen in den Euro und investierten in Dollar – der Wert der amerikanischen Währung stieg. Gleichzeitig fielen der Ölpreis und der russische Rubel – ein Rückschritt für Russlands Wirtschaft, die immer noch in einer tiefen Krise steckt.

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