Aus den Kreisen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Politik ist seit zwei Jahren zu hören, dass die Konjunktur angeschoben werden muss. Mit der drakonischen Nullzinspolitik und drohenden Strafzinsen auf Bankguthaben sollen die Menschen zu verstärkten Konsumausgaben getrieben werden.
Man kann sich nur wundern. Neulich stand in unserer Regionalzeitung auf der rechten Seite, dass die Bundesregierung sich in genau dieser Gedankenrichtung Sorgen um die Wirtschaftsentwicklung macht. Gleichzeitig war auf der linken Seite zu lesen: Der Automobilkonzern BMW meldet ein erneutes Rekordjahr für 2015 mit einem historischen Spitzenwert. Der erwirtschaftete Jahresgewinn ist auf 6,4 Milliarden Euro (nach Steuern) gestiegen! Das hat es noch nie gegeben.
Wohin man auch schaut, stößt man auf beeindruckende Ergebnisse in der Wirtschaft. Auch in weniger prominenten Branchen. Die Firma Knorr-Bremse beispielsweise ist Marktführer bei Bremsen für Züge und Lastwagen. Was schätzen Sie, wie viel Umsatz so eine Firma im Jahr wohl macht? 500 Millionen Euro, eine Milliarde Euro oder zwei Milliarden Euro? Weit gefehlt: In 2015 wurde ein neuer Umsatzrekord erreicht. Insgesamt wurden 5,8 Milliarden Euro Umsatz verbucht. Wir alle haben ja gehört, wie schlecht es um die Deutsche Bahn steht. Das kann ja also kein gutes Umfeld für einen Bremsenlieferanten gewesen sein, um profitable Geschäfte zu machen. Aber auch in diesem Punkt kommt man ins Staunen. Auch der Jahresgewinn von Knorr-Bremse hat in 2015 einen neuen Spitzenwert erreicht: 645 Millionen Euro Gewinn (nach Steuern).
Die Realität liefert einem den Beweis. Die Geschäfte der guten Firmen platzen seit Jahren aus allen Nähten. In den TV-Medien wird ein unzutreffendes Bild vermittelt. Und auch in der Sphäre der privaten Leben ist nirgends etwas von einer extremen Konsumzurückhaltung zu spüren. Ganz im Gegenteil. Hier einige Beispiele von meinen Reisen zwei Wochen vor Ostern, zur Veranschaulichung.
Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich Opfer einer „Überbuchung“ einer Luftfahrtlinie geworden. Ich will keinen Firmennamen nennen. Im Fazit: Insgesamt waren acht Personen zu viel auf einen Flug von Frankfurt nach Madrid gebucht. Sie hatten gezahlt, wurden aber nicht mitgenommen. Der Flieger war voll. Auch der spätere Flug mit einer anderen Fluglinie, vom anderen Terminal, war restlos ausgebucht und auch dort mussten sechs Reisende zurückbleiben. Und dies mitten in der Woche.
Konjunkturindikatoren
Der vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) herausgegebene Index beruht auf der Befragung von 350 Analysten und Finanzmarktexperten. Sie geben dabei ihre Einschätzung über die künftige Wirtschaftsentwicklung ab. Der Index zur mittelfristigen Konjunkturentwicklung ergibt sich aus der Differenz der positiven und negativen Erwartungen über die künftige Wirtschaftsentwicklung. Er wird zur Monatsmitte erhoben.
Der international beachtete Index basiert auf einer Befragung von etwa 7000 Unternehmen aus Bau, Einzelhandel und Industrie. In einem Fragebogen beurteilen sie ihre gegenwärtige Geschäftslage sowie die Erwartungen für die Zukunft. Beide werden im Geschäftsklima zusammengefasst. Der Index ergibt sich aus dem Saldo der Antworten „gut“ und „schlecht“.
