Werner knallhart

H&M und Ikea nagen an Schwedens coolem Image

Seite 2/2

Die schwedische Stimme müsste in Europa lauter sein

Heute ist H&M einfach billiger Grundausstatter für Unterhemden und Socken. Für Originelleres gehen viele lieber nebenan zu Zara. Und den Rest des guten Verbraucherwillens haben H&M-Marketingleute dann auch noch mit einem Klopper riskiert. Da stecken die einen kleinen schwarzen Jungen in ein Shirt, auf dem steht, der Junge sei der coolste Affe im Dschungel. Wo doch Rassisten Farbige gerne mit imitierten Affenlauten diskriminieren. Wer jetzt „coolest“ googelt, stößt unter News als erstes auf das H&M-Desaster.

Und dann ist es eben so wie mit VW. Wenn einem sonst nichts einfällt: Der letzte Skandal ist präsent.

Ikea guter Standard, H&M peinlich, SAAB weg, Volvo irgendwie nicht mehr richtig schwedisch, Ericsson - einst mit Sony Handygigant -, heute kaum Sichtfläche mehr: Die großen Weltmarken taugen nicht mehr richtig für das strahlende Image Schweden als Trendsetter.

Naja, es gäbe da ja noch Spotify. Der Musikstreaming-Gigant kommt aus Stockholm. Er lässt das Image Schwedens als Musiktrendsetter wieder aufleben. Diesmal eben als Musikdienstleister. Allerdings lässt Spotify seine schwedischen Wurzeln nicht raushängen.

Hmm, was sollen die Schweden tun? Wie wäre es mit etwas weniger Bescheidenheit?

Diese kleine Nation hat im Vergleich zu ihrem internationalen Gewicht eine bewundernswert breite Wahrnehmung weltweit. Und dann auch noch so positiv. Billigmöbel und Billigklamotten haben geholfen, die Bekanntheit enorm zu steigern. Aber das wirklich Bemerkenswerte an diesem Land sind die Leute. Die freie, von ganzem Herzen tolerante Gesellschaft, die nur deshalb an der Krone als Währung hängt, weil sie Angst hat, als kleines Land überrollt zu werden und die Identität zu verlieren. Keine gekränkten Empire-Gefühle wie bei den Briten.

Ich finde, wir hören in Europa aus Schweden zu wenig. Stattdessen hören wir viel aus dem Süden und Osten, wie lange vom gleich großen Griechenland (wie Schweden rund 10 Millionen Einwohner) und nun aus Ungarn (rund 9 Millionen Einwohner). Krise und Rabatz schlägt souveränen Erfolg. Das ist schade.

Die schwedische Stimme müsste in Europa lauter sein: bei Migration, Ehe für alle, Bildung, Digitalisierung, Frauenrechten, Energiewende. Und nicht nur, wenn ein EU-Amtsträger zufällig schwedischer Staatsbürger ist. Ikea-Werbesprüche mit schwedischem Akzent im Radio sind doch viel zu wenig.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%