Wird von der britischen Forschergruppe Markit erhoben. Er beruht für Deutschland auf Umfragen unter Einkaufsmanagern von 500 repräsentativ ausgewählten deutschen Industrieunternehmen. Bestandteile des Index sind Auftragseingänge, Preise und Beschäftigung. Der Index hat einen relativ kurzen Vorlauf gegenüber der Produktion.
Umfasst den Bargeldumlauf und die Sichteineinlagen, wie zum Beispiel Sparbücher. Da die in M1 enthaltenen Bestandteile direkt für Transaktionen zur Verfügung stehen, deutet ein Anstieg darauf hin, dass die Kaufbereitschaft der Konsumenten und Unternehmen steigt. Der Indikator hat einen Vorlauf von zwei bis drei Quartalen.
Der BDI ist ein Preisindex für die Verschiffungskosten wichtiger Rohstoffe wie Stahl, Eisenerz, Kohle und Getreide auf Standardrouten. Er wird durch das Angebot an frei stehendem Schiffsladeraum und die Hafenkapazitäten beeinflusst. Da Rohstoffe als Vorprodukte am Anfang der Wertschöpfungskette stehen, ist der BDI ein guter Frühindikator für die Weltkonjunktur.
Der Index des Nürnberger Marktforschungsinstituts GfK prognostiziert die Veränderung der monatlichen privaten Konsumausgaben. Hierfür werden 2000 repräsentativ ausgewählte Personen nach ihren Einkommens- und Konjunkturerwartungen befragt.
Am gleichen Tag ereilte das gleiche Schicksal eine befreundete Familie, die via London nach Amerika fliegen wollten. Auch ihr Flug nach London war „overbooked“, mit der Folge, dass der Anschlussflug in die Vereinigten Staaten verpasst wurde. Übrigens: Mein Rückflug von Madrid einige Tage später zur Mittagszeit war bis auf den allerletzten Platz voll und dies bei eng zusammen gerückten Sitzreihen.
Zu meinem Jubiläumsgeburtstag im April sind leider sechs Ehepaare terminlich verhindert. Sie sind auf Urlaubsreisen und zwar in solchen Ländern wie Südafrika, den Seychellen, den Malediven, Vietnam und Kambodscha. Es handelt sich bei meinen Freunden um Menschen aus „normalen“ Lebensumständen, Beamte, leitende Angestellte und ein Zahnarzt.
Ausverkaufte Adele
Ich habe Glück. Ein großzügiger Freund hat mich zu einem Konzert der Popmusik-Ikone Adele eingeladen. Er teilte mir ganz aufgeregt mit, dass die drei Adele-Konzerte in London innerhalb von 20 Minuten ausverkauft waren. Für das Konzert von Adele in Köln in der Lanxess-Arena war nach immerhin 30 Minuten keine einzige Karte mehr zu haben. Ich habe mich erst gar nicht nach dem Preis der Karten erkundigt. Ich wäre wahrscheinlich bei meiner Sparsamkeit glatt umgefallen.
In München höre ich von Insidern aus der Gastronomieszene, dass man in den „angesagten“ Lokalen mindestens eine Woche im voraus einen Tisch reservieren muss.
Beim Jahrestreffen der Ostasienkaufleute in Bremen war dieses Jahr der High Commissioner von Neuseeland aus England als Gastredner eingeladen. Er berichtete in seinem Vortrag voller Stolz, dass in 2015 insgesamt mehr als 13.000 junge deutsche Menschen, überwiegend deutsche Schulabgänger, in seiner schönen Heimat in Neuseeland gereist sind. Mehr als alle anderen Westeuropäer zusammen. Mir wäre beinahe der Dessertlöffel aus der Hand gefallen.
Neun Klischees über die EU – und die Wahrheit dahinter
Die EU gilt vielen als Verwaltungsmoloch. Mit rund 33.000 Mitarbeitern beschäftigt die EU-Kommission in etwa so viele Menschen wie die Stadtverwaltung München.
Seit der Einführung direkter Europawahlen 1979 hat das EU-Parlament deutlich mehr Einfluss gewonnen. Die Abgeordneten bestimmen über die meisten Gesetze mit, haben das letzte Wort beim Haushalt und wählen den Kommissionspräsidenten.
Deutschland leistet den größten Beitrag zum EU-Haushalt. 2012 zahlte Berlin netto 11,9 Milliarden Euro. Gemessen an der Wirtschaftsleistung sind Dänemark oder Schweden aber noch stärker belastet.
Zehn Jahre nach der Osterweiterung erweist sich die Angst vor dem „Klempner aus Polen“ als unbegründet. Stattdessen wächst die Wirtschaft in den neuen Mitgliedstaaten.
Neue Sanktionen gegen Russland beweisen: Die EU spielt eine Rolle in der Ukraine-Krise - ebenso wie bei anderen Krisenherden in aller Welt. Den EU-Staaten fällt es dennoch oft schwer, in der Außenpolitik mit einer Stimme zu sprechen.
Bereits seit 2009 abgeschafft, lastet die „Verordnung (EWG) Nr. 1677/88“ noch wie ein Fluch auf Brüssel. Die Vorschrift setzte Handelsklassen für das grüne Gemüse fest und gilt als Paradebeispiel für die Regulierungswut von Bürokraten.
In diesem Jahr verfügt die EU insgesamt über mehr als 130 Milliarden Euro. Das ist viel Geld, entspricht aber nur rund einem Prozent der Wirtschaftsleistung der Staaten.
Die Landwirtschaft macht einen sehr großen, aber kleiner werdenden Teil des EU-Haushalts aus. Der Agrar-Anteil am Budget ist in den vergangenen 30 Jahren von 70 auf 40 Prozent geschrumpft.
Die EU-Abgeordneten erhalten monatlich zu versteuernde Dienstbezüge von 8020,53 Euro. Hinzu kommen stattliche Vergütungen etwa für Büros, Mitarbeiter und Reisen. Ein Bundestagsabgeordneter erhält 8252 Euro, ebenfalls plus Zulagen.
Diese wenigen Beispiele machen eines deutlich. Die Methoden der volkswirtschaftlichen Datenerhebung alter Schule sind obsolet. Der Konsum und das Ausgabeverhalten der Bevölkerung hat sich von der monatlichen Einkommenssituation abgekoppelt. Und vor allem ist die volkswirtschaftliche Erfassung innerhalb der nationalen Grenzen von der Zeit überholt. Die Menschen leben und arbeiten in Städten wie Heidenheim an der Brenz und Biberach, Daun oder Mayen in der Eifel. Ihr Geld geben sie aber in Paris, London, Florida oder Mailand aus. Vermögen, Einkommen und Verhaltensmuster vollziehen sich mehr und mehr auf einer supra-nationalen Ebene, sozusagen über den Landesgrenzen hinweg. Deshalb stimmen die Daten eben auch nicht. Das wollen die machthabenden Politiker in den einzelnen Ländern nicht wahrhaben.
Ich glaube schon lange keiner offiziellen Statistik mehr. Ich mache mir mein eigenes Bild und bin damit als Investor sehr gut gefahren. Mehr und mehr habe ich das Gefühl, dass statische Daten bewusst manipulativ von Verbänden, Lobby- und Interessengruppen zur Durchsetzung ihrer Ziele auf politischer Ebene eingesetzt werden. Abends vor dem Fernsehen wird dann vieles davon als semi-offizielle Vermeldung an die Bevölkerung ausgegeben.
Ein jeder Geldanleger sollte sich die Frage stellen, ob die politisch Verantwortlichen vielleicht eine andere Wahrnehmung der Realität besitzen. Oder ob hier ein Trend der bewussten Irreführung der Öffentlichkeit seinen Anfang nimmt. Ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, was man sich wünschen sollte.